· Fachbeitrag · Schmerztherapie
EBM-Nrn. 30708 und 30702 nebeneinander abrechenbar ‒ unter bestimmten Umständen!
von RA Tim Hesse, Kanzlei am Ärztehaus, Münster/Dortmund
| Die EBM-Nrn. 30702 (Zusatzpauschale Schmerztherapie) und 30708 (Beratung und Erörterung und/oder Abklärung im Rahmen der Schmerztherapie, Mindestdauer 10 Minuten) können nebeneinander abgerechnet werden, wenn die Arzt-Patienten-Kontaktzeit mindestens 70 Minuten beträgt. Dies hat das Sozialgericht (SG) München entschieden (Urteile vom 19.07.2017, Az. S 38 KA 1012/15 und S 38 KA 1013/15). |
Der Fall
Eine zur Erbringung von schmerztherapeutischen Leistungen im Rahmen der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung auf Überweisung von Vertragsärzten ermächtigte Anästhesistin sah sich nach mehreren Plausibilitätsprüfungen mit einer Honorarrückforderung in Höhe von rund 22.000 Euro konfrontiert. Gegen die Rückforderungsbescheide erhob die Ärztin Klage. Dabei war hauptsächlich die Nebeneinanderberechnung der Nrn. 30702 und der 30708 umstritten.
Die Entscheidung
Das SG hielt die Rückforderungsbescheide für rechtmäßig und wies die Klage ab. Das Gericht verwies zunächst auf die allgemeine Bestimmung Nr. 2.1.3 des EBM, nach der eine Nebeneinanderabrechnung mehrerer Gebührenordnugspositionen (GOP) unzulässig ist, wenn sich deren Leistungsinhalt überschneidet. Die Teilleistung ist in solchen Fällen nicht berechnungsfähig, sondern Bestandteil der Komplexleistung. Auch die Leistungsinhalte der Nrn. 30708 und 30702 sind teilweise identisch; zum obligatorischen Leistungsinhalt beider GOP gehört eine Beratung und Abklärung.
Jedoch könne nach der Anmerkung zur EBM-Nr. 30708 eine Nebeneinanderabrechnung der Nrn. 30702 und 30708 trotzdem zulässig sein, so das Gericht, wenn die Arzt-Patienten-Kontaktzeit mindestens 70 Minuten beträgt. Diese Ausnahmeregelung gehe den Allgemeinen Regelungen des EBM vor. Da von den mindestens 70 Minuten bei einer Nebeneinanderabrechnung bereits mindestens 10 Minuten auf die Nr. 30708 entfielen, bleibe für die Nr. 30702 eine Stunde übrig. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung könne das nur bedeuten, dass bei der Abrechnung beider Ziffern die ersten 60 Behandlungsminuten ausschließlich von der EBM-Nr. 30702 abgedeckt werden, ohne dass gleichzeitig von der ersten Minute an mehrfach die Nr. 30708 in Ansatz gebracht werden kann.
PRAXISHINWEIS | Das Urteil schafft Rechtssicherheit. Für betroffene Ärzte bietet sich zur Vermeidung finanzieller Einbußen eventuell an, die Abrechnung der beiden GOP 30702 und 30708 auf mehrere Behandlungstage zu „verteilen“, also die Ziffern an verschiedenen Tagen der Patientenbehandlung anzusetzen. |