· Fachbeitrag · ABC der Abrechnung
„W“ - Wunde, sekundär heilend
von Dr. Dr. med. Peter Schlüter, Reilingen, www.vita-lco.de
| Die Behandlung einer nicht primär heilenden Wunde lässt sich im EBM mit der Gebühr nach Nr. 02310 abrechnen. Dabei sind mehrere Besonderheiten zu beachten. |
Die Besonderheiten der EBM-Nr. 02310
In der Leistungslegende der Nr. 02310 heißt es: „Behandlung einer/eines/von sekundär heilenden Wunde(n) und/oder Decubitalulcus (-ulcera)“. Leistungsinhalt ist also im Grunde die Behandlung einer sekundär heilenden Wunde.
Eine im obligaten Leistungsanteil geforderte Voraussetzung für die Berechnung der Nr. 02310 sind drei (!) persönliche Arzt-Patienten-Kontakte (APK). Wenn Sie die Definition des persönlichen APK in den Allgemeinen Bestimmungen nachlesen, werden Sie feststellen, dass zum persönlichen APK keine Wundversorgung gehört. Somit müssen die drei persönlichen APK nicht der Wundversorgung dienen. Die Wundversorgung ist entsprechend des in der Leistungslegende verwendeten Singulars „Versorgung“ nur einmal durchzuführen, um die Nr. 02310 abrechnen zu können.
EBM-Nr. | Legende | Punkte | Euro |
02310 | Behandlung einer/eines/von sekundär heilenden Wunde(n) und/oder Decubitalulcus (-ulcera) | 205 | 20,77 |
Obligater Leistungsinhalt
| |||
Fakultativer Leistungsinhalt
|
Zu der EBM-Nr. 02310 gibt es einige konkretisierende Anmerkungen, die sich vorwiegend mit den verschiedenen Ausschlussregelungen befassen:
- So kann die Nr. 02310 bei folgenden Erkrankungen nicht berechnet werden:
- Beim diabetischen Fuß (Nr. 02311),
- beim chronisch venösen Ulcus cruris (Nr. 02312),
- bei der chronisch venösen Insuffizienz,
- beim postthrombotischen Syndrom,
- beim Lymphödem und
- bei oberflächlichen sowie tiefen Beinvenenthrombosen (Nr. 02313).
Weiterhin schließt sich die Berechnung der Nr. 02310 im Behandlungsfall neben den EBM-Nrn. 02300 bis 02302, 02311, 02340, 02341, 02 360, 07340, 10330, 10340 bis 10342, 18340 und 34291 aus.
MERKE | Sie müssen für die Berechnung der Nr. 02310 eine Wunde nur einmal behandeln, Sie müssen jedoch in dem entsprechenden Quartal mindestens drei persönliche APK gehabt haben, gegebenenfalls ohne Wundbehandlung. |
Fallbeispiel Wundversorgung - Sturz vom Fahrrad
Kleinere Verletzungen, Schürf-/Platz-/ und Schnittwunden gehören zum Praxisalltag der Allgemeinpraxis. Die Wundversorgung, sowie kleinere chirurgische Eingriffe, sind betriebswirtschaftlich auch nicht uninteressant.
| |
Diagnose | ICD-10 |
Offene Wunden, mehrere Körperregionen | T01.- |
Offene Wunden, Kopf und Hals | T01.0 |
Offene Wunden, Thorax und Abdomen | T01.1 |
Offene Wunden, obere Extremität | T01.2 |
Offene Wunden, untere Extremität | T01.3 |
Offene Wunden, obere und untere Extremität | T01.6 |
Offene Wunden, sonstige Körperregionen | T01.8 |
Multiple offene Wunden, n.n.b. | T01.9 |
* Zur Abrechnung ist die Zusatzkennung mit A=Ausschluss, G=Gesichert, V=Verdacht, Z=Zustand nach zwingend vorgeschrieben. Lokalisationsangabe ist fakultativ: R=rechts, L=links, B=beidseits.
