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  • · Fachbeitrag · Privatbehandlung

    Privatliquidation homöopathischer Leistungen: IGeLn reicht nicht

    von Rechtsanwalt Filip Kötter, DIERKS + BOHLE Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin (www.db-law.de)

    | Die Nachfrage nach homöopathischen Leistungen ist ungebrochen. Für Vertragsärzte stellt sich die Frage (auch weil ausdrückliche EBM-Ziffern fehlen) ob - und wenn ja wie - eine Privatliquidation möglich ist. Im Ergebnis gilt wohl: Sie ist nicht als IGeL möglich, sondern nur unter den strengen Voraussetzungen einer „Privatbehandlung auf ausdrückliches Verlangen“. |

    Privatbehandlung auf ausdrückliches Verlangen

    Leistungen, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind, können „geIGeLt“ werden, wenn inbesondere die schriftliche Einwilligung des GKV-Patienten in die Privatbehandlung - nach Hinweis auf die Pflicht zur Kostenübernahme - vorliegt (§ 18 Abs. 7 S. 3 Nr. 3 Bundesmantelvertrag Ärzte [BMV-Ä]). Sind Leistungen aber Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung, darf eine Vergütung nur gefordert werden, „wenn und soweit der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dieses dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt“ (§ 18 Abs. 7 S. 3 Nr. 2 BMV-Ä).

    Nicht nur ausdrückliche EBM-Leistungen vertragsärztlich

    Oft wird angenommen, dass nur vom G-BA anerkannte Leistungen mit ausdrücklicher EBM-Ziffer Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sind. Das stimmt aber so nicht. Im Ausgangspunkt definiert nicht der EBM sondern § 12 SGB V, was Leistungspflicht der Krankenkassen und damit letztlich auch Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist: ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen, die das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Behandlungsmethoden der besonderen Therapierichtungen sind dabei explizit nicht ausgeschlossen. Bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden wird § 12 SGB V durch § 135 SGB V „überlagert“; der fordert eine explizite Anerkennung durch den G-BA die dann in der Regel neue (ausdrückliche) EBM-Ziffern nach sich zieht. Aber: Ob die Homöopathie „neu“ ist, ist fraglich. Auch ist nach wie vor nicht geklärt, ob und wie § 135 SGB V bei „besonderen Therapierichtungen“ überhaupt gilt.

     

    Dass die Homöopathie nicht explizit vom G-BA anerkannt ist und hierfür keine ausdrücklichen EBM-Ziffern vorliegen, heißt also nicht zwingend, dass sie nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung ist und „geIGeLt“ werden kann. Das Gegenteil hat die Rechtsprechung insbesondere für homöopathische Anamnesen auch wiederholt bestätigt:

     

    • Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hielt es für rechtswidrig (und grundsätzlich geeignet, eine Zulassungsentziehung zu rechtfertigen), Homöopathie nur gegen Privatliquidation anzubieten (Urteil vom 3.7.1991, Az. L 8 Ka 1886/89).

     

    • Der 6. Senat des BSG stellte klar: Es ist rechtswidrig, bei Erhebung homöopathischer Erst- und Folgeanamnesen Leistungen nach dem EBM abzurechnen und zusätzlich von den Patienten ein Honorar zu fordern (Beschluss vom 17.5.2001, Az. B 6 KA 8/00 R).

     

    • Der erste Senat des BSG führte ausdrücklich aus, dass die (homöopathischen) Erst- und Folgeanamnesen im Rahmen des EBM abrechnungsfähig seien - damals als Grundleistung nach Nr. 1 EBM-Ä (Ordinationsgebühr) oder Nr. 851 EBM-Ä (psychosomatische Behandlung). Ein (zusätzliches) privatärztliches Honorar für vertragsärztliche Leistungen dürfe der Vertragsarzt nur in den vom BMV-Ä vorgesehenen Fällen fordern. Der Einwand einer unzureichenden Honorierung greife nicht (Urteil vom 22.3.2005, Az. B 1 A 1/03 R).

     

    MERKE | Nach ständiger Rechtsprechung berechtigt die unzureichende Honorierung einzelner vertragsärztlicher Leistungen nicht dazu, diese nicht oder nur als Privatbehandlung anzubieten. Dem EBM liege nämlich eine „Mischkalkulation“ zugrunde, defizitäre Einzelleistungen seien durchaus systemkonform (grundlegend hierzu: BSG-Urteil vom 14.3.2001, Az. B 6 KA 54/00 R).

     

    Homöopathie ist faktisch eine Kassenleistung

    Nach der bisherigen Rechtsprechung muss man die homöopathischen Anamnesen als vertragsärztliche Leistungen sehen. Sie finden sich sogar zwanglos im EBM, wenn auch wahrscheinlich schlecht vergütet: Gemäß Anhang 1 zum EBM sind Anamnesen in den Grund- bzw. Versichertenpauschalen enthalten. Auch sonstige homöopathische Leistungen (bspw. die Repertorisation, homöopathische Analyse und Beratung) dürften (für Hausärzte) unter die Versichertenpauschale fallen, die auch die „allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie“ umfasst.

     

    FAZIT | Die Privatliquidation der üblichen homöopathischen Leistungen kommt faktisch kaum in Betracht. Da es sich um vertragsärztliche Leistungen handelt, ist das „ausdrückliche Verlangen, auf eigene Kosten behandelt zu werden“ notwendig. Schon die Initiative zur Privatbehandlung wird vom Patienten ausgehen müssen. Jede vorherige Beeinflussung ist äußerst kritisch. Schon das Angebot einer vertragsärztlichen Leistung als Privatleistung bedeutet nach dem BSG die Gefahr einer (rechtswidrigen) Diskriminierung der GKV-Versicherten (Urteil vom 14.3.2001, Az. B 6 KA 54/00 R).

     

    Eine „auskömmliche“ Abrechnung homöopatischer Leistungen ist wohl derzeit nur über die Teilnahme an „Homöopathieverträgen“ möglich. (bspw. „Vertrag zur Versorgung mit klassischer Homöopathie als besonderen Versorgungsauftrag gemäß § 73 c SGB V“, dem soweit ersichtlich alle KVen beigetreten sind). Allerdings gelten diese nur für Versicherte der jeweils teilnehmenden Krankenkassen.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2015 | Seite 6 | ID 43265325