20.09.2012 · IWW-Abrufnummer 122908
Sozialgericht Marburg: Urteil vom 20.06.2012 – S 12 KA 152/12
1. Kann ein Vertragszahnarzt die Röntgenaufnahmen nicht vorgelegen oder deren Verbleib nachweisen, so fehlt es an einem Nachweis für die Erbringung der Röntgenleistungen.
2. Für den Nachweis einer Osteotomie ist im Regelfall ein Röntgenbild ausreichend. Ist der röntgenologische Befund zweifelhaft, kann der Nachweis durch weitere Aufzeichnungen des Vertragszahnarztes, insbesondere einen OP-Bericht erbracht werden. Entscheidend ist nicht die Ausführlichkeit der Darlegungen, sondern die Nachvollziehbarkeit des Berichts für einen anderen Zahnmediziner. Pauschalierende Begründungen sind unzureichend.
3. Ohne eine röntgenologisch nachweisbare Zyste kann Nr. 56a BEMA-Z nicht abgerechnet werden. In Ausnahmefällen kann der Nachweis durch einen OP-Bericht erbracht werden.
S 12 KA 152/12
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um eine sachlich-rechnerische Berichtigung für das Quartal I/03 in über 70 Fällen in Höhe von noch 6.309,54 €.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit drei zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten. Herr Dr. med. Dr. med. dent. K. ist Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt. Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis sind Zahnärzte.
Der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen Hessen überwies mit Beschluss vom 19.04.2005 einen bei ihm anhängigen Vorgang zur Durchführung einer sachlich-rechnerischen Berichtigung an die Beklagte hinsichtlich der Leistungen nach den Nrn. 56a bis 56c (Zy1 bis Zy3) sowie der Positionen nach 47a (Ost1), 48 (Ost2) und 53 (Ost3).
Mit Bescheid vom 29.03.2007, der Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten am, 14.08.2007 zugegangen, nahm die Beklagte eine Berichtigung für das Quartal I/03 betreffend die Leistungen nach Nrn. 47, 47a (Ost1), 48 (Ost2), 53 (Ost3) und 56a bis 56c (Zy1 bis Zy3) bzw. Umwandlungen in entsprechend niedriger bewertete Leistungen sowie Röntgenleistungen in 74 Fällen in Höhe von 8.853,42 € vor. Diesen Betrag reduzierte sie unter Berücksichtigung des HVM-Einbehaltes für das Jahr 2003 auf 7.437,76 €. Zur Begründung führte sie aus, die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung einer Gebührenposition seien vom Vertragszahnarzt nachzuweisen. In der Regel genüge das Einreichen der Abrechnungsdaten auf Erfassungsschein oder Diskette. Komme es jedoch zu Beanstandungen, so habe der Vertragszahnarzt im Einzelfall die Voraussetzungen für die ordnungsgemäße Abrechnung der Leistungen unter Tragen des Beweislastrisikos nachzuweisen. Exemplarisch verweise sie auf das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt vom 30.08.1995 mit Az. S 27 KA 1670/95. Mit Blick auf die vorliegende Verweisung seien mittels einer Stichprobe die abgerechneten Gebühren und Behandlungsabläufe aus den prüfgegenständlichen Quartalen unter Einbeziehung der zur Verfügung gestellten Röntgenaufnahmen und der Karteiblätter einer eingehenden Überprüfung unterzogen worden. Sie gab allgemeine Hinweise zu den Leistungsvoraussetzungen der strittigen Leistungen und begründete die Absetzungen im Einzelnen fallbezogen.
Hiergegen legte die Kl ägerin am 27.04.2007 Widerspruch ein. Die Klägerin trug vor, der Bescheid sei bereits insofern rechtswidrig, als dass Verjährung respektive Verwirkung wegen Ablaufs der 4-Jahresfrist eingetreten sei. Die Umwandlungen der Ziff. 48 in die Ziff. 47 bzw. der Ziff. 47a in die Ziff. 44 seien rechtswidrig, da insbesondere bei der Ost2 das Vorliegen eines verlagerten und/oder retinierten Zahnes erforderlich sei. Die Umwandlung werde damit begründet, dass ein „Mehraufwand“ im Sinne der Ost2 nicht erkennbar sei. Ein Mehraufwand sei aber nicht Abrechnungsvoraussetzung. Gleiches gelte für die Umwandlung der Ost1 in die X2. Zu Nr. 47a (Ost1) (Entfernen eines Zahnes durch Osteotomie einschließlich Wundversorgung; Hemisektion und Teilextraktion eines mehrwurzeligen Zahnes) führte sie aus, dass das Entfernen eines Zahnes oder Wurzelrestes durch Aufklappen des Zahnfleisches mit Osteotomie (Knochenschnitt) (Nr. 47a) sowie Hemisektion (Halbierung eines Zahnes) und Teilextraktion eines mehrwurzeligen Zahnes (Nr. 47b; Hem) und Prämolarisierung (Nr. 47b; Hem) abrechnungsfähig sei. Zu Nr. 48 (Ost2) (Entfernen eines verlagerten oder retinierten Zahnes durch Osteotomie einschl. Wundversorgung) weise sie darauf hin, dass zu den nicht regelgerecht in der Zahnreihe sich befindenden Zähnen zu zählen seien retinierte Zähne, d.h., Zähne, die entweder keine Verbindung mit der Mundhöhle (vollretiniert) oder nur eine Verbindung mit einem Kronenanteil mit der Mundhöhle (teilretiniert) auswiesen, impaktierte Zähne, d.h., Zähne, die allseitig in Knochen eingebettet seien oder durch benachbarte strukturdichte Gebilde (Zähne, Tumoren) am Durchbruch in die Mundhöhle gehindert würden und tiefverlagerte Zähne, d.h., Zähne, die an falscher Stelle angelegt (Keimversprengung) oder ihre eigentliche Durchbruchsrichtung verlassen hätten und nun fehlerhaft im Kieferknochen lägen. Zu Nr. 53 (Ost3)(Osteotomie des Kiefers, Sequestrotomie) weise sie darauf hin, dass zu der Gruppe der entzündlichen Veränderungen, die durch eine Ost3 entfernt werden sollten, die Bildung von sog. Knochensequestern im Rahmen einer chronischen Osteomyelitis gehörten. Neben pathologischen Veränderungen des Kieferknochens selbst könnten auch alle nichtknöchernen Strukturen, die im Kieferknochen lägen, mittels Osteotomie nach Nr. 53 aufgesucht und entfernt werden. Hierzu