· Fachbeitrag · Arzthaftung
Dokumentationssoftware veraltet? Arzt haftet!
von RA Kristian Schwiegk LL. M, Voß.Partner, Münster, voss-medizinrecht.de
| Die Verwendung von Software, bei der nachträgliche Änderungen in der Patientendokumentation nicht kenntlich gemacht werden, ist unzulässig. Den dokumentierten Behandlungen oder sonstigen Maßnahmen kann keine Indizwirkung für ein tatsächliches Erbringen einer Leistung zugesprochen werden (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 27.04.2021, Az. VI ZR 84/19 ). |
Der Fall
Ein Patient, der im Verlaufe der Behandlung auf einem Auge erblindete, verklagte seine Augenärztin. Er begehrte Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen eines Behandlungsfehlers. Vor Gericht war vor allem streitig, ob beim ursprünglichen Untersuchungstermin eine Pupillenerweiterung durchgeführt worden war oder nicht. Die elektronische Patientendokumentation enthielt zwar den Eintrag „Pup. in medikam. Mydriasis“. Allerdings ließ die Software die Möglichkeit zu, Einträge ohne Kennzeichnung nachträglich zu verändern.
Die Entscheidung
Nach Auffassung des BGH könne ein Befunderhebungsfehler der beklagten Augenärztin nicht ausgeschlossen werden. Den Einträgen in der Patientendokumentation, die eine tatsächliche Durchführung einer Pupillenweitstellung darlegen, sei keine positive Indizwirkung beizumessen, da die Software nachträgliche Änderungen nicht erkennbar mache. Eine derartige elektronische Dokumentation genüge nicht den Anforderungen des § 630f Abs. 1 S. 2 und 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Nach diesen Bestimmungen sind Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies sei auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen. Ziel dieser Regelungen sei es, eine fälschungssichere Organisation der Dokumentation zu erreichen. Deshalb müsse im Falle einer elektronisch geführten Patientenakte die eingesetzte Softwarekonstruktion gewährleisten, dass nachträgliche Änderungen erkennbar werden.
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