· Fachbeitrag · Interview
„Abrechnungsmanagerinnen, die an die Wirtschaftlichkeit der Praxis denken, sind unentbehrlich!“
| Wenn Medizinische Fachangestellte (MFA) nach längerer beruflicher Pause als Wiedereinsteigerinnen in die Praxis zurückkehren, ist die Abrechnung zunächst eine Hürde. EBM und GOÄ haben neue Positionen, bei den IGeL hat sich manches geändert. Quereinsteigerinnen, die beispielsweise aus dem Klinikbetrieb, der Hotellerie oder anderen Branchen in eine Praxis wechseln, müssen sich mit dem Thema Abrechnung erst vertraut machen. Monika Rueb ist MFA, Fachwirtin im medizinisch-ambulanten Versorgungsbereich und IWW-Referentin für Abrechnungsmanagement. Mit ihrem vierteiligen IWW-Online-Lehrgang Abrechnungspraxis für Wieder- und Quereinsteiger bereitet sie auf das Abrechnungsmanagement vor. Ursula Katthöfer ( textwiese.com ) fragte, worauf es dabei ankommt. |
Frage: Wovor haben diejenigen, die neu oder nach längerer Pause zurück in die Praxis kommen, bei der Abrechnung besonders großen Respekt?
Antwort: Viele Wieder- und Quereinsteigerinnen haben Angst vor Fehlern und fürchten, dass sie Positionen nicht richtig erfassen können. Sie wissen, dass die Praxis mit jeder nicht berücksichtigten Position Geld verliert. Doch die Regelwerke sind komplex, sie werden immer wieder aktualisiert. Wir haben nicht nur eine Gebührenordnung, sondern EBM, GOÄ, IGeL sowie UV-GOÄ. Davor Respekt zu haben, ist verständlich.
Frage: Wie gelingt es Ihnen, im Online-Lehrgang Sicherheit und Selbstvertrauen zu vermitteln, damit jede Leistung abgerechnet wird?
Antwort: Wir nehmen uns viel Zeit, um das theoretische Wissen mit praktischen Übungen zu festigen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer können Fragen aus dem Alltag mitbringen, für die wir gemeinsam Lösungen suchen. Dieses interaktive Lernumfeld gibt Sicherheit für den Praxisalltag. Denn in der Praxis ist deutlich weniger Zeit, um sich mit schwierigen Fragen auseinanderzusetzen. Das gilt besonders, wenn Kolleginnen erkranken oder Stellen unbesetzt sind. Ich appelliere an alle Teilnehmerinnen, Geduld mit sich zu haben. Auch das Praxisteam sollte ihnen Zeit geben.
Frage: Schauen wir uns einzelne Themen an: Der EBM entwickelt sich ständig weiter. Wie gelingt es Quer- und Wiedereinsteigerinnen, dabei up to date zu sein?
Antwort: Zunächst ist es wichtig, das Grundprinzip des EBM zu beherrschen. Zudem muss man wissen, wo Aktualisierungen nachgelesen werden können. Niemand muss alles wissen. Doch die Fachliteratur und die einschlägigen Webseiten sollte jede Abrechnungsmanagerin kennen. Hat die Praxis Informationsdienste wie „AAA Abrechnung aktuell“ abonniert, sollte die MFA Zugang dazu bekommen (Anm. d. Red.: für jedes Abonnement sind bis zu drei Zugänge freischaltbar, Kurzanleitung online unter iww.de/s7219 ). Webinare helfen selbstverständlich auch. Schließlich kann die Abrechnungsberatung der KV kontaktiert werden. Sie ist dazu da, bei schwierigen Positionen zu helfen.
Frage: Die GOÄ ist ganz anders strukturiert als der EBM. Was müssen Quer- und Wiedereinsteigerinnen grundsätzlich beachten?
Antwort: Im Gegensatz zum EBM gibt es keine pauschalen Abrechnungspositionen und keine festen Vergütungssätze. Stattdessen werden Leistungen abgerechnet, die man individuell steigern kann. Wichtig ist, dass die Abrechnungsmanagerin diese Faktorsteigerungen gut begründet und eventuell bei dem jeweiligen Arzt bzw. der Ärztin nachfragt. Denn es könnte sein, dass ein Aspekt der Untersuchung nicht ausreichend dokumentiert wurde. Ein Beispiel: Wer eine Rechnung über eine Abdomen-Sonografie schreibt, muss sich darüber bewusst sein, dass eine Luftüberlagerung vorgelegen haben könnte. Das ist bei vielen stämmigen Patienten der Fall. Lag eine Luftüberlagerung vor, kann die Ultraschalluntersuchung gesteigert abgerechnet werden. Entscheidend ist die Dokumentation: Ich kann nur das abrechnen, was schriftlich festgehalten wurde.
Frage: IGeL sind ein wichtiges Standbein für Praxen. Gelten besondere Regeln?
Antwort: Patienten müssen immer über Leistung, Zweck, Kosten und Risiken aufgeklärt werden. Das ist eine ärztliche Aufgabe, die zum Teil an eine MFA delegiert werden kann. Die Aufklärung muss dokumentiert werden. Es muss klar sein, dass der Patient sich freiwillig für die IGeL entschieden hat. Manche MFA fühlen sich nicht wohl dabei, IGeL anzubieten. Dann sollten sie es in der Teambesprechung offen sagen. Vielleicht gibt es eine Kollegin, die es lieber macht.
Frage: Worauf sollten Praxisinhaber achten, die eine Quereinsteigerin für die Abrechnung einstellen?
Antwort: Ich empfehle nach Lernbereitschaft, Organisationstalent und Motivation für diesen Job zu fragen. Die Quereinsteigerin sollte ein gutes Zahlenverständnis haben und den Dingen gerne auf den Grund gehen. Kommt sie nicht aus einem Gesundheitsberuf, sondern z. B. aus der Hotellerie, sollte sie eine Affinität zum Gesundheitssystem haben und Beschwerden einordnen können. Sie muss wissen, was zu tun ist, wenn jemand am Telefon einen vermeintlichen Notfall schildert. Ist sie einmal eingestellt, ist die Anfangsinvestition hoch. Ihr ein Webinar zu finanzieren und ihr ausreichend Zeit für die Einarbeitung zu geben, ist sehr hilfreich. Das gesamte Praxisteam sollte signalisieren, dass es jederzeit für Fragen zur Verfügung steht. Je besser die neue Kraft sich aufgehoben fühlt und je sicherer sie sich in die Abrechnung einarbeiten kann, desto höher der Return on Investment (ROI) . Abrechnungsmanagerinnen, die immer die Wirtschaftlichkeit der Praxis im Hinterkopf haben, sind unentbehrlich.
Weiterführender Hinweis
- Weitere Informationen und zu den Inhalten und zur Anmeldung zum neuen IWW-Online-Lehrgang Abrechnungspraxis für Wieder- und Quer-Einsteiger unter iww.de/s12439