zähle angeborene oder erworbene Versprengungen nicht knöchernen Gewebes im Knochen und die Neubildung nicht knöchernen Gewebes im Knochen (z.B. der Haut, des Bindegewebes, der Zähne).Charakteristisch für eine Osteotomie des Kiefers nach Nr. 53 sei das unüblich weitere Vorbringen in den Kieferknochen hinein, mit dem Ziel, eine entsprechende Struktur aus diagnostischen oder therapeutischen Gründen ganz oder teilweise zu entfernen. Aufgrund des erheblichen operativen Mehraufwandes werde eine postoperative Röntgen-Dokumentation empfohlen. Zwingend sei diese nicht. Die Ost3 sei neben einer Ost1, Ost2 oder einer WR für das gleiche Operationsgebiet nur abrechnungsfähig bei einem zusätzlichen chirurgischen Mehraufwand. Es sei aber kein Kriterium bei der Bewertung der Ziffern, soweit diese allein abgerechnet würden. In diesem Fall gelte allein die nach der Leistungslegende geforderte Voraussetzung. Durch die Osteotomie nach Nr. 53 würden mit (möglicherweise) Krankheitswert versehene Teile bzw. Strukturen aufgesucht und ggf. entfernt werden; hierzu gehörten u. a. im weitesten Sinne tumorös-neoplatische Veränderungen des Knochens in vielfältigen Variationen, angeborene oder vererbte Veränderungen des Knochens, hormonelle oder degenerative Veränderungen des Knochens, metabolische (vom Stoffwechsel bestimmt) Veränderungen des Knochens, traumatische bzw. mechanische Veränderungen des Knochens und entzündliche Ver änderungen des Knochens. Neben pathologischen Veränderungen des Kieferknochens selbst könnten selbstverständlich auch alle nichtknöchernen Strukturen, die im Kieferknochen lägen, mittels Osteotomie aufgesucht werden. Hierzu zählten z.B. tiefretinierte bzw. impaktierte Zähne, angeborene oder erworbene Versprengungen nichtknöchernen Gewebes in den Knochen, Neubildungen nichtknöchernen Gewebes im Knochen, z.B. der Haut, des Bindegewebes, der Zähne) und Fremdkörper (die Entfernung eines Fremdkörpers sei aber auch nach der Nr. 68 GOÄ 65 abrechenbar). Charakteristisch für eine Osteotomie des Kiefers nach Nr. 53 sei das unüblich weite Vordringen in den Kieferknochen hinein mit dem Ziel, eine entsprechende Struktur aus diagnostischen oder therapeutischen Gründen ganz oder teilweise zu entfernen. Für die Ost1 und Ost2 gehe es nicht um einen Mehraufwand, sondern um einen bestimmten Leistungsinhalt. Gehe aus dem OP-Bericht hervor, dass die Entfernung eines Zahnes durch Osteotomie erfolgt sei, und lägen gleichzeitig die Voraussetzungen für die Osteotomie vor, also ein tief verlagerter oder retinierter Zahn, so sei es unerheblich, ob eine derartige Osteotomie einen „Mehraufwand“ darstelle. Die Erfüllung des Leistungsinhaltes ergebe sich aus dem OP-Protokoll für die Ost1, die Erfüllung des Leistungsinhaltes der Ost2 ergebe sich aus dem Röntgenbild und dem OP-Protokoll. Sei eine Aufklappung mit Osteotomie erfolgt, sei nicht die X2 die richtige Leistungsziffer sondern die Ost1. Der Leistungstext ziele ausdrücklich nicht auf die Schwierigkeit ab, sondern lediglich auf die Leistungserbringung. Insofern sei es unerheblich, ob Zähne ggf. auch mit einem Hebel hätten entfernt werden können ohne Aufklappung und Osteotomie. Wenn Aufklappung und Osteotomie erfolgten, seien sie auch abrechenbar. Zu Nr. 56 (Zy) (Operation einer Zyste) führte sie aus, dass die Forderung der Diagnostizierbarkeit einer Zyste im Röntgenbild nicht der Kommentierung entspreche, nach der eine eindeutige Diagnose einer Zyste allein anhand des Röntgenbilds nicht immer möglich sei. In unklaren Fällen müsse eine histologische Untersuchung nach dem operativen Eingriff der ganz oder teilweise entfernten Zysten erfolgen. Es gelte der Lehrsatz, dass aufgrund des Röntgenbefundes eine Zyste immer nur vermutet werden könne, die endgültige Diagnose aber während der Operation und histologisch gestellt werde. Die Berichtigung könne nicht darauf gestützt werden, dass zwei Kriterien aus der Liste radiologischer Befund, OP-Bericht und histologischer Befund erfüllt sein müssten. Entscheidend sei, dass eine Zyste diagnostiziert worden sei, was sich bereits aus einem der drei genannten Kriterien ergeben könne. Ein Rechtssatz, dass eine Zyste eine gewisse Größe haben m üsse, damit ihre Entfernung abrechenbar sei, sei nicht existent. Röntgenaufnahmen würden oftmals an Patienten oder Fremdbehandler ausgeliehen und seien insofern häufig nicht greifbar. Ihr Fehlen sei kein Indiz dafür, dass kein Röntgenbild angefertigt worden sei. Es falle auf, dass nicht die Abrechnung untersucht werde, sondern dass eine vollkommen andere zahnmedizinische Diagnostik bzw. Indikation für ihre Behandlungsmaßnahmen gestellt werde. Wenn überhaupt, könnten solche Überlegungen in einem Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren geltend gemacht werden. Ergänzend führte sie unter Datum vom 12.10.2009 aus, durch die OP-Berichte könne belegt werden, dass die Leistungen erbracht worden seien. Es reiche allein die Leistungsdefinition aus, um den Leistungsumfang festzulegen und die Gebührenziffer abzurechnen. Bei Vorliegen der in der Leistungslegende genannten Voraussetzungen seien die Leistungen zu vergüten. Bzgl. der Röntgenbilder gelte auch hier das bereits in den Vorquartalen gesagte, dass sie nicht verpflichtet sei, die Röntgenaufnahmen herauszugeben, um beispielsweise eine weitere Strahlenbelastung des Patienten durch Wiederholen des Röntgens auszuschließen. Unter Datum vom 05.02.2010 reichte sie von Hauszahnärzten zurückerhaltene OPGs ein. Sie trug vor, die Röntgenbilder widerlegten die Annahme, dass sie die Leistung nicht erbracht habe.
