· Fachbeitrag · Wirtschaftlichkeitsprüfung, Teil 2
Vorwurf der Unwirtschaftlichkeit verhindern: Diese Spielregeln müssen Sie beachten
von Yvonne Lindner, ZMV, Jena, www.dentalcheck-thueringen.de
| Wer als niedergelassener Zahnarzt erst einmal in das Visier der Prüfgremien gelangt ist, dessen Abrechnungsverhalten wird genauestens analysiert. Wiederholen sich Abrechnungsfehler, wird dem Zahnarzt grobe Fahrlässigkeit sowie das Nichtbeachten des Wirtschaftlichkeitsgebots unterstellt. Welche Spielregeln Sie beachten sollten, um erst gar nicht „auffälligv“ zu werden, zeigt Ihnen dieser zweite Teil der Beitragsserie zur Wirtschaftlichkeitsprüfung. |
Grundlagen im Rahmen des Wirtschaftlichkeitsgebots
Grundlage für die Abrechnung von vertragszahnärztlichen Leistungen ist der BEMA. Den BEMA finden Sie in Anlage A des Bundesmantelvertrags für Zahnärzte (BMV-Z). In den verschiedenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses wird das Wirtschaftlichkeitsgebot der vertragszahnärztlichen Versorgung zu den fünf BEMA-Teilen detailliert beschrieben. Diese dienen somit als Wegweiser durch die Abrechnung von gesetzlichen Leistungen. Es folgt ein Praxisbeispiel für das Zusammenspiel von BEMA-Bestimmungen und Behandlungsrichtlinie.
Praxisbeispiel: Cp-Patient mit durchscheinender Pulpa
Bei einem 38-jährigen Patienten diagnostizieren Sie an Zahn 26 eine Caries Profunda (Cp). Während der Füllungspräparation stellen Sie fest, dass die Pulpa bereits durchscheint und die Kavitäten jeweils von mesial sowie von distal/palatinal überkappt werden müssen. Für die definitive Füllungslegung muss der Zahn zum Nachbarzahn mittels Keil und Matrize separiert werden.
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Zahn/Regio | BEMA | Leistung | Anzahl |
26 | 8 (ViPr) | Sensibilitätsprüfung (positiv) | 1 |
26 | 25 (Cp) | Indirekte Überkappung der vitalen Pulpa, mesial, distal/palatinal | 2 |
26 | 12 (bMF) | Besondere Maßnahmen beim Füllen/Präparieren | 1 |
26 | 13a (F1) | Füllung, einflächig | 1 |
26 | 13b (F2) | Füllung, zweiflächig | 1 |
Erläuterungen zur Abrechnung der ViPr
In der konservierenden Behandlung hat die Erhaltung der vitalen Pulpa Vorrang (Behandlungsrichtlinie III 8 BMV-Z). Mit der Prüfung und ggf. Feststellung der Vitalität werden Sie der Richtlinie gerecht und können anhand des Testergebnisses feststellen, ob die Pulpa vital ist, um dann indirekte oder bei Eröffnung der Pulpa direkte Überkappungen vorzunehmen. Eine Vitalitäts- bzw. Sensibilitätsprüfung ist somit Pflicht vor Cp/P-Behandlungen.
Erläuterungen zur Abrechnung der Cp
Mit den indirekten Überkappungen werden notwendige Maßnahmen zum Pulpenschutz vorgenommen (Behandlungsrichtlinie III 3.c BMV-Z). Wichtig ist, dass alle Regionen der Überkappungen notiert werden, um dann auch die Anzahl dementsprechend abzurechnen ‒ je Kavität (hier: mesial und distal/palatinal).
Erläuterungen zur Abrechnung der F1/F2
Plastische Füllungen sind auch im Seitenzahnbereich im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung zu erbringen (Behandlungsrichtlinie III 5. BMV-Z). Mehrfarbentechnik im Sinne der ästhetischen Optimierung ist nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung und wäre über die Mehrkostenvereinbarung bei Füllungen nach § 28 SGB V mit dem Patienten zu vereinbaren.
Pflicht zur „peinlich genauen Abrechnung“
„Die Verpflichtung zur korrekten und peinlich genauen Abrechnung gehört zu den Grundpflichten eines jeden Vertragszahnarztes“. Diese Grundanforderung stellte das Bundessozialgericht (BSG) bereits im Jahr 1993 (Urteil vom 24.11.1993, Az. 6 RKa 70/91). Das heißt: Sie als Vertragszahnarzt sind dazu verpflichtet, die selbstständig erbrachten zahnärztlichen Leistungen zu dokumentieren und gegenüber Ihrer zuständigen KZV abzurechnen. Fahrlässige und wiederholte Fehler können mit Disziplinarmaßnahmen geahndet werden. Es gilt: Wird eine Leistung gegenüber der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) geltend gemacht, ohne dass deren gesamte Abrechnungsvoraussetzungen erbracht wurden, spricht man von einer Falschabrechnung.