Der Fall
Patient, zehn Jahre alt, kommt nach einem Sturz mit seinem Fahrrad in Begleitung seiner Mutter in die Praxis. Anamnestisch gibt er an, dass er ohne Fremdverschulden, durch eigene Unaufmerksamkeit, an die Bordsteinkante gekommen und daraufhin gestürzt sei. Dabei habe er sich an den Knien und an den Armen verletzt. Schmerzen gibt er auch im Schulterbereich an. Er war privat unterwegs, also nicht auf dem Weg von oder zur Schule, was einen Schul- bzw. Wegeunfall ausschließt. Eine solche Unfallverletzung hätte dann nach der UV-GOÄ mit dem Gemeindeversicherungsverband abgerechnet werden müssen.
Bei der körperlichen Untersuchung des Patienten zeigen sich eine oberflächliche kleine Schürfwunde am rechten Knie, eine Platzwunde am linken Knie, sowie eine ausgedehnte verschmutzte Schürfwunde am linken Unterarm. Die großen Gelenke sind frei beweglich, im Bereich der HWS und der oberen BWS zeigen sich reaktive Myogelosen. An der rechten Schulter ist noch ein kleines Hämatom zu sehen. Bei der neurologischen Untersuchung sind keine Auffälligkeiten festzustellen.
Die Wunden werden gereinigt und desinfiziert, die Platzwunde am rechten Knie wird in Lokalanästhesie, mittels Naht primär geschlossen. Die Wunde wird mit einem sterilem Verband abgedeckt und ein Druckverband angelegt. Die Schürfwunden werden steril verbunden. Es wird eine Tetanus-Auffrisch-Impfung verabreicht und ein Termin für den nächsten Tag zur Wundkontrolle und zum Verbandwechsel vereinbart.
| |||||
EBM | GOÄ | ||||
Ziffern | Punkte | Euro | Legende | Ziffern | Punkte |
03002 | 150 | 15,20 | Versichertenpauschale/Beratung | 1 | 80 |
03040 | 144 | 14,59 | Vorhaltepauschale | - | - |
-* | - | - | Körperliche Untersuchung | 7 | 160 |
-* | - | - | Neurologische Untersuchung | 800 | 195 |
02301 (x3) | 129 | 13,07 | Primäre Wundversorgung (re. Knie, li. Unterarm, li. Knie) | 2000 2003 2004 | 70 130 13,99 |
-* | - | - | Lokalanästhesie | 491 | 121 |
-* | - | - | Verband | - | - |
-* | - | - | Druckverband | 204 | 95 |
89124 | - | 7,20 | Tetanus-Impfung | 375 | 80 |
* Diese Leistungen sind im EBM nicht gesondert berechnungsfähig. Als Bestandteil des Anhangs 1 gelten diese Leistungen mit der Versichertenpauschale als abgegolten.
Da zusätzlich zur Untersuchung nach Nr. 7 GOÄ mehrere symptombezogene Untersuchungen erfolgten, wird die Nr. 7 mit entsprechend erhöhtem Faktor abgerechnet. Die Nr. 800 beinhaltet weiterhin die eingehende neurologische Untersuchung, jedoch keine vollständige. Deshalb ist die eingehende neurologische Untersuchung im Rahmen dieses Verletzungsfalles durchaus berechnungsfähig.
Für die Leistungen der sogenannten „kleinen Chirurgie“ (Nrn. 02300 bis 02302) ist zu beachten, dass diese bei Patienten mit den Diagnosen Nävuszellnävussyndrom (ICD-10-GM: D22.-) und/oder mehreren offenen Wunden (ICD-10-GM: T01.-) mehrfach in einer Sitzung - auch nebeneinander, jedoch insgesamt höchstens fünfmal am Behandlungstag - berechnungsfähig sind.
