· Fachbeitrag · Verfahrensrecht
Sachlich-rechnerische Berichtigungen: Neuer Sachvortrag auch vor Gericht noch zulässig
von RA Nico Gottwald, Ratajczak & Partner, Sindelfingen, www.rpmed.de
| In Verfahren der sachlich-rechnerischen Berichtigungen ist anders als in den Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch der neue Sachvortrag im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen. Dies entschied das Landessozialgericht ( LSG) Hessen mit Urteil vom 20. März 2013 (Az. L 4 KA 60/10 ). |
Der Fall
Die beklagte KZV setzte von der Abrechnung einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis in fünf Fällen jeweils die Bema-Nr. 59 (Mundboden- oder Vestibulumplastik) ab. Zur Begründung führte sie aus, die Nr. 59 sei hier nicht neben der GOÄ-Nr. 2694 abrechenbar. Hierzu liege bereits ein Urteil des SG Marburg vor. In ihrem Widerspruch führte die klagende Gemeinschaftspraxis aus, das Urteil des SG Marburg erfasse den konkreten Fall nicht, ohne dies weiter zu begründen. Mit der Klage gegen den ablehnenden Widerspruchsbescheid begründete die Praxis dann erstmalig, weshalb die beiden Ziffern nebeneinander abgerechnet werden könnten.
Das Sozialgericht (SG) Marburg wies die Klage ab (Az: S 12 KA 768/09). Die Absetzung der Leistungen sei zu Recht erfolgt. Die Praxis habe ihren Widerspruch nicht näher begründet. Mit neuem Sachvortrag könne sie im gerichtlichen Verfahren nicht mehr gehört werden.
Das Urteil des LSG Hessen
Das LSG Hessen wies die Berufung der Praxis zurück, kritisierte aber die Rechtsauffassung des SG Marburg, die nur für den Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfungen zutreffe. Dort stehe den Prüfgremien ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu. Oftmals müssten besondere Verhältnisse des Einzelfalls berücksichtigt werden. Diese könnten aber grundsätzlich nur dann Berücksichtigung finden, soweit sie vom Zahnarzt geltend gemacht würden. Dieser müsse daher alle Einwände bereits im Verwaltungsverfahren und nicht erst im gerichtlichen Verfahren vortragen. Die den Prüfgremien vorbehaltene Prüfung dürfe nicht in das gerichtliche Verfahren verlagert werden.
Bei der Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung handele es sich jedoch um einen Abrechnungsstreit, bei der eine Leistung auf ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung untersucht werde und bei der die Erkenntnismittel des Gerichts im Wesentlichen die gleichen seien wie die der KZV. Daher könne es dem Zahnarzt nicht verwehrt werden, den Nachweis der korrekten Leistungserbringung auch noch im gerichtlichen Verfahren zu führen.
FAZIT | Die Rechtsauffassung des LSG Hessen überzeugt und stärkt den Rechtsschutz der Zahnärzte in Verfahren der sachlich-rechnerischen Berichtigung. Die KZVen sind in diesen Verfahren nicht in dem Maße wie die Prüfgremien bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung auf die Mitwirkung des Zahnarztes angewiesen. |