· Fachbeitrag · Abrechnungsgenehmigungen
Was ist bei der Abrechnung von genehmigungspflichtigen Leistungen zu beachten?
von RAin Mandy Müssig, FAin für Medizinrecht, pwk & PARTNER, Dortmund, www.pwk-partner.de
| Für den Gesetzgeber ist die Absicherung der Qualität ärztlicher Tätigkeit eine wichtige Voraussetzung für eine bedarfsgerechte, qualifizierte und wirtschaftliche Versorgung der Patienten auf hohem Niveau. Gemäß § 135 Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) V gelten deshalb für bestimmte ärztliche Leistungen besondere Voraussetzungen für die Ausführung und Abrechnung dieser Leistungen (Qualitätssicherungsvereinbarungen). Denn ihre Ausübung oder die Neuheit des Verfahrens erfordern besondere Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweise), eine besondere Praxisausstattung oder weitere Anforderungen an die Strukturqualität. Für eine Vielzahl von ärztlichen Leistungen bedarf es insofern einer vorherigen Genehmigung durch die KV, bevor der ärztliche Vergütungsanspruch entsteht. |
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Um Ihnen die komplexe Problematik noch transparenter zu machen, haben wir die folgenden Inhalte für Sie in einem Schaubild aufbereitet, das Sie im Bereich Downloads > Checklisten finden. |
Genehmigungspflichtige Leistungen
Besondere Anforderungen gelten nach den Qualitätssicherungsvereinbarungen beispielsweise für Arthroskopische Untersuchungen, Herzschrittmacherkontrollen, CT- und MRT-Leistungen, Laboruntersuchungen, Langzeit-EKG, Strahlendiagnostik/Therapie, Ultraschalldiagnostik, Körperakupunktur oder Ambulantes Operieren. Der Arzt, der die Qualifikationsvoraussetzungen für die Erbringung derartiger Leistungen nicht erfüllt, darf diese Leistungen mangels Abrechnungsgenehmigung bei GKV-Patienten nicht erbringen und hat insofern auch keinen Vergütungsanspruch.
Voraussetzungen der Abrechnungsgenehmigung
Die für den jeweiligen Leistungsbereich begehrte Abrechnungsgenehmigung erteilt die zuständige KV auf Antrag. Für diese speziellen Leistungen muss der Arzt die fachliche Befähigung nachweisen. Dies ist immer dann unproblematisch möglich, wenn durch entsprechende Zeugnisse oder Fachkundenachweise belegt werden kann, dass er eingehende Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen seiner Facharztausbildung oder einer Fortbildung bei einer zugelassenen Ausbildungsstätte erworben hat.
BEACHTEN SIE | Doch selbst wenn der Arzt die fachlichen Voraussetzungen erfüllt, kann die KV zusätzlich die Absolvierung eines Kolloquiums verlangen. Die Aufforderung zu einem solchen Fachgespräch erfolgt zumeist dann, wenn aus den eingereichten Unterlagen nicht zweifelsfrei erkennbar ist, dass die fachliche Befähigung tatsächlich besteht. |
Letztlich hat der beantragende Arzt nachzuweisen, dass die räumliche, personelle und apparative Praxisausstattung den geforderten Qualitätsvoraus-setzungen entspricht. Es ist insofern möglich, dass die Qualitätssicherungskommission - natürlich nur mit Einverständnis des Arztes - eine Praxisbegehung durchführt, um in diesem Zusammenhang die baulichen und hygienischen Voraussetzungen zu kontrollieren.
Abrechnungsgenehmigungen für fachfremde Bereiche
Bei der Beantragung der Abrechnungsgenehmigung ist zu beachten, dass es seit Geltung des EBM 2000plus in vielen Fällen schwer bis unmöglich ist, Abrechnungsgenehmigungen für Leistungen zu erhalten, die nicht dem Fachgebiet zuzuordnen ist, in dem der betreffende Arzt zugelassen ist.
Die relevanten arztgruppenspezifischen Leistungen unterteilen sich in Leistungen des hausärztlichen und fachärztlichen Bereichs. Die Leistungen der arztgruppenspezifischen Kapitel dürfen nur von den in der jeweiligen Präambel genannten Vertragsärzten berechnet werden (vergleiche Abschnitt I 1.2.2 EBM 2000plus). Leistungen, deren Berechnung an ein Gebiet, an einen Schwerpunkt (Teilgebiet) oder an eine Zusatzbezeichnung gebunden ist, setzen das Führen dieser (Zusatz-)Bezeichnung bzw. die entsprechende Zulassung voraus.
