· Fachbeitrag · Berufsrecht
Auch eigentlich verjährte Berufspflichtverletzungen können noch verfolgt und sanktioniert werden!
von Bertram F. Koch, Justiziar der Ärztekammer Westfalen-Lippe a.D., Of Counsel, Kanzlei am Ärztehaus Münster, www.kanzlei-am-aerztehaus.de
| Auch die viele Jahre zurückliegende schwere Berufspflichtverletzung eines Arztes kann zur Feststellung der Berufsunwürdigkeit führen. Dies hat der Hamburgische Berufsgerichtshof für die Heilberufe bestätigt, allerdings ohne im konkreten Fall ‒ anders als die Vorinstanz r‒ den Arzt für berufsunwürdig zu erklären (Urteil vom 11.04.2017, Az. 6 Bf 81/15.HBG). Bei mehreren Tatkomplexen, die sich über Jahre verteilen und teilweise bei isolierter Betrachtung bereits verjährt wären, kommt nämlich (z. B. mit Blick auf "„Charakterschwächen und Pflichtvergessenheiten“ des Beschuldigten) dem inneren Zusammenhang der Taten besondere Bedeutung zu. |
Der Fall
Der beschuldigte Arzt musste sich wegen schwerwiegender, bis ins Jahr 2000 zurückgehender Fehlmedikationen und Fehlbehandlungen suchtkranker Patienten auf Antrag der zuständigen Ärztekammer von Ende 2013 vor dem Berufsgericht für Heilberufe verantworten. Dem Arzt wurde u.a. vorgeworfen, seine diversen Verordnungen von Medikamenten mit erheblichem Abhängigkeitspotenzial seien ‒ von Gutachtern bestätigt ‒ nicht indiziert gewesen und ohne Behandlungskonzept (weitestgehend auf Wunsch der Patienten) erfolgt. Zwei den berufsrechtlichen Überprüfungen vorausgegangene staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren waren im Jahr 2012 eingestellt worden. Einmal gemäß § 153a Strafprozessordnung (StPO) gegen Zahlung von 2.500 Euro und einmal, weil kein hinreichender Verdacht für ein strafrechtlich relevantes Tun festgestellt werden konnte (§ 170 Abs. 2 StPO).
Die Entscheidung
Sowohl das Berufsgericht erster Instanz als auch der Hamburgische Berufsgerichtshof in zweiter Instanz verurteilten den Arzt zu der im Hamburgischen „Gesetz über die Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe“ als Höchstgeldbuße vorgesehenen Geldbuße in Höhe von 25.500 Euro. Allerdings hob der Berufsgerichtshof auf das Rechtsmittel des Arztes hin dessen erstinstanzlich festgestellte Berufsunwürdigkeit auf. Stattdessen erteilte er dem Arzt einen Verweis verbunden mit dem Entzug des aktiven wie passiven Berufswahlrecht für die Dauer von fünf Jahren.
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