Die Beklagte gab dem Widerspruch im Umfang von 1.128,22 € statt und setzte die Berichtigung auf 7.504,46 € bzw. 6.309,54 € nach Berücksichtigung des HVM-Einbehaltes für das Jahr 2003 fest. Diese teilweise Stattgabe beruhte auf der teilweise Stattgabe in 17 Behandlungsfällen (Nr. 2, 12, 13, 17, 22, 34, 41, 45, 49, 52, 57, 58, 62, 63, 65, 69 und 74). Im Übrigen wies sie den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, die vierjährige Ausschlussfrist stehe der Berichtigung nicht entgegen. Der Erstbescheid sei am 30.03.2007 zugestellt worden. Die Vierteljahresabrechnung für das Quartal I/03 datiere vom 26.06.2003. Im Übrigen sei ersatzweise die Ausschlussfrist durch die Zusendung des Verweisungsbeschlusses aus dem Prüfwesen vom 10.08.2005 wirksam gehemmt bzw. unterbrochen worden. Die Beklagte erläuterte nochmals die Voraussetzungen f ür die Leistung nach Ziff. 47a, 48, 53 und 56a bis 56c BEMA. Der Zahnarzt könne Röntgenaufnahmen nur vorübergehend an andere Zahnärzte aushändigen und sei im Übrigen zur Aufbewahrung verpflichtet.
Hiergegen hat die Klägerin am 02.11.2010 unter weitgehender Wiederholung ihres Vorbringens zum Widerspruchsverfahren die Klage erhoben. Ergänzend trägt sie zu einem Teil der Einzelfälle vor. Insofern wird auf den Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 30.11.2010 verwiesen. Ferner ist sie der Auffassung, zur Beurteilung der Röntgenbilder bedürfe es auch seitens des Gerichts des Sachverstandes eines Facharztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie.
Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Absetzung der Ziffer Ä935d im Fall Nr. 59 aufgehoben und insoweit den Klageanspruch anerkannt. Die Klägerin hat das Teilanerkenntnis angenommen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 23.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2010, soweit die Beklagte den Widerspruch nicht abgeholfen oder den Klageanspruch anerkannt hat, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, sie sei zuständig. Sie ist weiterhin der Auffassung, zur Plausibilität der abgerechneten Leistungen sei auch der röntgenologische Befund zu berücksichtigen. Ferner nimmt sie Stellung zu den Ausführungen der Klägerin zu den Einzelfällen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 23.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.09.2010 ist, soweit die Klägerin noch beschwert ist, rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war abzuweisen.
Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.
Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).
Zum Zeitpunkt des Zugangs des angefochtenen Bescheids war die Ausschlussfrist von vier Jahren noch nicht verstrichen.
Für die sachlich-rechnerischen Richtigstellungen gilt eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer der Richtigstellungsbescheid der K(Z)ÄV dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss. Nach Ablauf dieser Frist ist eine Richtigstellung auf der Rechtsgrundlage der bundesmantelvertraglichen Richtigstellungsvorschriften ausgeschlossen. Sie ist dann nur noch nach Maßgabe der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 (Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 Satz 1) SGB X möglich (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R - SozR 4-2500 § 106 Nr. 15 = BSGE 97, 84 = GesR 2007, 174 = USK 2006-114, juris Rdnr. 12).
Die vierjährige Ausschlussfrist zur Berichtigung beginnt mit dem Tag der Bekanntgabe des ursprünglichen Bescheides und nicht mit dem Ablauf des Jahres, in dem dieser Bescheid erlassen worden ist (vgl. BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 35 = BSGE 98, 169 = GesR 2007, 461 = USK 2007-35 = ZMGR 2008, 144, juris Rdnr. 18). Das Datum der Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes (§ 37 SGB X) ist typischerweise feststellbar. Jeder Honorarbescheid trägt das Datum, unter dem er von der K(Z)ÄV erstellt und versandt worden ist. Dann lässt sich verlässlich berechnen, wann der Verwaltungsakt als bekannt gegeben gilt, sofern sich der Zeitpunkt der Bekanntgabe nicht ohnehin aus Zustellungsurkunden oder ähnlichen Nachweisen ergibt. Der Tag der Erstellung der jeweiligen Quartalsabrechnungsbescheide, der Termin ihrer Versendung an die Vertrags(zahn)ärzte und die darauf beruhende rechtliche Feststellung des Zeitpunktes der Bekanntgabe (§ 37 Abs 2 SGB X) ist regelmäßig anhand der Unterlagen der K(Z)ÄV zu ermitteln (vgl. BSG, Urt. v. 28.03.2007 - B 6 KA 22/06 R – aaO., juris Rdnr. 25).
