· Fachbeitrag · ABC der Abrechnung
„K“ ‒ Kopfplatzwunde nach Glatteisunfall
von Dr. Dr. med. Peter Schlüter, Östringen-Tiefenbach
| Stürze im häuslichen Umfeld ereignen sich insbesondere bei älteren Patienten regelmäßig. Gerade jetzt zur Winterzeit, wenn die Straßen glatt sind, häufen sich solche Stürze. Diese sind oft mit Platzwunden oder Schürfwunden, ggf. auch mit Frakturen verbunden. |
Der Fall
Eine 63-jährige Patientin wird notfallmäßig nach der Sprechstunde, gegen 19:30 Uhr, in die Praxis gebracht. Sie sei auf eisglatter Straße ausgerutscht und auf den Hinterkopf gefallen. Die Praxis ist beendet und die Ärztin bzw. der Arzt ist eigentlich gerade dabei, die Praxisräume zu verlassen.
Untersuchung und Wundversorgung
Bei der körperlichen Untersuchung zeigen sich außer der etwa fünf cm langen Platzwunde am Hinterkopf keine weiteren Verletzungen. Auch die orientierende neurologische Untersuchung ist altersentsprechend unauffällig. Es folgen eine kurze Aufklärung über die Wundversorgung in Lokalanästhesie und die Frage nach bestehendem Tetanusschutz. Dieser wurde vor etwa einem Jahr aufgefrischt. Es wird eine Lokalanästhesie gesetzt und die Kopfplatzwunde per Einzelknopfnaht (fünf Stiche) verschlossen. Ein kleiner Druckverband schließt die Behandlung ab.
Die Abrechnung nach EBM
Es ist der erste Arzt-Patienten-Kontakt in dem Quartal, sodass die Versichertenpauschale zu berechnen ist.
Die Gebühr für die unvorhergesehene Inanspruchnahme außerhalb der Sprechstunde (EBM-Nr. 01100) ist hier gesondert berechnungsfähig. Diese Ziffer kann an Wochentagen zwischen 19:00 Uhr und 22:00 Uhr angesetzt werden.
Hinzu kommt (und berechnungsfähig mit EBM-Nr. 02301 ist) die Versorgung der Kopfplatzwunde mittels Einzelknopfnaht.
MERKE | Verband und Druckverband sind nach dem EBM wiederum nicht gesondert berechnungsfähig. Für den Verband gibt es zwar für Fachärzte eine EBM-Position (Nr. 02350; 144 Punkte; 16,02 Euro), diese ist im vorliegenden Fall jedoch nicht berechnungsfähig. In der Leistungslegende der Nr. 02350 ist nämlich zwingend der „Einschluss mindestens eines großen Gelenks unter Verwendung unelastischer, individuell anmodellierbarer, nicht weiter verwendbarer Materialien“ gefordert. Da diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt sind, kann die Nr. 02350 ‒ auch von Fachärzten ‒ nicht berechnet werden. |
Die Abrechnung nach GOÄ
Für die Beratung ist die Nr. 1 GOÄ zu berechnen. Die körperliche Untersuchung wird mit der Nr. 7 GOÄ abgerechnet. Auch wenn ein Ganzkörperstatus nach Nr. 8 GOÄ durchgeführt wurde, schließt sich die Berechnung neben der neurologischen Untersuchung nach Nr. 800 GOÄ aus. Daher ist hier alternativ die Organuntersuchung nach Nr. 7 GOÄ anzusetzen.
