· Fachbeitrag · Vertragsarztrecht
EBM-Notfallpauschale im privat organisierten Notfalldienst nicht abrechenbar
von RA, FA für Medizinrecht Dr. Paul Harneit, CausaConcilio, Kiel, www.causaconcilio.de
| Die Nr. 01100 des EBM ist in einem privat organisierten Notfalldienst nicht abrechnungsfähig. Dies hat das Landessozialgericht (LSG) Hamburg mit Urteil vom 7. Juni 2012 entschieden (Az: L 1 KA 59/09). |
Der Fall
Die Klägerin, eine Berufsausübungsgemeinschaft aus Vertragsärzten, bot gemeinsam mit weiteren Praxen im Rahmen eines Ärzteverbunds einen eigenverantwortlichen freiwilligen hausärztlichen Notfalldienst in der Notfallambulanz einer Klinik an. Im Rahmen der Honorarabrechnung nahm die Kassenärztliche Vereinigung (KV) eine Berichtigung der abgerechneten Leistungen nach Nr. 01100 EBM (unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten zwischen 19 und 22 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen) in 103 Fällen mit der Begründung vor, diese Gebührenziffer werde im Rahmen der Rufbereitschaft in Ansatz gebracht. Bei Teilnahme am Notdienst müsse aber davon ausgegangen werden, dass der Vertragsarzt durch Patienten in Anspruch genommen werde, sodass keine unvorhergesehene Inanspruchnahme vorliege. Klage und Berufung blieben erfolglos.
Die Entscheidung
Nach der Leistungsbeschreibung ist die Nr. 01100 EBM nicht berechnungsfähig, wenn Sprechstunden vor 7 Uhr oder nach 19 Uhr stattfinden oder Patienten zu diesen Zeiten bestellt werden. Nach Auffassung des LSG ist die von der KV vorgenommene Berichtigung der Abrechnung rechtmäßig, weil keine unvorhergesehene Inanspruchnahme des Vertragsarztes durch einen Patienten vorliegt, wenn dieser das vom Vertragsarzt vorgehaltene Angebot einer Notfallsprechstunde annimmt.
Es sei zu unterscheiden zwischen der Initiierung einer Notfallbehandlung durch den Patienten, der unvorhergesehener ärztlicher Behandlung während der Sprechstunde bedarf, und der Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung durch den Patienten zu einer Zeit, in der der konsultierte Arzt Notfalldienst verrichtet. Der medizinische Notfall möge jeweils unvorhergesehen sein; die Inanspruchnahme des Arztes sei es nicht.
PRAXISHINWEIS | Auch auf die Nr. 01210 EBM (Notfallpauschale im organisierten Notfalldienst) könne die Klägerin ihre Honorarforderung nicht stützen, befand das LSG. Denn organisierter Not(fall)dienst im Sinne dieser Gebührenposition sei nur der durch § 75 Abs. 1 S. 2 SGB V legal definierte Notdienst, deren Organisation den KVen zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Sicherstellungsverpflichtung obliege. Das Angebot eines Notfalldienstes außerhalb der üblichen Sprechstunden ist vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung für die Ärzteschaft finanziell kaum interessant. |