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  • · Fachbeitrag · Strafrecht

    Gericht erteilt „Einbestellungspflicht“ eine Absage!

    von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Rainer Hellweg, Hannover

    | Nimmt der Patient einen vereinbarten Wiedervorstellungstermin nicht wahr, trifft den behandelnden Arzt keine Verpflichtung, den Patienten von sich aus einzubestellen. Diese erfreuliche Klarstellung hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln getroffen (Urteil vom 17.06.2024, Az. 5 U 123/23). |

     

    Sachverhalt

    Im Rahmen der regelmäßigen Krebsvorsorgeuntersuchungen in der gynäkologischen Praxis zeigte sich bei der Untersuchung der linken Brust der Patientin eine Verhärtung links außen oben. Es wurde eine Mammasonografie durchgeführt und der Patientin eine Wiedervorstellung in drei Monaten empfohlen. Nach fünf Monaten stellte sich die Patientin erneut vor. Dabei wies sie neben der Verhärtung in der linken Brust auch eine sichtbare oberflächliche Hautrötung auf. Neben einer erneuten Sonografie wurde gegenüber der Patientin die Empfehlung zur Wiedervorstellung zwecks Kontrolle nach drei Monaten oder sofort bei Veränderung oder Verschlechterung ausgesprochen ‒ wie das Gericht der Behandlungsdokumentation entnehmen konnte. Erst neun Monate später meldete sich die Patientin wieder und beklagte weitere Veränderungen der Brust. Die durchgeführte Diagnostik ergab schließlich ein Karzinom. Dieses wurde im Wege einer neoadjuvanten Chemotherapie mit nachfolgender Operation angegangen, wobei trotzdem weitere Metastasen nachfolgten. Die Patientin erhob Haftungsklage mit dem Vorwurf, das Behandlungsmanagement in der Praxis sei fehlerhaft gewesen. Insbesondere wollte sie den „schwarzen Peter“ der unterbliebenen Wiedervorstellung dem Arzt zuschieben mit dem Argument, dieser hätte einer „Einbestellungspflicht“ nachzukommen.

     

    Entscheidungsgründe

    Dem erteilte das OLG Köln jedoch eine Absage. Das Behandlungsmanagement sei insgesamt nicht zu beanstanden gewesen. Eine „Einbestellungspflicht“ sei grundsätzlich nicht anzunehmen. Dem stehe die Entscheidungsfreiheit des Patienten, ob und bei wem er sich behandeln lasse, entgegen. Insofern dürfe der Arzt ein eigenverantwortliches Handeln des Patienten voraussetzen. Der Gedanke einer zwangsweisen Einbestellung und Behandlung sei der Rechtsordnung fremd ‒ zumal dem Arzt ohnehin keine Zwangsmittel zur Verfügung stünden, so die Argumentation der Richter des OLG Köln.

     

    PRAXISTIPP | Trotz des Urteils des OLG Köln kann die Arztseite abhängig von den Umständen des einzelnen Behandlungsfalls die Verpflichtung treffen, beim Patienten nachzuhaken. Dies etwa dann, wenn es um gravierende Befunde geht und Anhaltspunkte für schwierige persönliche Umstände oder ein mögliches Vergessen auf Patientenseite bestehen. Soweit der Patient aber aus freier und willentlicher Entscheidung heraus die Vereinbarung eines Wiedervorstellungstermins unterlässt, ist es nicht Aufgabe des Arztes, dem „hinterherzulaufen“. Jedenfalls sollten generell Empfehlungen für Wiedervorstellung und Kontrolltermine explizit in der Behandlungsdokumentation festgehalten werden, um einem möglichen späteren Haftungsprozess bestmöglich vorzubeugen.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2024 | Seite 16 | ID 50195017