PRAXISHINWEIS | Für die Erteilung von Abrechnungsgenehmigungen (in fachfremden Bereichen) hat das Bundessozialgericht (BSG) festgestellt, dass ein Arzt nicht gänzlich von der Honorierung solcher Leistungen ausgeschlossen werden kann, die für ein Fachgebiet wesentlich oder prägend sind (Urteil vom 28.10.2009, Az. B 6 KA 26/08 R). Da jedoch arztgruppenspezifische Leistungen eines anderen Fachgebiets in der Regel nicht prägend sind, wird eine Abrechnungsgenehmigung in der Regel trotz fachlicher und apparativer Voraussetzungen auch nicht gewährt. Beispielsweise sollten daher doppelapprobierte Ärzte genau überlegen, welche Leistungen sie hauptsächlich erbringen und ob sie in der haus- oder fachärztlichen Versorgung tätig werden wollen. |
Beginn der Abrechnungsgenehmigung
Die Erbringung und Abrechnung der begehrten Leistungen ist weiterhin erst dann möglich, wenn die KV die Abrechnungsgenehmigung erteilt hat. Somit ist das Datum der Genehmigung entscheidend. Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Erteilung der Genehmigung ein statusbegründender Akt, sodass eine solche Abrechnungsgenehmigung auch nicht rückwirkend erteilt werden kann (Urteil vom 3.2.2010, Az. B 6 KA 20/09 B).
Besonderheiten beim MVZ
Für den Betrieb eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) gilt gemäß § 11 Abs. 1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä):
- Bei der Leistungserbringung durch einen angestellten Arzt sind die persönlichen Voraussetzungen nach den Qualitätssicherungsvereinbarungen durch diesen Arzt zu erfüllen.
- Sind mehrere angestellte Ärzte anteilig auf einer Vertragsarztstelle tätig, müssen alle Angestellten diese persönlichen Voraussetzungen erfüllen. Die Abrechnungsgenehmigung für einen der Ärzte reicht in diesem Fall nicht aus, um allen MVZ-Ärzten die Abrechnung der Leistungen zu ermöglichen.
MERKE | Die räumlichen und apparativen Voraussetzungen gelten hingegen für die Betriebsstätte. Bei mehreren Betriebsstätten müssen die apparativen Voraussetzungen in jeder Betriebsstätte vorliegen und auch für jede Betriebsstätte muss die Abrechnungsgenehmigung beantragt werden. |
In diesem Zusammenhang gilt weiterhin zu beachten, dass bei Vorliegen einer gerätebezogenen Abrechnungsgenehmigung - zum Beispiel CT oder MRT - im Falle eines Gerätewechsels eine neue Abrechnungsgenehmigung einzuholen ist. Wird dies unterlassen, sind die Leistungen mit diesem Gerät nicht abrechnungsfähig. Dies gilt auch, wenn beispielsweise in einer Apparategemeinschaft ein Arzt eine Abrechnungsgenehmigung für das neue Gerät beantragt und erhält, ein weiterer Arzt eine entsprechende Beantragung jedoch versäumt hat. Von der KV kann insofern nach der Rechtsprechung nicht verlangt werden, dass der Betrieb des Geräts in einer Apparategemeinschaft bekannt ist und dass auch alle weiteren sÄrzte mit diesem Gerät arbeiten (zum Beispiel SG Marburg, Urteil vom 20.7.2011, Az. S 12 KA 286/10). Insofern ist es bei jedem Gerätewechsel unerlässlich, für alle Ärzte eine neue Abrechnungsgenehmigung zu beantragen.
Gemäß § 11 Abs. 6 BMV-Ä behalten die MVZ mit Berechtigung zur Ausführung und Abrechnung vertragsärztlicher Leistungen durch die KV diese Berechtigung, wenn sie diese Leistungen aufgrund einer Zulassung oder Genehmigung zur Beteiligung an einer Berufsausübungsgemeinschaft oder bei Genehmigung einer Filiale/weiterer Tätigkeitsort innerhalb desselben KV-Bereichs an einer anderen Betriebsstätte oder Nebenbetriebsstätte erbringen. Erfolgt die Tätigkeit allerdings KV-übergreifend, so ist grundsätzlich für jeden Ort der Tätigkeit die Genehmigung bei der jeweils zuständigen KV zu beantragen bzw. ergänzend zu beantragen.
MERKE | Letztlich ist zu beachten, dass die genehmigungspflichtige Leistung bei Erbringung der Leistung durch einen Vertreter in der Praxis nur dann abgerechnet werden kann, wenn auch der Vertreter über die erforderliche Qualifikation zur Erbringung der Leistung verfügt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, scheidet die Abrechnung der Leistung aus. Verfügt der Vertreter über eine umfassendere fachliche Qualifikation, so können dennoch nur Leistungen entsprechend des Umfangs der Genehmigung abgerechnet werden. |