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EBM | GOÄ | |||||
Ziffern | Punkte | Euro | Legende | Ziffern | Punkte | Euro/2,3-fach |
03004 | 148 | 16,46 | Versichertenpauschale/Beratung | 1 | 80 | 10,72 |
01100 | 196 | 21,80 | Unvorhergesehene Inanspruchnahme I | Zuschlag A | 70 | 4,08*** |
‒* | ‒ | ‒ | Symptombezogene Untersuchung | 7 | 160 | 21,45 |
‒* | ‒ | ‒ | Neurologische Untersuchung | 800 | 195 | 26,14 |
02301 | 133 | 14,80 | Primäre Wundversorgung durch Naht | 2003 | 130 | 17,43 |
‒* | ‒ | ‒ | Verband | 200** | 45 | 6,03 |
‒* | ‒ | ‒ | Druckverband | 204 | 95 | 12,74 |
* Diese Leistung ist nach EBM nicht gesondert berechnungsfähig. Die Gebühren sind mit der Berechnung der Versichertenpauschale abgegolten.
** Der Verband nach Nr. 200 GOÄ ist nicht neben operativen Leistungen berechnungsfähig und muss entfallen.
*** Dieser GOÄ-Zuschlag ist nicht steigerungsfähig und daher nur mit dem Faktor 1,0 ansetzbar.
Folgetermine zur Wundversorgung
Die Patientin wird für den nächsten Morgen (Montag) zur Wundkontrolle und zum Verbandwechsel einbestellt. Dabei zeigt sich die Wunde reizlos.
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EBM | GOÄ | |||||
Ziffern | Punkte | Euro | Legende | Ziffern | Punkte | Euro/2,3-fach |
‒* | ‒ | ‒ | Verband | 200 | 45 | 6,03 |
‒* | ‒ | ‒ | Druckverband | 204 | 95 | 12,74 |
Im Zusammenhang mit der Wundkontrolle könnte nach GOÄ alternativ auch berechnet werden
- die Beratung (Nr. 1 GOÄ) und
- die symptombezogene Untersuchung (Nr. 5 GOÄ) für diese Konsultation.
Das wäre auch betriebswirtschaftlich günstiger, da beide Leistungen zusammen 160 Punkte (statt 140 Punkte für die Nrn. 200 und 204 GOÄ) ergeben.
Drei Tage später wird die Patientin nochmals zur Wundkontrolle einbestellt. Es zeigt sich eine normale Heilungstendenz. Im Rahmen der dritten Konsultation findet wieder eine Wundkontrolle und ein Verbandwechsel statt. Es wird abschließend ein Termin zum Fadenzug vereinbart. Nach zehn Tagen werden in einer letzten Konsultation bezüglich der Wundversorgung die Fäden entfernt.
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EBM | GOÄ | |||||
Ziffern | Punkte | Euro | Legende | Ziffern | Punkte | Euro/2,3-fach |
‒* | ‒ | ‒ | Beratung | 1 | 80 | 10,72 |
‒* | ‒ | ‒ | Symptombezogene Untersuchung | 5 | 80 | 10,72 |
* Diese Leistung ist nach EBM nicht gesondert berechnungsfähig. Die Gebühren sind mit der Berechnung der Versichertenpauschale abgegolten.
Nach EBM sind die Wundkontrollen und Verbandleistungen mit der Berechnung der Versichertenpauschale abgegolten.
Nach GOÄ können wegen der Ausschlussbestimmung B2 die Beratung nach Nr. 1 GOÄ und/oder die symptombezogene Untersuchung nach Nr. 5 GOÄ nur einmal im Behandlungsfall neben Leistungen der Abschnitte o„C“ bis „O“ (hier: Verband und Druckverband) berechnet werden. Da die Kombination der Beratungsleistung nach Nr. 1 GOÄ und der symptombezogenen Untersuchung nach Nr. 5 GOÄ mehr Umsatz ergeben als die Kombination aus Verband und Fadenzug, werden anstelle der Gebühren nach den Nrn. 200 und 2007 GOÄ (in Summe 85 Punkte) die Gebühren nach den Nrn. 1 und 5 GOÄ berechnet (160 Punkte).
