· Fachbeitrag · Kinderzahnheilkunde
G-BA beschließt Fluoridlackanwendungen für alle Kleinkinder, auch ohne hohes Kariesrisiko
| Auch Kleinkinder ohne erhöhtes Kariesrisiko sollen künftig Anspruch auf Fluoridanwendungen haben. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18.01.2024 auf Antrag der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) eine Änderung der Richtlinie über die Früherkennungsuntersuchungen auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (FU-RL) beschlossen. Dies teilte die KZBV am 18.01.2024 per Rundschreiben mit (online unter iww.de/s10239 ). Die Änderung der Richtlinie muss noch durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) geprüft werden. Sie tritt danach gleichzeitig mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. AAZ fasst die Änderung sowie deren Hintergründe zusammen. |
§ 10 FU-RL wird geändert
Nach dem Beschluss wird § 10 FU-RL geändert. Die Voraussetzungen für die Applikation von Fluoridlack für Kinder vom 6. bis vollendeten 33. Lebensmonat (FU1) und für Kinder vom 34. bis vollendeten 72. Lebensmonat (FU2) werden angeglichen. Die bisher in der Früherkennungsrichtlinie beschriebene Voraussetzung eines erhöhten Kariesrisikos für die Anwendung des Fluoridlacks für Kinder ab dem 34. Lebensmonat entfällt damit.
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Alte Fassung | Neue Fassung |
§ 10 Anwendung von Fluoridlack
1 Ab dem 34. Lebensmonat ist bei Kindern mit hohem Kariesrisiko ergänzend zu den oben genannten Maßnahmen die Anwendung von Fluoridlack zur Kariesvorbeugung angezeigt. 2 Ein hohes Kariesrisiko wird durch die folgenden Werte für kariöse, wegen Karies entfernte und gefüllte Zähne angezeigt:
Alter bis:
3 Für diese Kinder sollen die lokalen Fluoridanwendungen in regelmäßigen Abständen zweimal je Kalenderhalbjahr vorgenommen werden. 4 Diese Maßnahmen sind auf die Fluoridierungsanwendungen in der Gruppenprophylaxe abzustimmen. | § 10 Anwendung von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung
Zusätzlich zu den Früherkennungsuntersuchungen haben Versicherte im Alter vom 34. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat zweimal je Kalenderhalbjahr Anspruch auf eine Anwendung von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung. |
Hintergrund ist der IQWiG-Bericht zum Nutzen der Fluoridlackapplikation
Hintergrund, so die KZBV in ihrer Mitteilung vom 18.01.2024, sei der Bericht des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Nutzen der Fluoridlackapplikation im Milchgebiss zur Verhinderung von Karies (Rapid Report „Fluoridlackapplikation im Milchgebiss zur Verhinderung von Karies“ Bericht Nr. 613 vom 23. März 2018; online unter iww.de/s10232), aus dem ein positiver Nutzen der Fluoridlackapplikation unabhängig von der Karieserfahrung des Kindes hervorgehe.
Das IQWiG ermittelte für den Endpunkt Karies bei Kindern mit und ohne (initial-)kariöse Läsionen im Milchgebiss einen Hinweis auf einen höheren Nutzen für die Applikation von Fluoridlack im Vergleich zur üblichen Versorgung ohne spezifische Fluoridierungsmaßnahmen. Bei der Nutzenbewertung der Fluoridlackapplikation identifizierte das Institut keine Faktoren, die eine Modifikation der Effekte der Fluoridlackapplikation in Abhängigkeit vom Durchführen oder Nichtdurchführen einer vorherigen Kariesrisikoeinschätzung aufgezeigt hätten. Für den Nutzen des Fluoridlacks war es demnach nicht von Bedeutung, ob die Kinder kariesfrei waren oder bereits Karies hatten.
Regelung bezieht sich nicht auf das Milchgebiss, sondern auf die Altersspanne der Versicherten
Über die Regelungen der §§ 6 und 10 der FU-RL haben Versicherte vom 6. Lebensmonat bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs, also im Zeitraum des Milchgebisses, zweimal je Kalenderhalbjahr Anspruch auf eine Anwendung von Fluoridlack zur Schmelzhärtung. Es wird jedoch nicht auf das Milchgebiss, sondern auf die Altersspanne Bezug genommen, sodass auch bei in diesem Zeitraum möglicherweise bereits durchgebrochenen bleibenden Molaren Fluoridlack appliziert werden kann. Der positive präventive Nutzen der Fluoridlackapplikation sei im Ergebnis für alle Kinder bis zum vollendeten 6. Lebensjahr, unabhängig vom Kariesrisiko, gegeben. Die Bestimmung des Kariesrisikos an sich wird als Leistung gemäß § 8 FU-RL als wichtiger Indikator beibehalten.
BEMA-Nrn. und Abrechnungsbestimmungen bleiben gleich
Die Fluoridierung ohne Kariesrisikobestimmung kann mit den aktuell vorhandenen BEMA-Gebühren ohne Veränderung der Abrechnungsbestimmungen abgerechnet werden. Der Anwendungszeitraum und die Anwendungshäufigkeit bleiben von den Änderungen unberührt.
Weiterführende Hinweise
- Die neuen Früherkennungsuntersuchungen bei Kleinkindern im BEMA ‒ Fortsetzung Beispielsfall (AAZ 09/2019, Seite 5 ff.)
- Die neuen Früherkennungsuntersuchungen bei Kleinkindern im BEMA ‒ ein Beispielsfall (AAZ 08/2019, Seite 7 ff.)
- Die neuen Früherkennungsuntersuchungen bei Kleinkindern im BEMA ab dem 01.07.2019 (AAZ 07/2019, Seite 2 ff.)