27.02.2008 | Kassenabrechnung
Häufigste Irrtümer in der Kassenabrechnung und wie man sie vermeidet, Teil 5: Irrtümer 29 bis 35
Im fünften Teil stellen wir Ihnen wieder Irrtümer aus der konservierend-chirurgischen Kassenabrechnung vor, die in Prüfungsausschusssitzungen besonders häufig beanstandet werden. Sie zu vermeiden bedeutet, Ärger und Geld zu sparen. Die ersten vier Teile sind in „Abrechnung aktuell“ Nrn. 9 bis 12/2007 erschienen und können auch im Online-Archiv abgerufen werden (www.iww.de; in „myIWW“ einloggen).
Irrtum 29: Die Exz1 ist für jede Beseitigung von Zahnfleisch berechenbar
Unter der Bema-Nr. 49 (Exz1) wird die „Exzision von Mundschleimhaut oder Granulationsgewebe für das Gebiet eines Zahnes“ berechnet. Hierbei ist jedoch die Bestimmung Nr. 1 zu beachten, nach der „eine Leistung nach Nr. 49 in derselben Sitzung nicht für dasselbe Gebiet neben einer anderen chirurgischen Leistung abrechnungsfähig“ ist. Das bedeutet, dass die Exz1 nur als selbstständige Maßnahme und keinesfalls im Zusammenhang mit einem anderen operativen Eingriff abgerechnet werden kann.
Wird also im Zuge einer operativen Weisheitszahnentfernung vor dem Vernähen der Wunde überschüssiges Zahnfleisch entfernt, so ist diese Verrichtung Teil der Osteotomie und erfüllt nicht den Leistungsinhalt der Exz1. Erfolgt allerdings in einer Sitzung an einer Stelle ein chirurgischer Eingriff und wird an einer anderen Zahnfleisch oder Granulationsgewebe abgetragen, können beide Leistungen nebeneinander berechnet werden.
Zu beachten ist überdies, dass die bloße Verdrängung überschüssigen Zahnfleisches im Zuge der Füllungstherapie lediglich als bMF – und dann je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich – berechnet werden kann, während die chirurgische Beseitigung den Ansatz der Exz1 (für das Gebiet eines Zahnes) bedingt. Dies widerspricht keinesfalls besagter Abrechnungsbestimmung, da es sich bei einer Füllung ja nicht um eine chirurgische Leistung handelt. Allerdings ist die genaue Art der Zahnfleischentfernung exakt zu dokumentieren.
Irrtum 30: Ein isolierter parodontalchirurgischer Eingriff wird als Exz1 abgerechnet
Immer wieder kommt es vor, dass an einem einzelnen Zahn eine Zahnfleischtasche parodontalchirurgisch behandelt werden muss, ohne dass das Gebiss einer generellen Par-Therapie bedarf. Möglicherweise handelt es sich bei der parodontalen Erkrankung auch um ein isoliertes Rezidiv nach vorausgegangener Par-Behandlung.
Viele Praxen rechnen für die hier erforderliche Kürettage oder Lappenoperation die Bema-Nr. 49 (Exz1) ab. Korrekt ist jedoch der Ansatz der höher bewerteten Nr. 50 (Exz2). Voraussetzung ist, dass der parodontalchirurgische Eingriff vollständig erfolgt, dass mit dieser Vorgehensweise nicht eine erforderliche generelle Par-Sanierung umgangen wird, dass danach die übliche Abheilungszeit eingehalten wird und am fraglichen Zahn nicht zeitgleich ein anderer chirurgischer Eingriff erfolgt (Dokumentation!).
Achtung: Regionale Unterschiede in der Auslegung, ob Exz2 oder Exz1 abgerechnet werden sollte, sind möglich!
Irrtum 31: Die Entfernung einer störenden Knochenkante einige Zeit nach einer Extraktion wird als KnR abgerechnet
Die Bema-Nr. 58 (KnR) ist immer wieder Gegenstand fehlerhafter Abrechnungen. Besonders häufig wird sie fälschlicherweise für die Beseitigung von Knochenkanten und -vorsprüngen berechnet, die ihre Ursache in einer vorausgegangenen Extraktion haben. Leistungsinhalt der KnR ist jedoch die präprothetische Umformung des Alveolarfortsatzes am ausgeheilten Kiefer. Die Maßnahme hat also die Verbesserung des Prothesenlagers und nur sehr bedingt die Beseitigung scharfer Knochenkanten oder ähnlicher Extraktionsfolgen zum Ziel.
Man rechnet sie – je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich – ab, wenn eine Kieferkammdeformität, ein Knochenwulst oder -vorsprung beseitigt wird, der für eine nachfolgende prothetische Versorgung eine ungünstige Voraussetzung darstellt. Häufiger noch kommt die KnR zum Einsatz, wenn anatomische Knochenveränderungen zu korrigieren sind: beispielsweise eine anlagemäßige Exostose, ein Torus palatinus oder mandibulae, unter sich gehende Alveolarfortsatzabschnitte oder distolaterale Knochenwülste im Molarenbereich. Diese haben für sich genommen keinerlei Krankheitswert, stellen für die nachfolgende prothetische Versorgung jedoch ein Hindernis dar, das vorher beseitigt werden muss.