MERKE | Vergessen Sie im Zusammenhang mit der Wundversorgung und dem Fadenzug die Berechnung der entstehenden Sachkosten nach § 10 GOÄ nicht. |
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Diagnose | ICD-10-GM | Leistung | EBM-Abrechnung | GOÄ-Abrechnung | |||||
Offene Wunden, mehrere Körperregionen | T01.- | Ziffern | Punkte | Euro | Ziffern | Punkte | Euro/2,3-fach | Euro/3,5-fach | |
Offene Wunden, Kopf und Hals | T01.0 | Versichertenpauschale/Beratung | 03001 | 225 | 25,03 |
1 |
80 |
10,72 |
16,32 |
Offene Wunden, Thorax, Abdomen | T01.1 | 03002 | 142 | 15,80 | |||||
Offene Wunden, obere Extremität | T01.2 | 03003 | 114 | 12,68 | |||||
Offene Wunden, untere Extremität | T01.3 | 03004 | 148 | 16,46 | |||||
Offene Wunden, obere/untere Extremität | T01.6 | 03005 | 200 | 22,25 | |||||
Offene Wunden, sonstige Körperregionen | T01.8 | Vorhaltepauschale* | 03040 | 138 | 15,35 | ‒*** | ‒ | "‒ | ‒ |
Multiple offene Wunden, n.n.b. | T01.9 | NäPa-Pauschale* | 03060 | 22 | 2,45 | ‒*** | ‒ | ‒ | ‒ |
Zuschlag zu EBM-Nr. 03060* | 03061 | 12 | 1,33 | ‒*** | ‒ | ‒ | ‒ | ||
Unvorhergesehene Inanspruchnahme (um 19:30 Uhr) | 01100 | 196 | 21,80 | Zuschlag A | 70 | 4,08**** | |||
Symptombezogene Untersuchung | ‒** | ‒ | ‒ | 5 | 80 | 10,72 | 16,32 | ||
Untersuchung Bewegungsapparat | ‒** | ‒ | ‒ | 7 | 160 | 21,45 | 32,64 | ||
Ganzkörperstatus | ‒** | ‒ | ‒ | 8 | 260 | 34,86 | 53,04 | ||
Neurologische Untersuchung | ‒** | ‒ | ‒ | 800 | 195 | 26,14 | 39,78 | ||
Primäre Wundversorgung | 02300 | 68 | 7,56 | 2000 2001 2002 2003 2004 2005 | 70 130 160 130 240 400 | 9,38 17,43 21,45 17,43 32,17 53,62 | 14,28 26,52 32,64 26,52 48,96 81,60 | ||
Primäre Wundversorgung durch Naht | 02301 | 133 | 14,80 | ||||||
Primäre Wundversorgung durch Naht bis 12. Lj. | 02302 | 230 | 25,59 | ||||||
Lokalanästhesie ‒ klein ‒ groß | ‒** | ‒ | ‒ | 490 491 | 61 121 | 8,18 16,22 | 12,44 24,68 | ||
Verband | ‒** | ‒ | ‒ | 200 | 45 | 6,03 | 9,18 | ||
Druckverband | ‒** | ‒ | ‒ | 204 | 95 | 12,74 | 19,38 | ||
Fixierender Verband | 02350 | 144 | 16,02 | 210 | 75 | 10,05 | 15,30 | ||
Impfung | 89000ff | ‒ | ‒ | 375 | 80 | 10,72 | 16,32 |
ICD-10-GM, Zusatzkennung: A=Ausschluss, G=Gesichert, V=Verdacht, Z=Zustand nach
* Diese EBM-Nrn. werden von der Kassenärztlichen Vereinigung automatisch zugesetzt.
** Diese Leistungen sind nach EBM nicht gesondert berechnungsfähig, sondern mit anderen Pauschalen abgegolten.
*** Hierfür gibt es in der GOÄ keine entsprechende Gebühr.
**** Dieser GOÄ-Zuschlag ist nicht steigerungsfähig und daher nur mit dem Faktor 1,0 ansetzbar.