Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Abrechnungsberatung

    Hyperhidrosis richtig abrechnen

    von Dr. Dr. med. Peter Schlüter, Reilingen, www.vital-arzt-praxis.de

    | Die Hyperhidrose ist ein wenig beachtetes Krankheitsbild mit zunehmender Inzidenz. Viele Ärzte tun sich schwer im Umgang mit dieser Erkrankung, aber auch mit deren Abrechnungsmöglichkeiten. Diagnostik, Aufklärung der Patienten über die Erkrankung und eine sinnvolle, individuelle Therapie sind wesentliche Bestandteile für Lebensqualität der Patienten. |

    Das Krankheitsbild

    Im Gegensatz zum physiologischen Vorgang des Schwitzens, bezeichnet Hyperhidrose ein Übermaß an Schwitzen, welches über die Erfordernisse der Wärmeregulation hinausgeht. Pathophysiologisch werden die primäre idiopathische und die sekundäre Hyperhidrose unterschieden.

     

    Primäre Hyperhidrose

    Bei der primären Hyperhidrose liegen keine Grunderkrankungen oder externen Ursachen zugrunde. Sie tritt am häufigsten fokal in umschriebenen Körperarealen auf. Zu den Prädilektionsstellen der fokalen Hyperhidrose zählen Achselhöhlen, Handflächen, Fußsohlen und Stirn. Diese Regionen zeichnen sich bei Menschen durch eine hohe Dichte ekkriner Schweißdrüsen aus. Die Hyperhidrose korreliert nicht mit einer vermehrten Anzahl von Schweißdrüsen, sondern ist Ausdruck der vermehrten sympathischen Stimulation.

     

    Sekundäre Hyperhidrose

    Die sekundäre Hyperhidrose ist gekennzeichnet durch ein altersunabhängiges, meist generalisiertes Auftreten verbunden mit Nachtschweiß. Weiterhin bieten die Symptome der Grunderkrankung Hinweise. Als Ursache sind vor allem hormonelle Störungen (Klimakterium, Hyperthyreose) zu berücksichtigen. Weitere Ursachen können Hypopituitarismus (Phäochromozytom, andere seltene Hormonstörungen), unerwünschte Arzneimittelwirkungen (Hormone, Psychopharmaka, SSRI, Parasympathomimetika, Kortikoiden, Beta-Blocker, Salizylsäure u.a.), Hypoglykämie, chronische Infekte, Malignome, orthostatische Hypotension, Übergewicht, neurologische Ursachen oder psychische Probleme, wie Stress (Ausschüttung von Adrenalin), sein.

     

    • ICD-10-GM*
    Diagnose

    ICD-10

    Hyperhidrose

    R61

    umschriebene Hyperhidrose

    R61.0

    generalisierte Hyperhidrose

    R61.1

    Hyperhidrose n.n.B.

    R61.9

    * Zur Abrechnung ist die Zusatzkennung mit A = Ausschluss, G = Gesichert, V = Verdacht, Zustand nach ..., zwingend vorgeschrieben. Lokalisationsangabe ist fakultativ: R = rechts, L = links, B = beidseits.

    Der Fall

    Frau P. ist 49 Jahre alt und arbeitet als Fachangestellte in der Verwaltung. Die normgewichtige (170 cm, 54 kg) Patientin treibt regelmäßig Sport, ist gesund, ernährt sich mediterran. Seit Jahren plagt sie ein situationsungebundenes Schwitzen, was vorwiegend axillär auftritt. Nicht zuletzt ist die Patientin auch in der Auswahl ihrer Kleidung stark eingeschränkt, weil die Schweißabsonderung bei bestimmten Farben und Materialien besonders sichtbar wird. Die Befragung ergibt, dass Frau P. bereits in der Ausbildung unter starkem Schwitzen litt. In der Familie sei das Problem bei ihrem Vater und dem Bruder bekannt. Nachts habe sie keine Probleme mit übermäßigem Schwitzen.

     

    • Konsultation - Beratung, Untersuchung, Blutentnahme
    EBM
    Leistungslegende
    GOÄ

    Ziffern

    Punkte

    Euro

    Ziffern

    Punkte

    03111

    880

    35,75

    Versichertenpauschale / Beratung

    1

    80

    -*

    -

    -

    orientierender Ganzkörperstatus, Hautorgan

    7!

    160

    -*

    -

    -

    Veg. Funktionsdiagnos. (Minor-Test)

    831!

