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  • · Fachbeitrag · Wirtschaftlichkeitsprüfung

    Prüfgremien dürfen Praxisbesonderheiten schätzen, aber nicht pauschalieren

    von RA Nico Gottwald, Ratajczak und Partner, Sindelfingen (www.rpmed.de)

    | Den Prüfgremien ist es bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Richtgrößen verwehrt, von ihnen anerkannte Praxisbesonderheiten mit pauschaler Begründung immer nur zu einem bestimmten Prozentsatz zu quantifizieren. Dies entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen mit Urteil vom 5. März 2014 (Az. L 3 KA 14/12, Abruf-Nr. 142244 ). |

     

    Der Fall

    Die klagende Internistin wehrte sich gegen einen Richtgrößenregress für das Jahr 2002. Der beklagte Beschwerdeausschuss hatte zwar bereits Praxisbesonderheiten anerkannt; die Klägerin machte jedoch unter anderem geltend, dass deren Umfang entweder nur unzureichend oder zum Teil in nicht nachvollziehbarer Weise berücksichtigt worden sei.

     

    Die Entscheidung

    Das Sozialgericht Hannover wies die Klage ab. Vor dem LSG Niedersachsen-Bremen war die Klägerin aber erfolgreich. Zunächst müsse der Vertragsarzt seine Praxisbesonderheiten so substantiiert wie möglich vortragen. Das Gericht bemängelte, dass der beklagte Beschwerdeausschuss die hier vorliegende Begründung zur Quantifizierung der Praxisbesonderheiten mittlerweile undifferenziert in einer Vielzahl von Richtgrößenprüfungen, unabhängig von der Facharztgruppe, verwende.

     

    Erkenne das Prüfgremium Praxisbesonderheiten an, müsste es im Anschluss den hierdurch gerechtfertigten Verordnungsumfang quantifizieren. Falls eine genaue Quantifizierung nicht möglich sei, hätten die Prüfgremien den Umfang zu schätzen. Die Prüfgremien dürften hierbei jedoch nicht pauschaliert vorgehen und ohne nähere Begründung einfach einen bestimmten Verordnungsumfang als gerechtfertigt anerkennen. Vielmehr müssten sie eine auf Tatsachenermittlungen basierende, einzelfallbezogene Schätzung vornehmen und das Ergebnis mit nachvollziehbaren Erwägungen belegen.

     

    FAZIT | Das Urteil ist erfreulich. Regelmäßig hält der Vertragsarzt einen Regressbescheid in den Händen, aus dem sich überhaupt nicht ergibt, welchen Verordnungsumfang die Prüfgremien als Praxisbesonderheit zu seinen Gunsten berücksichtigen und vor allem warum - was sicher zum Teil auch gewollt ist. So werden natürlich auch die Verteidigungsmöglichkeiten des Vertragsarztes stark eingeschränkt. Unter Berufung auf diese Entscheidung kann künftig jeder Vertragsarzt verlangen, dass ihm genau erläutert wird, auf welche Art und Weise die Prüfgremien eine bestimmte Praxisbesonderheit quantifiziert haben. Was die Prüfgremien von den Ärzten verlangen - einen substantiierten Vortrag zu seinen Praxisbesonderheiten - müssen sie künftig bei der Quantifizierung der anerkannten Praxisbesonderheiten selbst leisten.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 12 | ID 42870488