Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Wirtschaftlichkeitsprüfung

    Falscher Vertriebsweg kann Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot sein

    von RA, FA für MedR Stephan Gierthmühlen, Kiel, www.causaconcilio.de

    | Das Sozialgericht (SG) Magdeburg hat mit Urteil vom 9. Mai 2012 (Az: S 21 KA 97/08 ) Regresse wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise gegen eine Vertragsärztin bestätigt, die eine Gerinnungsfaktorzubereitung über eine öffentliche Apotheke bezogen hatte. Die Prüfungsstelle war zu dem Ergebnis gekommen, dass auch ein Direktbezug gemäß § 47 Arzneimittelgesetz (AMG) möglich gewesen wäre, der zu erheblich geringeren Kosten geführt hätte. Hierauf war die Vertragsärztin hingewiesen worden. |

    Die Entscheidung

    Das SG geht unter Rückgriff auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts von dem Grundsatz aus, dass eine Arzneimittelversorgung unwirtschaftlich ist, wenn eine gleich geeignete, aber weniger kostenaufwendige Behandlungsform zur Verfügung steht. Ein Sachleistungsanspruch desPatienten gegen seine Krankenkasse scheide daher aus, wenn anstelle des verordneten ein preiswerterer, therapeutisch gleichwertiger Wirkstoff zur Verfügung stünde, ohne Rücksicht darauf, ob die zugrunde liegende Arzneimittelverordnung grundsätzlich zulasten der Krankenkasse möglich war. Diese Grundsätze überträgt das SG hier auch auf die Wahl des Bezugswegs.

     

    Anmerkung

    Das Gericht begründet dies jedoch durch Verweis auf § 73 Abs. 1 S. 8 SGB V nur unzureichend. Es fehlt zum einen eine nähere Auseinandersetzung damit, dass Adressat dieser Regelung die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung sowie die Krankenkassen und ihre Verbände sind, nicht aber die Vertragsärzte selbst. Zum anderen hat der Gesetzgeber ausgeführt, dass die Neuregelung „nicht das Recht der freien Wahl des Anbieters durch Vertragsärzte und Versicherte“ berühre. Das Wirtschaftlichkeitsgebot so restriktiv auszulegen, dass nur die günstigste Bezugsquelle als wirtschaftlich zu betrachten ist, steht mit dieser Intention nicht im Einklang.

     

    Es mag das SG beeinflusst haben, dass die Ärztin trotz einer vorhergehenden Beratung durch die Prüfungsstelle den Direktbezug nicht gewählt hat. Verschließt sich ein Vertragsarzt bewusst und ohne weitere Begründung einer Kostenersparnis, ist ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot durchaus zu bejahen. Eine eigene Prüfungspflicht des Arztes, ob ein einzelnes Arzneimittel im Direktbezug beziehbar und dann günstiger wäre, erscheint jedoch auch im Hinblick auf § 73 Abs. 8 SGB V zweifelhaft.

     

    FAZIT | Die in der entscheidenden Frage nur unzureichend begründete Entscheidung des SG Magdeburg überzeugt nicht. Wenn aber offenkundig ein wirtschaftlicherer Bezugsweg offensteht und keine Gründe gegen diesen Bezugsweg sprechen, sollte dieser zur Meidung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen gewählt werden.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2012 | Seite 24 | ID 35016400