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  • · Fachbeitrag · EBM 2018

    Chronikerpauschale bei Hausarztwechsel oder „H“ ‒ wie „Habe nachgefragt!“

    von Dr. Dr. med. Peter Schlüter, Östringen-Tiefenbach, www.vita-lco.de

    | Die Voraussetzungen zur Berechnung der Chronikerpauschale bei Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bedingt, dass bei einem Wechsel des Hausarztes der entsprechende Fall erneut als „Chroniker“ im Sinne des EBM markiert wird. Hier kommt es nach wie vor zu Problemen. |

    Bestimmte Kriterien müssen erfüllt sein

    Die EBM-Nrn. 03220 und 03221, die sogenannten „Chronikerpauschalen“, sind nur bei Patienten berechnungsfähig, die die folgenden Kriterien erfüllen:

     

    • Vorliegen mindestens einer lang andauernden, lebensverändernden Erkrankung,
    • Notwendigkeit einer kontinuierlichen ärztlichen Behandlung und Betreuung.

     

    Lebensverändernde Erkrankung

    Der Begriff „lebensverändernde Erkrankung“ ist nicht näher definiert. Der Arzt muss daher in jedem Einzelfall die Entscheidung darüber treffen, ob eine Erkrankung lebensverändernd ist oder nicht. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang jedoch § 2 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Darin ist zumindest eine Definition skizziert, nach der man sich bei der Entscheidung richten kann.

     

    • § 2 (2) der Richtlinie des G-BA: Schwerwiegende chronische Krankheit
    • (2) Eine Krankheit ist schwerwiegend chronisch, wenn sie wenigstens ein Jahr lang, mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt wurde (Dauerbehandlung) und eines der folgenden Merkmale vorhanden ist:
    •  
      • a) Es liegt eine Pflegebedürftigkeit der Pflegestufe 2 oder 3 nach dem zweiten Kapitel SGB XI vor.
      •  
      • b) Es liegt ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 60 oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 60 Prozent vor, wobei der GdB oder die MdE nach den Maßstäben des § 30 Abs. 1 BVG oder des § 56 Abs. 2 SGB VII festgestellt und zumindest auch durch die Krankheit nach Satz 1 begründet sein muss.
      •  
      • c) Es ist eine kontinuierliche medizinische Versorgung (ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung, Arzneimitteltherapie, Behandlungspflege, Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln) erforderlich, ohne die nach ärztlicher Einschätzung eine lebensbedrohliche Verschlimmerung, eine Verminderung der Lebenserwartung oder eine dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität durch die aufgrund der Krankheit nach Satz 1 verursachte Gesundheitsstörung zu erwarten ist.
     

    Kontinuierliche ärztliche Behandlung

    In Abschnitt 3.2.2 EBM heißt es: „Eine kontinuierliche ärztliche Behandlung liegt vor, wenn im Zeitraum der letzten vier Quartale (4) unter Einschluss des aktuellen Quartals wegen derselben gesicherten chronischen Erkrankung(en) jeweils mindestens ein Arzt-Patienten-Kontakt gemäß 4.3.1 der Allgemeinen Bestimmungen pro Quartal in mindestens drei Quartalen (3) in derselben Praxis stattgefunden hat. Hierbei müssen in mindestens zwei Quartalen (2) persönliche Arzt-Patienten-Kontakte stattgefunden haben.“ (4-3-2-Regel)

     

    Die Schwierigkeit der Abrechnung tritt in dem Moment auf, in dem der Patient seinen Hausarzt wechselt. Für diesen Fall ist im EBM ein Verfahrenshinweis zu finden.

     

    • Verfahrenshinweis bei Hausarztwechsel ‒ Zusatz „H“

    „Eine kontinuierliche ärztliche Behandlung liegt auch vor, wenn der Patient mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung seinen ihn betreuenden Hausarzt gewechselt hat. In diesem Fall muss der die hausärztliche Betreuung übernehmende Hausarzt die bei einem anderen Hausarzt stattgefundenen Arzt-Patienten-Kontakte dokumentieren. Die Dokumentation ist mit der Abrechnung mittels einer kodierten Zusatznummer nachzuweisen.“

     

    Auf der KV-Ebene wurde diese „Zusatznummer“ nie geschaffen. Vielmehr wurde der Zusatzbuchstabe „H“ dafür auserkoren, die Tatsache zu dokumentieren, dass der betreffende Patient, der seinen Hausarzt gewechselt hat, bisher auch schon als „Chroniker“ definiert und abgerechnet wurde. Der neue betreuende Hausarzt muss sich vergewissern, dass die Voraussetzungen der „kontinuierlichen ärztlichen Betreuung“ (4-3-2-Regel) erfüllt sind. Dies kann er, indem er den Patienten befragt. Dies wird aber bei einer strittigen ggf. juristischen Auseinandersetzung mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) möglicherweise nicht ausreichen. Der neue Hausarzt wird vielmehr in der bisherigen Hausarztpraxis seines neuen Patienten nachfragen müssen, ob dieser in den vergangenen vier Quartalen eben diese 4-3-2-Regel erfüllt hat. Erst dann, wenn er also sagen kann: „Habe nachgefragt“, kann er den Zusatz „H“ zur entsprechenden Dokumentation anfügen. Da der Aufwand für diese Nachfrage hoch ist (schriftliche Entbindung des bisherigen Hausarztes von der Schweigepflicht durch den Patienten), reicht es in einigen KV-Bezirken aus, den Namen des bisherigen Hausarztes sowie die Antwort des Patienten zu dokumentieren.

    Zusatz „H“ bis zu 3 x anfügen

    Die in diesem Zusammenhang oft auftretende Frage ist die nach der Häufigkeit: Wie oft bzw. für wie viele Quartale muss dann die Kennzeichnung der Chronikernummern mittels des „H“ erfolgen? Die Antwort ist ebenfalls vom KV-Bezirk abhängig. Die meisten KVen fordern die Kennzeichnung des Hausarztwechsels mit „H“ nur im ersten Quartal. Ansonsten ergibt sich die Antwort aus der 4-3-2-Regel: Nämlich dreimal.

     

    MERKE | Sollte der Patient im Verlaufe von 4 Quartalen in der neuen Praxis diese in einem Quartal nicht in Anspruch genommen haben, wird es zwar 4 Quartale dauern, bis auf das „H“ verzichtet werden kann. Da der Patient jedoch in einem der 4 Quartale nicht in der Praxis war, kommt es in dem betreffenden Quartal auch nicht zur Berechnung einer Leistung.

     
    Quelle: Ausgabe 06 / 2018 | Seite 6 | ID 45013229