Der Honorarbescheid für das Quartal I/03 datiert erst mit Datum vom 26.06.2003. Dies wird von der Klägerin nicht substantiiert bestritten. Von daher ist der angefochtene Ausgangsbescheid vom 29.03.2007 noch innerhalb der vierjährigen Ausschlussfrist erlassen und der Klägerin zugestellt worden.
Die Ausschlussfrist von vier Jahren war auch deshalb noch nicht verstrichen, weil aufgrund des Beschlusses des Prüfungsausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen Hessen vom 19.04.2005 eine Hemmung der Ausschlussfrist eingetreten ist.
Eine Hemmung der Ausschlussfrist tritt ein, wenn die Prüfgremien die Angelegenheit der Beklagten zur Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit zuleiten. Voraussetzung hierfür ist, dass beide Verfahren dieselbe Honorarforderung des Vertragsarztes zum Gegenstand haben. Die mögliche Hemmungswirkung von Wirtschaftlichkeitsprüfungsbescheiden in Bezug auf die Ausschlussfrist für Honorarberichtigungen trägt dem engen Zusammenhang Rechnung, der zwischen Wirtschaftlichkeitsprüfung und sachlich-rechnerischer Richtigstellung in bestimmten Konstellationen bestehen kann, und berücksichtigt, dass das Vertrauen des Vertragsarztes auf ein ungeschmälertes "Behalten dürfen" des ihm im ursprünglichen Honorarbescheid zuerkannten Honorars dann nicht mehr schutzwürdig ist, wenn dem Arzt durch einen Bescheid des Prüfungsausschusses bekannt ist, dass gegen bestimmte Teile seiner Abrechnung Bedenken erhoben werden. Das von jeher von der Rechtsprechung als berechtigt anerkanntes Interesse des Vertragsarztes, nicht ohne zeitliche Begrenzung damit rechnen zu müssen, mit Prüfmaßnahmen überzogen zu werden, wird gewahrt, weil in der Situation, dass innerhalb der vierjährigen Ausschlussfrist weder ein Prüfbescheid noch ein Richtigstellungsbescheid ergeht und auch kein Klageverfahren einer Krankenkasse auf Vornahme einer Honorarkürzung anhängig gemacht wird, für spätere Kürzungs- bzw. Berichtigungsmaßnahmen regelmäßig kein Raum mehr ist (vgl. BSG, Urt. v. 06.09.2006 - B 6 KA 40/05 R – aaO., juris Rdnr. 13 ff.).
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Prüfungsausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen Hessen mit Beschluss vom 19.04.2005 einen bei ihm anhängigen Vorgang zur Durchführung einer sachlich-rechnerischen Berichtigung an die Beklagte hinsichtlich der Leistungen nach den Nrn. 56a bis 56c (Zy1 bis Zy3) sowie der Positionen nach 47a (Ost1), 48 (Ost2) und 53 (Ost3) überwiesen, weil es sich im Schwerpunkt um eine Frage der sachlich-rechnerischen Berichtigung, die über seine Randzuständigkeit hinausgehe, handele. Damit liegt Identität der Gegenstände vor. Es handelt sich um dasselbe Quartal und die Leistungsbereiche, die dann auch zu der strittigen Berichtigung führten. Damit trat durch den Beschluss vom 19.04.2005 eine Hemmung der Ausschlussfrist ein. Die Kammer hält es auch für zulässig, die Röntgenleistungen einzubeziehen, da Identität der Gegenstände nicht bedeutet, dass bereits abschließend im Verweisungsbeschluss der Prüfgremien der Prüfumfang der Leistungsnrn. im Einzelnen benannt werden muss.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
Materiell-rechtlich streiten die Beteiligten im Wesentlichen um drei Komplexe, die sich in den Einzelfällen wiederholen, nämlich die Absetzung von Röntgenleistungen, die Beanstandung von Zahnentfernungen und die damit verbundene Umwandlung höherer in niedriger bewertete Leistungen und die Beanstandung von Zystektomien.
Die Kammer hat hierzu bereits im die Beteiligten betreffenden Urteil vom 03.06.2009 - S 12 KA 520/08 - bzgl. einer sachlich-rechnerischen Berichtigung für das Quartal I/02 in noch 116 Fällen in Höhe von 15.634,20 € - das Berufungsverfahren zum Az.: L 4 KA 53/09 wurde am 21.09.2011 durch Vergleich vor dem LSG Hessen beendet - folgendes ausgeführt:
„Die Beklagte hat Röntgenleistungen abgesetzt, weil die Klägerin Röntgenaufnahmen nicht vorgelegt hat bzw. - in den Fällen Nr. 24 und 134 - weil die Aufnahmen unbrauchbar waren. Die Klägerin hat hierzu erklärt, Röntgenaufnahmen würden oftmals an Patienten oder Fremdbehandler ausgeliehen und seien insofern häufig nicht greifbar. Ihr Fehlen sei kein Indiz dafür, dass kein Röntgenbild angefertigt worden sei. In der Begründung zu den Einzelabsetzungen hat sie lapidar in allen Fällen erklärt, es sei nicht zumutbar, dass Patienten das Röntgenbild nicht mitgegeben werden könne zur Weiterbehandlung bzw. das Röntgenbild befinde sich bei dem Hauszahnarzt. Zur Qualität der Bilder in den Fällen Nr. 24 und 134 hat die Klägerin sich nicht geäußert.
