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  • · Fachbeitrag · Wirtschaftlichkeitsprüfung

    So vermeiden Sie Kürzungen bei einer PAR-Therapie

    von Isabel Baumann, Betriebswirtin (Dipl. VWA), Praxismanagerin, Mülsen, praxiskonzept-baumann.de

    | Seit dem 01.07.2021 gilt die aktuelle PAR-Richtlinie. Sie hat Zahnarztpraxen zwar neue Abrechnungspotenziale eröffnet, aber auch zahlreiche Fragen aufgeworfen (vgl. AAZ-Sonderausgaben online unter den Abruf-Nrn. 47715640, 48023542, 49030380 und 50044065). Daran hat sich auch in den mehr als zwei Jahren, die die Richtlinie nun in Kraft ist, kaum etwas geändert. Der Teufel steckt oft im Detail: Ein häufiges Ärgernis für Zahnarztpraxen sind Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die zu nachträglichen Kürzungen bei bereits genehmigten PAR-Behandlungen führen. Was die häufigsten Ursachen sind und wie Sie Kürzungen vorbeugen, zeigt dieser Beitrag. |

    Diese Rechtsgrundlagen gelten für PAR-Behandlungen

    Grundlage jeder PAR-Behandlung und damit jeder Wirtschaftlichkeitsprüfung bei PAR-Behandlungen ist Abschnitt B. V. der Behandlungsrichtlinie (online unter iww.de/s11671) in Verbindung mit der PAR-Richtlinie (online unter iww.de/s11672). Dort sind alle Bestimmungen zur Diagnose, Dokumentation, zu den Vorbehandlungen und Nachkontrollen aufgeführt.

     

    Die Ziele der systematischen Behandlung von Parodontitis sind es,

    • entzündliche Veränderungen des Parodonts zum Abklingen zu bringen,
    • einem weiteren Attachment- und Zahnverlust und damit dem Fortschreiten der Erkrankung vorzubeugen und
    • den Behandlungserfolg langfristig zu sichern.

    Die fünf häufigsten Kürzungsgründe

    Missachtung des. o. g. Regelwerks führt in den meisten Fällen dazu, dass die Vergütung für die Behandlung gekürzt wird. Ursache ist oft die fehlende oder unzureichende Dokumentation erbrachter Leistungen. Denn auch bei PAR-Behandlungen gilt: Nur was dokumentiert ist, kann auch abgerechnet werden.

     

    1. Röntgenaufnahmen und Diagnostik sind unzureichend

    Sind Röntgenunterlagen zu alt, nicht vorhanden oder nicht brauchbar/auswertbar, so ist eine PAR-Behandlung nicht zulasten der GKV möglich. Im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung droht die Kürzung um die gesamte PAR-Behandlung (Antiinfektiöse Therapie und unterstützende Parodontaltherapie).

     

    PRAXISTIPP | Achten Sie daher auf vollständig auswertbare und technisch einwandfreie Röntgenbilder und OPGs. Die Röntgenaufnahmen dürfen nicht älter als 12 Monate sein. Können bei hinreichender Aufnahmequalität einzelne Bereiche nicht sicher beurteilt werden, so sind zusätzlich Einzelaufnahmen notwendig.

     

    Die Auswertung der Röntgenaufnahmen ist zu dokumentieren. Dabei sollte sichergestellt werden, dass diese Auswertungen mit den Werten des PSI vereinbar sind und den Richtlinien entsprechen. Der Röntgenbefund umfasst den röntgenologischen Knochenabbau sowie die Angabe des Knochenabbaus in Prozent und den Knochenabbauindex (KA%/Alter). Eine behandlungsbedürftige Parodontopathie liegt vor, wenn ein PSI-Wert von Code 3 oder 4 erhoben und dabei Sondierungstiefen von 4 mm und mehr vorliegen. Zusätzlich umfasst die parodontitisspezifische Anamnese die Erhebung von Risikofaktoren für Parodontitis:

    • 1. Diabetes mellitus mit Angabe des HbA1c-Wertes,
    • 2. Tabakkonsum (< 10 Zigaretten/Tag, > 10 Zigaretten/Tag oder äquivalenter Konsum anderer Tabakerzeugnisse oder verwandter Erzeugnisse).
    •  

    2. Eine PAR-Behandlung ist laut Richtlinie nicht angezeigt

    Die systematische Behandlung einer Parodontitis ist angezeigt, wenn eine der folgenden Diagnosen gestellt wird und dabei eine Sondierungstiefe von 4 mm oder mehr vorliegt:

    • 1. Parodontitis
      • a) Staging: basierend auf Schweregrad und Komplexität des Managements und die Ausdehnung und das Verteilungsmuster
      • b) Grading
    • 2. Parodontitis als Manifestation systemischer Erkrankungen,
    • 3. Andere das Parodont betreffende Zustände: generalisierte gingivale Vergrößerungen.

