· Fachbeitrag · Vertragsarztrecht
Abrechnungsbetrug: Arzt verliert Zulassung trotz Deal im Strafverfahren
von RA, FA MedR Philip Christmann, Berlin/Heidelberg, christmann-law.de
| Rechnet ein Vertragsarzt falsch ab, so kann dies zur Zulassungsentziehung wegen „gröblicher Pflichtverletzung“ führen. Der Zulassungsausschuss kann sich bei der Feststellung der gröblichen Pflichtverletzung auch auf die Feststellungen in einem Urteil eines Strafgerichts stützen. Das gilt auch dann, wenn dem Urteil ein sogenannter Deal zugrunde lag. Dies stellt auch keine (verbotene) Doppelbestrafung dar (Landessozialgericht [LSG] München, Urteil vom 28.06.2017, Az. L 12 KA 130/16). |
Der Fall
Der klagende Arzt sah sich mit einer Honorarrückforderung in Höhe von 216.492 Euro wegen Falschabrechnung konfrontiert. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss zurück. Parallel dazu verurteilte das zuständige Amtsgericht den Kläger wegen Betrugs in 16 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Dem Urteil ging eine Verständigung („Deal“) zwischen dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten voraus. Im Nachgang entzog der zuständige Zulassungsausschuss dem Kläger die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit, weil er seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt habe. Nach erfolglosem Widerspruch klagte der Arzt gegen die Zulassungsentziehung. Das Sozialgericht wies seine Klage zurück. Der Arzt ging in Berufung.
Die Entscheidung
Das LSG bestätigte die Zulassungsentziehung und wies die Berufung des Arztes zurück. Auch wenn strafrechtliche Deals im Allgemeinen kritisch gesehen werden, hatte das LSG München keine Bedenken, dass die Feststellungen des Amtsgerichts im Rahmen dieses Deals zur Grundlage einer Zulassungsentziehung gemacht wurden. Denn einerseits habe selbst das Bundesverfassungsgericht an Deals nichts auszusetzen, wenn bestimmte Regeln eingehalten werden. Und andererseits sei es im Anschluss an den Deal auch zu einer umfangreichen Beweisaufnahme gekommen. Zudem habe auch der Arzt selbst die Verurteilung wegen Betrugs als „richtig“ bezeichnet. Schließlich liege in der Zulassungsentziehung auch keine verbotene Doppelbestrafung, weil Strafe und Zulassungsentziehung unterschiedliche Aufgaben hätten. Die Zulassungsentziehung sei eine Verwaltungsmaßnahme, die nicht der Strafe, sondern der Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung diene.
PRAXISHINWEIS | Im Rahmen des sogenannten berufsrechtlichen Überhangs hat der betroffene Arzt stets zu berücksichtigen, dass ein Abrechnungsbetrug immer strafrechtliche, zulassungsrechtliche und auch approbationsrechtliche Folgen haben kann. Das eine schließt das andere nicht aus und die Zulassungsausschüsse und Approbationsbehörden können bei der Feststellung eines Verstoßes auch auf Strafurteile, ja auch auf Feststellungen aus einem strafrechtlichen Deal zurückgreifen. Daher ist betroffenen Ärzten immer zu raten, eine Gesamtlösung unter Einbeziehung aller Stellen anzustreben. |