Soweit die Klägerin die Röntgenaufnahmen nicht vorgelegt und deren Verbleib nicht nachgewiesen hat, trifft die Auffassung der Beklagten zu und fehlt es an einem Nachweis für die Erbringung der Röntgenleistungen.
Nach § 5 Abs. 2 BMV-Z ist der Vertragszahnarzt verpflichtet, seine Aufzeichnungen mindestens drei Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist für Röntgenaufnahmen richtet sich nach der Röntgenverordnung. Eine längere Aufbewahrung ist darüber hinaus geboten, wenn sie nach medizinischen Erfordernissen angezeigt ist. Nach § 7 Abs. 3 EKV-Z sind die zahnärztlichen Aufzeichnungen und sonstigen Behandlungsunterlagen vier Jahre nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht andere Aufbewahrungsfristen vorgeschrieben sind. Nach § 28 Abs. 3 (Aufzeichnungspflichten, Röntgenpass) der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen (Röntgenverordnung - RöV), neugefasst durch Bekanntmachung v. 30.04.2003, BGBl. I S. 604; Geltung ab 01.01.1988 sind die Aufzeichnungen über Röntgenbehandlungen 30 Jahre lang nach der letzten Behandlung aufzubewahren. Röntgenbilder und die Aufzeichnungen nach Absatz 1 Satz 2 über Röntgenuntersuchungen sind zehn Jahre lang nach der letzten Untersuchung aufzubewahren.
Die Kammer folgert hieraus, dass die Aufbewahrungspflicht allein den Vertragszahnarzt trifft. Gibt er die Bilder weg, so ist er hierüber nachweispflichtig. Dies gilt auch für die Aushändigung an Patienten.
Soweit die Röntgenaufnahmen mangelhaft sind, gehören zur sachlich-rechnerischen Berichtigung auch Maßnahmen der Qualitätssicherung. Stellt die Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen von Qualitätssicherungsmaßnahmen fest, dass die Qualität der Leistung nicht den fachlichen Anforderungen genügt oder ergeben eingeleitete Maßnahmen der Qualitätssicherung konkrete Hinweise auf erhebliche Mängel von Röntgen-Leistungen und der Kassen- bzw. Vertragsarzt verhindert, dass die zuständigen Kommissionen für Radiologie nach objektiven Auswahlkriterien eine Überprüfung vornehmen, steht der Kassenärztlichen Vereinigung das Recht zu, die Bezahlung sämtlicher geltend gemachter Röntgen-Honorare im Wege der sachlichen und rechnerischen Berichtigung aus der Abrechnung herauszunehmen (Vgl. LSG Hessen, Urt. v. 24.03.1993 - L-7/Ka-510/91 -).
Von daher war die Beklagte auch zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung hinsichtlich der mangelhaften Bilder. Als K(Z)V ist die Beklagte nach § 136 Abs. 2 SGB V auch berechtigt zur Durchführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen. Danach prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen die Qualität der in der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen im Einzelfall durch Stichproben (vgl. SG Frankfurt a. M., Urt. v. 08.10.2003 - S 27 KA 3134/02 -). Die Röntgenleistungen in den Fällen Nr. 24 und 134 waren mangelhaft, was die Klägerin nicht bestritten hat. Sie sind daher zu Recht abgesetzt worden.
Die Beklagte hat auch in nicht zu beanstandender Weise die Leistungen nach Nrn. 47a (Ost1) (Entfernen eines Zahnes durch Osteotomie einschließlich Wundversorgung; Hemisektion und Teilextraktion eines mehrwurzeligen Zahnes, 58 Punkt), 48 (Ost2) (Entfernen eines verlagerten oder retinierten Zahnes durch Osteotomie einschl. Wundversorgung, 78 Punkte) und 53 (Ost3) (Osteotomie des Kiefers, Sequestrotomie, 72 Punkte) abgesetzt und in niedriger bewertete Leistungen umgewandelt. Für die Erbringung der höher bewerteten Leistungen durch die Klägerin fehlt es an einem Nachweis.