    80

    Labordiagnostik

    -*

    -

    -

    Blutentnahme**

    250

    40

    32030

    -

    0,50

    Urinstreifentest

    3511

    50

    32122

    -

    1,10

    Vollständiger Blutstatus mittels automatisierter Verfahren

    3550+

    3551

    60

    20

    32056

    -

    0,25

    Gesamteiweiß

    3573.H1

    30

    32057

    -

    0,25

    Glukose

    3560

    40

    32058

    -

    0,25

    Bilirubin gesamt

    3581.H1

    40

    32060

    -

    0,25

    Cholesterin gesamt

    3562.H1

    40

    32061

    -

    0,25

    HDL-Cholesterin

    3563.H1

    40

    32062

    -

    0,25

    LDL-Cholesterin

    3564.H1

    40

    32063

    -

    0,25

    Triglyceride

    3565.H1

    40

    32064

    -

    0,25

    Harnsäure

    3583.H1

    40

    32065

    -

    0,25

    Harnstoff

    3584.H1

    40

    32067

    -

    0,40

    Kreatinin

    3585.H1

    40

    32068

    -

    0,25

    Alkalische Phosphatase

    3587.H1

    40

    32069

    -

    0,25

    GOT

    3594.H1

    40

    32070

    -

    0,25

    GPT

    3595.H1

    40

    32071

    -

    0,25

    Gamma-GT

    3592.H1

    40

    32072

    -

    0,40

    Alpha-Amylase

    3588.H1

    40

    32073

    -

    0,40

    Lipase

    3598.H1

    50

    32101

    -

    3,00

    Thyreoidea stimulierendes Hormon (TSH)

    4030

    250

    ! Die mit einem Ausrufezeichen gekennzeichneten Leistungen der GOÄ werden mit einem erhöhten Faktor abgerechnet. Begründung: „Untersuchung mehrerer Organsysteme“, „schwierige Untersuchungsbedingungen/Zeitaufwand“, „beratungsintensives Krankheitsbild”. Diese Leistungen sind im EBM nicht gesondert berechnungsfähig. Als Bestandteil des Anhang 1 gelten diese Leistungen mit der Grundpauschale als abgegolten.

    * Diese Leistungen sind im EBM nicht gesondert berechnungsfähig. Als Bestandteil des Anhang 1 gelten diese Leistungen mit der Versichertenpauschale als abgegolten.

    ** Die Laborleistungen nach EBM werden durch das beauftragte Labor bzw. die Laborgemeinschaft direkt mit der zuständigen KV abgerechnet und sind nicht gesondert zu berechnen. Ausnahme sind lediglich die Laborleistungen, die im Praxislabor durchgeführt werden.

     

    Zum Ausschluss einer Grunderkrankung wird eine orientierende körperliche Untersuchung durchgeführt und Blut für die Labordiagnostik entnommen. Die Untersuchung ergibt keine pathologischen Befunde. Zur Dokumentation und Objektivierung dient der Jod-Stärke-Test nach Minor, der die übermäßig starke Schweißproduktion in den Achseln deutlich macht. Die Verdachtsdiagnose einer primären Hyperhidrosis wird mit der Patientin besprochen und ein Termin zur Befundbesprechung sowie der therapeutischen Möglichkeiten vereinbart.

     

    Die Laborparameter waren alle im Normbereich. Somit kann unter Berücksichtigung der anamnestischen Angaben in Zusammenhang mit der subjektiven Beobachtung der axillären Schweißbildung der Patientin von einer primären Hyperhidrose ausgegangen werden.

     

    Zur Behandlung der primären Hyperhidrose stehen konservative und chirurgische Therapieverfahren zur Verfügung. Die Auswahl der geeigneten Behandlungsmaßnahmen sollte individuell auf die Patientin/den Patienten und die Lokalisation abgestimmt sein sowie stufenweise erfolgen. Vor einer chirurgischen Intervention sind auf jeden Fall die konservativen Therapiemöglichkeiten auszuschöpfen. Es werden die verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten erörtert, ebenso wie die wichtigsten grundlegenden konservativen Maßnahmen. Frau P. entscheidet sich für die medikamentöse Therapie.

     

    • Konsultation: Befundbesprechung und Therapieeinleitung
    EBM
    Legende
    GOÄ

    Ziffern

    Punkte

    Euro

    Ziffern

    Punkte

    -*

    -

    -

    Erörterung

    3!

    150

    -*

    -

    -

    Symptombezogene Untersuchung

    5

    80

    ! Die mit einem Ausrufezeichen gekennzeichneten Leistungen der GOÄ werden mit einem erhöhten Faktor abgerechnet. Begründung: „beratungsintensives Krankheitsbild”.

    * Diese Leistungen sind im EBM nicht gesondert berechnungsfähig. Als Bestandteil des Anhang 1 gelten diese Leistungen mit der Versichertenpauschale als abgegolten.

     

    Die ausführliche Erörterung nimmt 20 Minuten in Anspruch, daher kann Nr. 3 mit erhöhtem Faktor abgerechnet werden. Wenn lebensverändernde Maßnahmen zur Beeinflussung der Hyperhidrose besprochen werden, käme auch Nr. 34 GOÄ in Frage: „Erstfeststellung im Zusammenhang mit einer nachhaltig lebensverändernden Erkrankung“. Dies gilt jedoch nur bei einem Gespräch von 20 Minuten.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2011 | Seite 18 | ID 39262700