Mit der Übermittlung sämtlicher Leistungen an Ihre KZV verantworten Sie die Richtigkeit der übermittelten Datensätze. Dazu gehört auch die Fremdlaborrechnung von zahntechnischen Leistungen!
Wirtschaftlichkeitsgebot
Auch eine unwirtschaftliche Behandlungs- und Verordnungsweise kann Kürzungen der erbrachten Leistungen nach sich ziehen.
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Ein Patient besteht auf permanente Folgerezepte der manuellen Therapie (MT), ohne dass Sie den aktuellen klinischen Zustand des Patienten kontrollieren noch überprüfen können, ob das Therapieziel mit Ihrer Verordnung erreicht wird. Manuelle Therapie ist eine flankierende Behandlung zur Schienentherapie, die zahnärztlicher Kontrolle bedarf. Eine Behandlungsnotwendigkeit muss zahnärztlich festgestellt werden, auch bei Folgerezepten. |
Bei dauerhaften Verstößen gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot in mindestens drei aufeinanderfolgenden Quartalen drohen Disziplinarmaßnahmen. Hierbei gibt es in den einzelnen KZV-Bereichen Unterschiede.
Einhalten des Sachleistungsprinzips
Ein Patient, der mit einer gültigen elektronischen Gesundheitskarte (eGK) Ihre Vertragszahnarztpraxis konsultiert, hat Anspruch auf das sogenannte Sachleistungsprinzip. Das heißt, der Zahnarzt hat Sachleistungen grundsätzlich ohne Zuzahlungen zu erbringen. Ausnahmen davon können sein:
- Patienten, die für die zahnärztliche Versorgung vorab bei der gesetzlichen Krankenkasse die Kostenerstattung gewählt haben (§ 13 Abs. 2 SGB V);
- Patienten, die ohne (gültige) elektronische Gesundheitskarte (eGK) behandelt werden wollen. Dann ist eine Privatbehandlung notwendig, die gemäß § 8 Abs. 7 BMV-Z schriftlich zu vereinbaren ist.
Werden private Zusatzleistungen oder ausschließlich private Leistungen erbracht, die im Leistungskatalog der GKV gelistet sind, stellt dies eine Pflichtverletzung des Behandlers dar. Auch private Zuzahlungen, die nicht kostendeckende Kassenleistungen kompensieren, sind nicht zulässig.
Besteht der gesetzlich versicherte Patient darauf, von Ihnen privat behandelt zu werden, muss er dies ausdrücklich vor der Behandlung äußern. Eine schriftliche Vereinbarung und eine gute Dokumentation sind unerlässlich.
Mitwirkungspflichten des Zahnarztes
Der Vertragszahnarzt ist dazu verpflichtet, dem Prüfgremium Unterlagen (Karteikarten, Situationsmodelle, Röntgenbilder etc.) zur Verfügung zu stellen sowie Auskünfte und Erläuterungen zu prüfrelevanten Sachverhalten zu geben.
Persönliche Leistungserbringung beachten
Der Zahnarzt muss GKV-Patienten grundsätzlich persönlich behandeln. Die Delegation an zahnärztliches bzw. an Fachpersonal ist bei geeigneter Qualifikation möglich. Das heißt: Delegierte zahnärztliche Leistungen, die von geeignetem Fachpersonal erbracht werden, stellen somit persönliche Leistungen des Vertragszahnarztes dar. Die Delegation zahnärztlicher Leistungen an nicht zahnärztliches Personal oder qualifiziertes Fachpersonal ist möglich, wenn
- es sich um eine delegationsfähige Leistung nach § 1 Abs. 5 und 6 ZHG (Zahnheilkundegesetz) handelt,
- die Mitarbeiterin zum Erbringen der Leistung qualifiziert ist,
- der Zahnarzt die konkrete Leistung anordnet (mit fachkundiger Einweisung),
- der Zahnarzt die Leistung kontrolliert und überwacht.
Delegierbar sind z. B. die Professionelle Zahnreinigung (PZR), das Erstellen von Röntgenbildern, Abformungen sowie das Entfernen von Zahnstein oder von Ligaturen (KFO). Untersuchungen (01), Diagnosen, Therapie- und Behandlungsplanungen sowie operative Eingriffe (Inz, Exz, Ex) hingegen sind nicht delegierbare zahnärztliche Leistungen.
Weiterführender Hinweis
- In Teil 3 der Beitragsserie wird anhand von Praxisbeispielen dargestellt, wie Sie Auffälligkeiten vermeiden können und dennoch ein optimales Honorar erzielen.