Bei der Wundversorgung ist abrechnungstechnisch auf den Leistungsinhalt zu achten. So beinhaltet die Leistung nach Nr. 02300 im obligaten Leistungsanteil die „primäre Wundversorgung“, während es im obligaten Leistungsanteil der Nr. 02301 heißt: „Primäre Wundversorgung bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern“. In Abschnitt 4.3.5 sind die Altersgruppen definiert. Als Kinder gelten danach Patienten bis zum vollendeten 12. Lebensjahr. Auch im Zusammenhang mit dem Wundverschluss ist auf die angegebene Altersgrenze zu achten. Denn auch hier gilt, dass für Patienten, die jünger als 12 Jahre sind, die höher bewertete Nr. 02302 berechnet werden kann. Kurz zusammengefasst rechnen Sie bei Patienten bis zum vollendeten 12. Lebensjahr für die primäre Wundversorgung die Nr. 02301, mit Naht die Nr. 02302 ab. Bei älteren Patienten (12 Jahre oder älter) rechnen Sie die Nr. 02300 für die primäre Wundversorgung ab und die Nr. 02301 falls ein Wundverschluss notwendig wurde. Nach GOÄ sind zusätzlich noch die Sachkosten entsprechend § 10 GOÄ zu berechnen.
Am nächsten Tag wird eine Wundkontrolle mit Verbandwechsel durchgeführt. Dabei zeigt sich, dass es sich bei der ausgedehnten Schürfwunde des Unterarms um eine sekundäre Wundheilung handelt. Nach EBM wäre diese nun nach Nr. 02310 anzurechnen. Daneben ist jedoch für den betreffenden Behandlungsfall (= Quartal) die Berechnung der Leistungen nach den EBM-Nrn. 02300 bis 02302 ausgeschlossen, sodass auf die Berechnung dieser Gebühr verzichtet werden muss. Im Gegensatz dazu kommt nach GOÄ die Nr. 2006 zur Abrechnung. Neben dieser Gebühr ist ebenfalls der Verband nach Nr. 200 GOÄ zu berechnen.
Beachten Sie | Die Berechnung der Verbandleistung nach Nr. 200 schließt sich neben den Wundversorgungsleistungen nach den Nrn. 2000 bis 2005 GOÄ aus.
| |||||
EBM | GOÄ | ||||
Ziffern | Punkte | Euro | Legende | Ziffern | Punkte |
-* | - | - | Beratung | - | - |
-* | - | - | Symptombezogene Untersuchung | 5 | 80 |
-* | - | - | Wundversorgung sek. heilende Wunde | 2006 | 63 |
-* | - | - | Verband | 200 x 3 | 45 |
-* | - | - | Druckverband | 204 | 95 |
| |||||
EBM | GOÄ | ||||
Ziffern | Punkte | Euro | Legende | Ziffern | Punkte |
-* | - | - | Beratung | - | - |
-* | - | - | Symptombezogene Untersuchung | - | - |
02310 | 205 | 20,77 | Wundversorgung sek. heilende Wunde | 2006 | 63 |
-* | - | - | Verband | 200 x 3 | 45 |
* Diese Leistungen sind im EBM nicht gesondert berechnungsfähig. Als Bestandteil des Anhangs 1 gelten diese Leistungen mit der Versichertenpauschale als abgegolten.
Entsprechend der Allgemeinen Bestimmungen sind die Leistungen nach den Nrn. 1 und/oder 5 nur einmal im Behandlungsfall neben Sonderleistungen der Kapitel „C“ bis „O“ berechnungsfähig. Die symptombezogene Untersuchung wird in der zweiten Konsultation angesetzt. Bei der dritten Konsultation muss dann auf die Leistungen nach den Nrn. 1 und 5 verzichtet werden. Dreimal Verbandleistung ergibt 135 Punkte, plus die Behandlung der sekundärheilenden Wunde, ergibt zusammen 198 Punkte. Beratung und symptombezogene Untersuchung ergeben 160 Punkte. Die Verbandskosten werden als Auslage berechnet.