Die Kammer geht dabei davon aus, dass ein Nachweis durch die Abrechnung des Vertragszahnarztes in Verbindung mit einem Röntgenbild ausreichend ist. Anhand eines Röntgenbildes kann im Regelfall festgestellt werden, ob der Zahn so gelegen ist, dass eine Osteotomie vorgenommen werden muss. Am Röntgenbild wird erkennbar, ob eine Hebelextraktion möglich ist. Immer dann, wenn die Indikation anhand des Röntgenbilds nicht ganz eindeutig ist, so dass die Vornahme einer Osteotomie für einen zahnärztlichen Betrachter ohne Weiteres nachvollziehbar ist, kann der Nachweis durch weitere Aufzeichnungen des Vertragszahnarztes, insbesondere einen OP-Bericht erbracht werden. Aus diesen zeitnah zu erstellenden Unterlagen muss wiederum für einen zahnärztlichen Leser ohne Weiteres nachvollziehbar sein, dass die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind. Die bloße Angabe der Leistungsnummer oder ihres Kurzbegriffs, die Wiederholung der Leistungslegende oder die bloße Verwendung des Begriffs „Ausklappen“ reichen für den Nachweis einer Osteotomie nicht aus. Frakturiert z. B. der Zahn wider Erwarten, so sind die Hebelversuche und der weitere Verlauf kurz darzustellen. Ist der Zahn entgegen der Aussage des Röntgenbildes so beschaffen, dass eine Hebelextraktion nicht möglich ist, so ist die Zahnbeschaffenheit kurz darzustellen. Ist die Retinierung eines Zahnes nicht eindeutig im Röntgenbild zu erkennen, so bedarf es für den Nachweis des Leistungsinhalts gleichfalls weiterer Darlegungen. Durch diese Anforderungen wird nicht entgegen den Leistungslegenden ein „Mehraufwand“ verlangt, sondern der Vertragszahnarzt bleibt lediglich beweispflichtig für die Erbringung des sich in der Leistungslegende widerspiegelnden Mehraufwands. Gerade angesichts der recht unterschiedlichen Bewertung einer einfachen Zahnentfernung nach Nr. 43 (X1) (Entfernung eines einwurzeligen Zahnes einschließl. Wundversorgung) oder 44 (X2) (Entfernung eines mehrwurzeligen Zahnes einschließl. Wundversorgung) mit 10 bzw. 15 Punkten, der Entfernung eines tieffrakturierten Zahnes einschließl. Wundversorgung nach Nr. 45 (X3) mit 40 Punkten, der Hemisektion u. Teilextraktion eines mehrwurzeligen Zahnes nach Nr. 47b (Hem) mit 72 Punkten und den Osteotomien mit 58, 72 bzw. 78 Punkten muss der Beklagten eine Überprüfung der tatsächlichen Leistungserbringung möglich sein. Entscheidend ist nicht die Ausführlichkeit der Darlegungen, sondern die Nachvollziehbarkeit des Berichts für einen anderen Zahnmediziner. Pauschalierende Begründungen sind unzureichend. Insofern ist seitens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend darauf hingewiesen worden, es komme immer auf den Einzelfall an. Damit werden an die Beweislast eines Vertragszahnarztes geringere Anforderungen als die Erbringung eines Vollbeweises gestellt, als ein Nachweis wesentlich durch Plausibilität des zahnmedizinischen Befundes und der Schilderung der vorgefundenen Zahnsituation geführt werden kann.
Die Klägerin hat zur Klagebegründung, auch in den Einzelfällen, lapidar darauf verwiesen, der OP-Bericht reiche zur Dokumentation des Leistungsinhaltes aus. Die OP-Berichte genügen aber nicht den genannten Anforderungen. Soweit bereits kein Röntgenbild vorlag, kann dessen Beweiskraft durch einen OP-Bericht allenfalls dann ersetzt werden, wenn aus (zahn)medizinischen Gründen ein Röntgenbild nicht angefertigt werden konnte. Für die hier strittigen Fälle wird dies auch seitens der Klägerin nicht behauptet.
In den OP-Berichten wird bzgl. der streitbefangenen Absetzungen, die allesamt zur Voraussetzung hatten, dass der Leistungsinhalt sich nicht bereits aus dem röntgenologischen Befund ergab, im Wesentlichen der Leistungsinhalt der Leistungsnummern wiederholt oder lediglich ausgeführt, es sei eine „Aufklappung“ erforderlich geworden. Soweit z. T. ausgeführt wird, eine Osteotomie sei erforderlich geworden, weil die Zähne entweder gar nicht mit der Zange oder dem Hebel zu fassen gewesen seien oder aber sie nach dem Fassen frakturierten, werden die unterschiedlichen Gründe nicht nach den einzelnen Zähnen unterschieden und werden die näheren Umstände für einen Zahnmediziner nicht ersichtlich und damit die Leistungserbringung nicht nachvollziehbar. Die Kammer hat dies mit den Beteiligten im Einzelnen anhand der Behandlungsfälle 98, 115, 140, 145 und 166 in der mündlichen Verhandlung erörtert.
Die Beklagte hat auch in nicht zu beanstandender Weise die Leistungen nach Nrn. 56a bis 56c (Zy1 bis Zy3) abgesetzt.
Die mit 120 Punkten bewertete Leistung nach Nr. 56a (Zy1) beinhaltet die Operation einer Zyste durch Zystektomie, die mit 72 Punkten bewertete Leistung nach Nr. 56b (Zy2) beinhaltet die Operation einer Zyste durch orale Zystektomie und die mit 48 Punkten bewertete Leistung nach Nr. 56c (Zy3) beinhaltet die Operation einer Zyste durch Zystektomie in Verbindung mit einer Osteotomie oder Wurzelspitzenresektion. Das Entfernen von Granulationsgewebe und kleinen Zysten ist nicht nach Nr. 56 abrechnungsfähig.
