· Fachbeitrag · Strafrecht/Verordnung
BGH: Keine Untreue eines Vertragsarztes durch Verordnung häuslicher Krankenpflege
von RA, FA MedizinR Dr. Sebastian Braun, Lex Medicorum . Kanzlei für Medizinrecht, Leipzig, lex-medicorum.de
| Das Arztstrafrecht umfasst nicht „nur“ Straftaten, die sich aus dem unmittelbaren Behandlungsverhältnis ergeben, sondern erstreckt sich ebenfalls auf den wirtschaftsstrafrechtlichen Sektor. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in dem Kontext bereits mehrfach zur Frage der Untreuestrafbarkeit niedergelassener Vertragsärzte gemäß § 266 Strafgesetzbuch (StGB) geäußert (z. B. Beschluss vom 16.08.2016, Az. 4 StR 163/16 ). Im Zentrum der Entscheidungen steht regelmäßig die Frage, ob der Vertragsarzt eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzt hat. Diese Frage ist auch Gegenstand eines aktuellen BGH-Beschlusses. Wie die Vermögensbetreuungspflicht (deren Verletzung Voraussetzung für „Untreue“ ist) zu verstehen ist und welche Relevanz der BGH-Beschluss für Vertragsärzte hat, zeigt dieser Beitrag (Beschluss des BGH vom 11.05.2021, Az. 4 StR 350/20 . |
Sachverhalt
Der angeklagte Vertragsarzt betrieb seine Hausarztpraxis in unmittelbarer räumlicher Nähe eines Pflegedienstes. Dieser war durch seine Ehefrau mitbegründet worden, die vorher ebenfalls als Ärztin mit dem Angeklagten zusammengearbeitet hatte. Die Ehefrau war jedoch nicht mehr im Besitz ihrer Approbation. Sie beabsichtigte, für ihre Patienten Anträge auf häusliche Krankenpflege zu stellen und lediglich vorzutäuschen, dass die Patienten dieser Pflege tatsächlich bedürfen. Tatsächlich war dies jedoch nicht der Fall. Dabei ging sie davon aus, dass die beantragten Pflegeleistungen genehmigt werden würden, sobald eine entsprechende ärztliche Verordnung vorlag. Diese stellte der angeklagte Ehemann als Vertragsarzt auf Anweisung seiner Ehefrau aus.
In der Folge wurden die gestellten Anträge auf Durchführung der häuslichen Krankenpflege genehmigt und durch die Ehefrau des Angeklagten bei den Krankenkassen abgerechnet. Dabei wurden der Abrechnung auch falsche Nachweise über die erbrachten Leistungen hinzugefügt. Der entstandene Vermögensschaden belief sich auf ca. 35.000 Euro.
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