     

    Bei weit fortgeschrittenem Knochenabbau von über 75 Prozent oder einem Furkationsbefall von Grad III ist bei gleichzeitigem Vorliegen eines Lockerungsgrades III in der Regel die Entfernung des Zahnes angezeigt. Hier ist entsprechend das Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Sozialgesetzbuch (SGB) V zu beachten.

     

    MERKE | Gemäß PAR-Leitfaden der KZBV sind die „früheren Voraussetzungen, wie das Fehlen von Zahnstein und sonstiger Reizfaktoren sowie die Überprüfung der Mitarbeit des Patienten nicht mehr in der Richtlinie aufgeführt und somit als Voraussetzung weggefallen“ (vgl. Leitfaden für PAR-Gutachterinnen und -Gutachter, überarbeitete Fassung vom 01.07.2021, online unter iww.de/s11673 > Leitfaden und Konzept > Leitfaden für PAR-Gutachterinnen und -Gutachter).

     

    3. Der Patient wird trotz bekannter unzureichender Compliance behandelt

    Der Patient ist nach wie vor auf die Notwendigkeit seiner Mitwirkung hinzuweisen und über die richtige Mundhygiene aufzuklären. Das ergibt sich auch aus den Bestimmungen zum Aufklärungs- und Therapiegespräch (ATG) und der Mundhygieneunterweisung (MHU). Achtung: Das ATG und die MHU sind erst nach der Genehmigung zu erbringen und abrechenbar.

     

    PRAXISTIPP | Ist im Voraus klar, dass der Patient eine schlechte Compliance hat (z. B. Patient hat in der Vergangenheit mehrfach Termine nicht eingehalten), prüfen Sie streng entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 (SGB) V, ob eine PAR-Therapie zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) infrage kommt.

     

    4. Die Behandlungsschritte werden in der falschen Reihenfolge durchgeführt

    Im Rahmen der zahnärztlichen Behandlung ist die Einhaltung der in der Richtlinie vorgeschriebenen Reihenfolge einzuhalten. Es ist erst die konservierende Behandlung (Kons) durchzuführen, dem folgen die chirurgischen Leistungen. Erst im Anschluss kommt die PAR-Behandlung gefolgt von der prothetischen Versorgung.

     

    PRAXISTIPPS |

    • Stellen Sie im Rahmen der eingehenden Untersuchung einen insuffizienten Kronenrand fest, welcher für das Parodontium einen externen Reiz darstellt, so ist es ratsam, bei der Krankenkasse einen Heil- und Kostenplan (HKP) unter Vorbehalt einzureichen, um der Kasse die Möglichkeit einer gutachterlichen Überprüfung zu geben.
    • Auf dem HKP sollten die Hinweise auf die PAR-Therapie sowie zur Kenntnisnahme oder HKP unter Vorbehalt der PAR-Therapie vermerkt werden.
    • Nicht erhaltungswürdige bzw. nicht therapiewürdige Zähne sind vor der PAR-Behandlung zu extrahieren. Bei einer Prüfung werden in diesem Fall in der Regel „nur“ die Leistungen an den nicht therapiewürdigen Zähnen gekürzt.
    • Zum Ausschluss von Pseudotaschen ist eine professionelle Zahnreinigung vor der Taschentiefenmessung empfehlenswert, aber gemäß Richtlinie nicht zwingend notwendig.
     

    5. Nachbehandlung und Nachkontrollen sind unzureichend

    Im Rahmen der PAR-Therapie sind Nachbehandlungen erforderlich. Sie dienen der Sicherung des Behandlungserfolgs. Eine unzureichende Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen der Nachbehandlung führt zu Kürzungen im Rahmen einer Prüfung.