Voraussetzung zur Berechnung der Leistungen nach Nr. 56 muss eine im Röntgenbild diagnostizierbare Zyste und ein zusätzlicher, nach Art und Inhalt einer Zystenoperation entsprechender chirurgischer Aufwand sein. Dabei komme es nicht allein auf die Größe des entfernten Gewebes an. Soweit die Notwendigkeit der Durchführung einer Operation nach Nr. 56 nicht ausschließlich durch Röntgenbilder belegt werden kann, kommt es in diesen seltenen Ausnahmefällen entscheidend auf den klinischen Befund, also auf den Zustand, wie ihn nur der Operateur sieht, an. Dabei kann ein Nachweis ferner nicht durch die Untersuchungsbefunde eines pathologischen Instituts geführt werden, da diese Institute nur eine Gewebsprobe erhalten, die sie untersuchen, die sie aber nicht dahingehend unterscheiden können, woher diese Proben stammen, ob es sich um Gewebeproben eines Zahnfollikels oder einer follikulären Zyste handelt. Die Voraussetzungen für die Erbringung des vollständigen Leistungsinhalts sind vom Vertragszahnarzt nachzuweisen, da er einen Anspruch geltend macht. In der Regel genügt er diesen Voraussetzungen durch Einreichung der Behandlungsausweise. Komme es aber zu Beanstandungen, so hat er im Einzelfall die Voraussetzungen unter Tragen des Beweislastrisikos nachzuweisen. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass in den Fällen, in denen allein der klinische Befund den Nachweis für die Voraussetzungen der Nr. 56 erbringen kann, der Vertragszahnarzt wenige Möglichkeiten für diesen hat. Der klinische Befund kann nur von ihm vorgenommen werden. Andererseits berechtige nicht jede Gewebsentfernung die Abrechnung nach Nr. 56, so dass die Verwaltung nicht auf die alleinige Behauptung des Vertragszahnarztes verwiesen werden könne. Dem Beweisnotstand kann durch einen detaillierten klinischen Befund abgeholfen werden, der nur dann zu erstellen ist, wenn nicht schon aufgrund der Röntgenbefunde die Voraussetzungen der Nr. 56 nachgewiesen werden können (vgl. Urt. der Kammer v. 07.12.2005 - S 12 KA 22/05 -; LSG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 24.02.2000 - L 5 Ka 50/97 -, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch BSG, Beschl. v. 13.12.2000 - B 6 KA 28/00 B -; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 19.04.2002 - L 6 KA 34/99 –; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 20.06.2006 – L 4 KA 20/05 –; SG Frankfurt am Main, Urt. v. 30.08.1995 - S-27/KA-1670/95 -; v. 11.02.2004 - S 27 KA 1076/03 -; SG Gotha, Urt. v. 13.02.2008 – S 7 KA 4379/06 – und – S 7 KA 2743/05 –, www.zahn-forum.de/zf/urteile juris; SG Mainz, Urt. v. 06.09.2006 – S 2 KA 108/04 –).
Der röntgenologische Befund reichte in allen Absetzungen nicht aus. Die Klägerin hat zur Klagebegründung, auch in den Einzelfällen, wiederum lapidar darauf verwiesen, der OP-Bericht reiche zur Dokumentation des Leistungsinhaltes aus. Die OP-Berichte genügen aber nicht den genannten Anforderungen.“
Hieran hält die Kammer nach neuerlicher Prüfung fest.
Die Klägerin hat ihre Widerspruchsbegründung auf einen allgemeinen Vortrag begrenzt, der bereits im Verfahren zum Az.: S 12 KA 520/08 Gegenstand war. Im Klageverfahren hat sich die Klägerin weitgehend auf die Wiederholung ihres Vorbringens zum Widerspruchsverfahren beschränkt. Aus den genannten Urteilsgründen der Kammer ist dem Vortrag nicht zu folgen. Der erst im gerichtlichen Verfahren erfolgte Vortrag zu den Behandlungsfällen Nr. 1 bis 9, 13 bis 16, 21 bis 28, 32, 34, 37 und 39 bis 48, 51 bis 67 beschränkt sich auf die Wiederholung des Vortrags, die Beklagte definiere nicht, welcher chirurgische Mehraufwand erforderlich sei bzw. es wird lediglich vorgetragen, ein solcher sei nicht erforderlich (Behandlungsfälle Nr. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 9, 13, 14, 15, 16, 22, 23, 24, 25, 27, 28, 31, 34, 37, 39, 52 bis 65, ), ein pathohistologischer Befund liege vor (Behandlungsfälle Nr. 2, 16, 51 - ergänzend trägt die Klägerin vor, bei sämtlichen Zystenentfernungen werde im Operationsbericht festgehalten, dass klinisch eine Zyste vorgelegen habe -), auf die Größe der Zyste dürfe nicht abgestellt werden (Behandlungsfall Nr. 9), das Röntgenbild/OPG sei an den nachbehandelnden Arzt oder Patienten ausgehändigt worden (Behandlungsfälle Nr. 3, 6, 16, 21, 24, 25, 26, 34, 37, 43, 44, 47, 48, 52 bis 65) oder es wird ausschließlich lapidar darauf hingewiesen, der Leistungsinhalt sei erbracht bzw. eine Zyste entfernt worden (Behandlungsfälle Nr. 7, 41, 46). Zu den übrigen Fällen führt die Klägerin nur an, bzgl. der weiter abgesetzten Ziffern verweise sie auf ihre bisherigen Ausführungen.
Im Übrigen ist bei einer reinen Anfechtungsklage für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung zugrunde zu legen (vgl. zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung BSG, Urt. v. 13.03.1991 - 6 RKa 35/89 - SozR 3-2500 § 85 Nr. 2 = MedR 1992, 58 = USK 91111, juris Rdnr. 14; ebs. zum Sonderfall der Plausibilitätsprüfung BSG, Urt. v. 26.01.1994 - 6 RKa 29/91 - SozR 3-1300 § 45 Nr. 21 = BSGE 74, 44 = USK 94153, juris Rdnr. 15).
Die Kammer hat ferner bereits im die Beteiligten betreffenden Urteil vom 07.07.2010 - S 12 KA 768/09 - Berufung anhängig, LSG Hessen zum Az.: L 4 KA 60/10 - folgendes ausgeführt (s. a. Urteil der Kammer vom 07.07.2010 - S 12 KA 440/10 -, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch LSG Hessen, Beschl. v. 10.11.2011 - L 4 KA 63/10 NZB -):
„Sind von einem Zahnarzt abgerechnete Leistungen aus den Krankenblättern nicht ersichtlich, so ist zunächst davon auszugehen, dass er diese Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat. Es obliegt dann dem Zahnarzt, die Erbringung der von ihm abgerechneten Leistungen nachzuweisen. Eine sachlich-rechnerische Richtigstellung ist gerechtfertigt, wenn die gebührenordnungsgemäßen Leistungen und Abrechnungsvoraussetzungen nicht eingehalten worden sind, die Behandlungsdokumentation Vollständigkeit vermissen lässt und Richtlinienverstöße vorliegen, die im Hinblick auf die Qualitätssicherung der vertragszahnärztlichen Versorgung zu beachten und einzuhalten sind (so LSG Bayern, Urt. v. 07.07.2004 - L 3 KA 510/02- www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris Rdnr. 25).