| |||||||||||||||
Diagnose | ICD-10-GM* | Leistung | EBM-Abrechnung | GOÄ-Abrechnung | |||||||||||
Offene Wunden, mehrere Körperregionen | T01.- | GO-Nr. | Punkte | Euro | GO-Nr. | Punkte | Euro/F.:2,3 | Euro/F.: 3,5 | |||||||
Offene Wunden, Kopf und Hals | T01.0 |
Versichertenpauschale/Beratung | 03001 | 236 | 23,91 |
1
|
80 |
10,72 |
16,32 | ||||||
Offene Wunden, Thorax/Abdomen | T01.1 | 03002 | 150 | 15,20 | |||||||||||
Offene Wunden, obere Extremität | T01.2 | 03003 | 122 | 12,36 | |||||||||||
Offene Wunden, untere Extremität | T01.3 | 03004 | 157 | 15,90 | |||||||||||
Offene Wunden, obere/untere Extremität | T01.6 | 03005 | 210 | 21,27 | |||||||||||
Grundpauschale (chirurg., orthopäd.) /Beratung | 07210 | 210 | 21,27 | ||||||||||||
Offene Wunden, sonstige Körperregionen | T01.8 | 07211 | 221 | 22,39 | |||||||||||
07212 | 255 | 25,83 | |||||||||||||
Multiple offene Wunden, n.n.b. | T01.9 | 18210 | 175 | 17,73 | |||||||||||
18211 | 182 | 18,44 | |||||||||||||
18212 | 210 | 21,27 | |||||||||||||
Vorhaltepauschale | 03040 | 144 | 14,59 | -*** | - | - | - | ||||||||
Symptombezogene Untersuchung | -** | - | - | 5 | 80 | 10,72 | 16,32 | ||||||||
Untersuchung Bewegungsapparat | -** | - | - | 7 | 160 | 21,45 | 32,64 | ||||||||
Ganzkörperstatus | -** | - | - | 8 | 260 | 34,86 | 53,04 | ||||||||
Neurologische Untersuchung | -** | - | - | 800 | 195 | 26,14 | 39,78 | ||||||||
Röntgen-Extremität | 34233 | 106 | 10,74 | 5030 | 360 | 37,77 | 52,46 | ||||||||
Primäre Wundversorgung | 02300 | 57 | 5,77 | 2000 2001 2002 2003 2004 2005 | 70 130 160 130 240 400 | 9,38 17,43 21,45 17,43 32,17 53,62 | 14,28 26,52 32,64 26,52 48,96 81,60 | ||||||||
Primäre Wundversorgung bis 12. Lj. | 02301 | 129 | 13,07 | ||||||||||||
Primäre Wundversorgung durch Naht | 02302 | 239 | 24,21 | ||||||||||||
Versorgung sekundär heilende Wunde | 02310 | 205 | 20,77 | 2006 | 63 | 8,45 | 12,85 | ||||||||
Lokalanästhesie - klein - groß | -** | - | - | 490 491 | 61 121 | 8,18 16,22 | 12,44 24,68 | ||||||||
Verband | -** | - | - | 200 | 45 | 6,03 | 9,18 | ||||||||
Druckverband | -** | - | - | 204 | 95 | 12,74 | 19,38 | ||||||||
Fixierender Verband | 02350 | 106 | 10,74 | 210 | 75 | 10,05 | 15,30 | ||||||||
Impfung | 89000ff | - | - | 375 | 80 | 10,72 | 16,32 |
* Zusatzkennung: A=Ausschluss, G=Gesichert, V=Verdacht, Z=Zustand;
** Diese Leistungen sind nach EBM nicht gesondert berechnungsfähig sondern mit anderen Pauschalen abgegolten
*** In der GOÄ keine entsprechende Gebühr