     

    MERKE | Aktive Maßnahmen können beispielsweise das Einbringen von Salben oder das Spülen mit desinfizierenden Substanzen, das Entfernen von Nähten und weitere Maßnahmen sein. Bei Abrechnungsberatungen stelle ich häufig fest, dass lediglich die BEMA-Nr. 111 dokumentiert wurde, ohne Angabe der durchgeführten Maßnahmen oder verwendeten Materialien/Medikamente. Im Falle einer Prüfung werden diese Behandlungsleistungen entsprechend gekürzt.

     

    Die Befundevaluation erfolgt drei bis sechs Monate nach Abschluss der antiinfektiösen Therapie. Die hierzu notwendige Dokumentation des klinischen Befunds umfasst:

     

    • 1. Sondierungstiefen und Sondierungsblutung an mindestens zwei Stellen pro Zahn von 0,5 mm oder darüber sind aufzurunden
    • 2. Zahnlockerung
    • 3. Furkationsbefall

     

    Der Röntgenbefund umfasst den röntgenologischen Knochenabbau sowie die Angabe Knochenabbau (%/Alter) und der Vergleich mit den Befunddaten des Ausgangsbefunds sowie die zielgenaue Planung des weiteren Vorgehens. Beim Röntgenbefund sind die Strahlenschutzbestimmungen zu beachten und es ist ggf. auf eine vorhandene Röntgenaufnahme zurückzugreifen.

     

    • So läuft eine systematische PAR-Behandlung ab
    • 1. Erstellen eines Gesamtbefundes und Diagnose Parodontitis: Dazu zählt der lokale Befund, der Parodontale Screening Index sowie die Auswertungen der Röntgenaufnahmen und deren Dokumentation.
    • 2. Professionelle Zahnreinigung zur Beseitigung von Pseudotaschen (Privatvereinbarung gem. § 8 Abs. 7 BMV-Z)
    • 3. PAR-Status: Erstellen des Parodontalstatus inklusive aller notwendigen Angaben (Sondierungstiefen, Zahnlockerungen, Furkationsbefall, Staging und Grading etc.), Befund Dokumentation, vorhandene Röntgenaufnahmen sollten nicht älter als 12 Monate sein.
    • 4. Behandlungsbeginn nach erfolgter Genehmigung: Aufklärungs- und Therapiegespräch (nicht neben der antiinfektiösen Therapie in der gleichen Sitzung) und anschließender Mundhygieneunterweisung, gefolgt von der Antiifnektiösentherapie inkl. Nachkontrollen und ggf. einer adjuvanten Antibiotikatherapie
    • 5. Befundevaluation und Beginn der unterstützenden Parodontaltherapie
     

    Abrechnungsbeispiel: So kann eine PAR-Behandlung aussehen

    Das folgende Beispiel zeigt, wie ein Betreuungskonzept für einen gesetzlich versicherten PAR-Patienten sachgerecht dokumentiert und abgerechnet wird.

     

    • Betreuungskonzept eines PAR-Patienten (GKV)
    Datum
    Zahn
    Leistung
    BEMA
    GOZ

    01.07.

    Halbjährliche Kontrolluntersuchung eingehender Befund (Zahnstein massiv)

    01 (U)

    PSI erhoben (Code 3‒4), Vordruck ausgehändigt

    04 (PSI)

    Aufklärung des Patienten über vorhandene Zahnfleischtaschen, Entstehung von Parodontitis, Behandlungsmöglichkeiten und Gefahr des Zahnverlustes bei Nichtbehandlung

    OK/UK

    OPG angefertigt und ausgewertet

    Ä935d (OPG)

    17‒27, 37‒47

    Zahnstein und harte Beläge entfernt

    107 (Zst)

    16

    Scharfe Kante an vorhandener Krone zervikal-distal entfernt

    106 (sK)

    Intensive Beratung über außervertragliche Leistungen (Mundhygienestatus, Professionelle Zahnreinigung)

    Ä1

    Erstellen eines Kostenvoranschlags und der Privatvereinbarung nach § 8 Abs. 7 BMV-Z

    0030

    Patientenunterlagen werden dem Patienten erläutert und mitgegeben

    09.07.

    17‒27,

    37‒47

    Mundhygienestatus erstellt, Schwachstellen mit Patient besprochen, API und SBI erhoben, Hinweise zur Mundhygiene und Putztechnik gegeben (Dauer: 27 Min.)