Die Beseitigung extraktionsbedingter scharfer Knochenkanten wird dagegen entweder unter der Bema-Nr. 46 (XN) oder der Nr. 62 (Alv) abgerechnet. Die XN ist heranzuziehen, wenn die Maßnahme ohne Aufklappung des Zahnfleischs erfolgt, die Alv, wenn eine solche Aufklappung erforderlich ist. Die Bestimmung, wonach die Alv nur im Zusammenhang mit der Extraktion im Gebiet von mindestens vier Zähnen pro Kiefer berechenbar ist, zählt dabei nicht. Sie ist nur zu beachten, wenn die Alveolotomie in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Zahnentfernung – also in derselben Sitzung – erfolgt.
Irrtum 32: Medikamentöse Behandlung einer Druckstelle als Mu abrechenbar, wenn neue Prothese länger als drei Monate eingegliedert
Die Vorschrift, wonach die Behandlung einer Druckstelle durch Abschleifen des Prothesenrandes (sK) und Aufbringen einer Heilsalbe (Mu) frühestens drei Monate nach der Eingliederung des Zahnersatzes abrechnungsfähig ist, ist allgemein bekannt. Missachtet wird dagegen häufig, dass die Drei-Monats-Frist auch nach Maßnahmen zur Wiederherstellung der Funktion gilt. Wird also beispielsweise eine OK-Totalprothese vollständig unterfüttert und sind anschließend Druckstellen zu behandeln, so ist dies ebenfalls in den ersten drei Monaten nach der Unterfütterung Teil der Nachsorge und in dieser Zeit nicht gesondert berechenbar.
Irrtum 33: Für die Entfernung von Zahnstein an einer Prothese kann man Zst berechnen
Der Text der Bema-Nr. 107 (Zst) lautet: „Entfernen harter Zahnbeläge, je Sitzung“. Daraus geht unmissverständlich hervor, dass die Position Zst nur für die Beseitigung derartiger Beläge an Zähnen, nicht jedoch an herausnehmbarem Zahnersatz berechnungsfähig ist. Immer wieder stellt sich jedoch in Prüfverfahren heraus, dass auch eine derartige „Prothesenreinigung“ nach der Nr. 107 abgerechnet wird. Wünscht der Patient die Entfernung von Belägen an seinem herausnehmbaren Zahnersatz, so kann dies nur privat – und zwar als Verlangensleistung nach § 2 Abs. 3 GOZ – in Rechnung gestellt werden.
Irrtum 34: Das Vernähen einer Wunde in getrennter Sitzung wird stets als XN abgerechnet
Muss an einer Wunde nach einem vorausgegangenen chirurgischen Eingriff in separater Sitzung eine Naht erneuert oder ergänzt werden, so rechnet man dies nach der Bema-Nr. 46 (XN) ab. Wird die Wunde jedoch vernäht, um eine Nachblutung zu stillen, so löst dies den Ansatz der Bema-Nr. 36 (Nbl1) aus. Es kommt bei der Abrechnung einer Naht in getrennter Sitzung also nicht allein auf die eigentliche Verrichtung an, sondern auch darauf, was damit bezweckt wird. Maßnahmen zur Stillung einer übermäßigen Blutung sind grundsätzlich, je nach Art und Umfang, unter einer der Bema-Positionen Nbl1 oder Nbl2 abzurechnen.
In diesem Zusammenhang muss noch auf einen weiteren Irrtum hingewiesen werden: Wenn im Leistungstext der Bema-Nr. 37 (Nbl2) von „Abbinden oder Umstechen eines Gefäßes“ die Rede ist, so ist damit keinesfalls das bloße Vernähen der Wunde durch Zusammenfügen der Ränder, sondern tatsächlich das gezielte Aufsuchen des blutenden Gefäßes mit nachfolgendem Verschluss durch eine Naht gemeint. Die einfache Blutstillung durch Vernähen wird daher grundsätzlich unter der Bema-Position Nbl1 abgerechnet.
Irrtum 35: Während der Operationssitzung kann keine Blutstillung berechnet werden
Wie bei der gegebenenfalls irrtümlichen Abrechnung der Exz1 anstelle der Exz2 für einen isolierten parodontalchirurgischen Eingriff handelt es sich auch hier um einen Abrechnungsfehler, der nicht zu Lasten der Krankenkasse geht, sondern dem Zahnarzt ihm zustehendes Honorar vorenthält. Auch das sollte gegebenenfalls in einem Prüfverfahren angesprochen werden.
Im Gegensatz zu N und XN können Nbl1 und Nbl2 auch dann abgerechnet werden, wenn die zugrunde liegende Leistung im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem chirurgischen Eingriff und nicht separat erfolgt. Voraussetzung ist, dass dafür „ein erheblicher zusätzlicher Zeitaufwand erforderlich“ ist. Das ist bei den umfangreichen Maßnahmen, die unter die Nbl2 fallen, grundsätzlich der Fall, bei einfacheren Verrichtungen nach der Position Nbl1 jedoch nur ausnahmsweise. (Achtung, Dokumentation nicht vergessen!)