    1000

    Motivation PAR-Therapie, Mitarbeit und Einschränkung Zigarettenkonsum

    17‒27, 37‒47

    Professionelle Zahnreinigung

    28 x 1040

    26

    Füllungspolitur

    2130

    27

    scharfkantigen Füllungsrand geglättet

    sK (106)

    16, 46, 45

    Zahnfleischtasche ‒ CHX-Gel appliziert

    3 x 4025

    26.07.

    Kontrolluntersuchung ‒ Mundhygiene ist deutlich besser geworden, Patient gibt an, weniger zu rauchen. Im Molarenbereich noch weiche Beläge, nochmalige Aufklärung über Schwachstellen und Putztechnik

    1010

    noch

    26.07.

    17, 27, 46, 47, 36, 37

    Nachkontrolle und Nachreinigung nach Zahnsteinentfernung

    6 x 4060

    Erneut PSI erhoben, zur Kontrolle (Code 3‒4)

    4005

    Aufklärung über PAR Notwendigkeit ‒ Motivation

    16

    CHX-Gel appliziert

    4025

    Erstellung des PA-Status ‒ Sondierungstiefen, Sondierungsbluten, Lockerungsgrad, Furkationsbefall, Staging und Grading, Angabe von Diabetes, Tabakkonsum und systemischen Erkrankungen

    4

    01.08.

    Genehmigter PA-Status von Krankenkasse zurück

    05.08.

    Aufklärungs- und Therapiegespräch

    ATG

    14.08.

    Patientenindividuelle Mundhygieneunterweisung über Bestimmung des Entzündungszustandes, Anfärben der Zähne, individuelle Mundhygieneinstruktion, praktische Anleitung zur Mundhygiene

    MHU

    OK

    Oberflächenanästhesie

    2 x 0080

    17‒27

    Infiltrationsanästhesie

    8 x 40 (I)

    17‒27

    Geschlossenes Vorgehen: Entfernung aller supragingivalen und klinisch erreichbaren subgingivalen weichen und harten Beläge (Biofilm und Konkremente), Gingivektomie/Gingivoplastik

    8 x AITa

    6 x AITb

    17, 16, 27, 24

    CHX-Gel appliziert

    4 x 4025

    15.08.

    37‒47

    Oberflächenanästhesie

    2 x 0080

    37‒47

    Leitungsanästhesie

    2 x 41a (L1)

    37‒47

    Geschlossenes Vorgehen: Entfernung aller supragingivalen und klinisch erreichbaren subgingivalen weichen und harten Beläge (Biofilm und Konkremente), Gingivektomie/Gingivoplastik

    10 x AITa

    4 x AITb

    37‒47

    Dekontamination der Zahnfleischtaschen mittels Laser, je Zahn

    § 6 Abs. 1

    17‒27

    Nachbehandlung Taschenspülung und Applikation CHX-Gel

    111

    19.08.

    17‒27,

    37‒47

    Nachbehandlung Taschenspülung und Applikation CHX-Gel

    111

    26.08.

    17‒27,

    37‒47

    Nachbehandlung Taschenspülung und Applikation CHX-Gel

    111

    02.12.

    Evaluation der parodontalen Befunde im Rahmen der systematischen PAR-Therapie. Klinische Befundung (Sondierungstiefen, Sondierungsbluten, Zahnlockerung und Furkationsbefall, röntgenologischer Knochenabbau, Vergleich der erhobenen Daten mit den Befunddaten des Parodontalbefundes. Erläuterung Ablauf und Nutzen der Unterstützenden Parodontaltherapie

    BEVa

    17

    Einzelzahnaufnahme, Referenzzahn

    Ä925a (Rö2)

    06.12.

    1. UPT-Sitzung

    Mundhygienekontrolle (API, SBI erhoben)

    UPTa

    Mundhygieneunterweisung

    UPTb

    17‒27,

    37‒47

    Supragingivale/gingivale Reinigung aller Zähne

    28 x UPTc

    45, 44, 25

    Subgingivale Reinigung, einwurzelige Zähne

    3 x UPTe

    47, 46, 27, 26

    Subgingivale Reinigung, mehrwurzelige Zähne

    4 x UPTf

    Taschenspülung mit CHX-Lösung

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2024 | Seite 4 | ID 50175650