Soweit die Beklagte daher Zweifel an einer ordnungsgemäßen Leistungserbringung hat, hat sie einen Vertragszahnarzt hierzu anzuhören und ihn aufzufordern, einen vollständigen Beweis für die Leistungserbringung zu führen. Maßgeblich sind dann die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden oder sonstigen Nachweise. Die vom Vertragszahnarzt gef ührte Dokumentation nebst weiteren technischen Aufzeichnungen kann allein vom Vertragszahnarzt vorgelegt werden.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen. In Zweifelsfällen kann sie in einem Verwaltungsverfahren nachgereicht werden. Im Gerichtsverfahren kann die Dokumentation weder nachgereicht noch ergänzt werden. Insofern ist auch die Amtsermittlungspflicht beschränkt. Die Amtsermittlungspflicht gilt nur für die Frage, in welchem Umfang im Verwaltungsverfahren Unterlagen vorgelegt wurden und ob diese zum Nachweis der Leistungserbringung ausreichend waren.
Die vollständige Leistungserbringung ist grundsätzlich bereits mit der Abrechnung nachzuweisen (vgl. SG Marburg, Urt. v. 03.06.2009 - S 12 KA 521/08 – juris Rdnr. 27, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 50/09 -). Ein Vertragszahnarzt ist in zeitlicher Hinsicht darauf beschränkt, seiner Nachweispflicht bis zur Entscheidung der Beklagten als Widerspruchsbehörde nachzukommen. Dies beruht letztlich darauf, dass die Kenntnis solcher möglicherweise entscheidungserheblichen Tatsachen allein in der Sphäre des Vertragszahnarztes liegt, soweit sie nicht offenkundig sind und von Amts wegen erkannt werden können. Bei Zweifeln an der ordnungsgemäßen Leistungserbringung wird der Vertragszahnarzt wieder auf die ursprüngliche Position eines Leistungserbringers zurückgeworfen, auch die ordnungsgemäße Erbringung seiner Leistungen nachzuweisen. Es handelt sich hierbei um ein bloßes Tatsachenvorbringen. Wie im allgemeinen Wirtschaftsleben muss dann der Vertragszahnarzt nachweisen, dass er die Leistung erbracht hat (vgl. bereits zur Wirtschaftlichkeitsprüfung SG Marburg, Urt. v. 25.11.2009 - S 12 KA 137/09 – juris Rdnr. 73
Ausgehend von diesen Grundsätzen (s.a. SG Marburg, Urt. v. 07.07.2010 – S 12 KA 325/09 -) kommt es nicht darauf an, welchen neuen Sachvortrag die Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegt hat.
Soweit die Klägerin im Behandlungsfall Nr. 67 vorträgt, auch wenn ein OPG nur zur Hälfte abgebildet sei, sei die Leistung abrechenbar, so wird auf obige Ausführungen zur Qualitätsprüfung und zur Einhaltung von Qualitätsstandards verwiesen.
Soweit die Klägerin rügt, im Behandlungsfall Nr. 26 werde der Grund für die Absetzung der Leistungen nach den Ziff. 40 und 23 nicht angegeben, so weist die Beklagte zutreffend darauf hin, nach dem OPG vom 10.03.2003 sei Zahn 13 noch vorhanden, weshalb die Ziff. 47a, 40 und 23 als Begleitleistungen abzusetzen seien.
Soweit die Klägerin vorträgt, OPGs bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegt zu haben (Behandlungsfälle Nr. 5, 28 und 59), so trifft dies nur für Behandlungsfall Nr. 59 zu, der aber insoweit nicht mehr streitgegenständlich ist, da die Beklagte die Absetzung aufgehoben und diesen Teil der Klage anerkannt hat, was die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angenommen hat. In den beiden übrigen Behandlungsfällen Nr. 5 und 28 sind die OPGs nicht vorgelegt worden bzw. fehlt es an einem Nachweis hierfür, was die Kammer mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert hat. Soweit die Klägerin vorträgt, OPGs im Gerichtsverfahren nachgereicht zu haben (Behandlungsfälle Nr. 14, 32, 42, 66) bzw. am 11.02.2010 an die Beklagte gesandt zu haben (Behandlungsfall Nr. 1), kommt es hierauf nicht an, da maßgeblich ist, welche OPGs bis zur Entscheidung über den Widerspruch vorgelegt wurden.
Soweit die Klägerin in den Behandlungsfällen Nr. 32, 42 und 59 vorträgt, das nachgereichte OPG zeige, dass der Leistungsinhalt der Ziff. 53 bzw. 47a bzw. 46c erfüllt worden sei, ist dies ebf. verspätet bzw. trifft dies nicht zu.
Im Übrigen wird weiter zu den Einzelfällen auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchbescheides verwiesen, der die Kammer folgt (§ 236 Abs. 4 SGG).
Von einer Beweiserhebung durch Beauftragung eines Sachverständigen konnte die Kammer absehen, weil die mit einer Zahnärztin und einem Zahnarzt besetzte Kammer ausreichende Sachkunde besitzt. Wie bereits ausgeführt, ist der Vertragszahnarzt dann zu einem weiteren Nachweis verpflichtet, wenn Zweifel an der Leistungserbringung bestehen. Hierfür bedarf es aber keines spezifischen Sachverstands eines Facharztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Soweit willkürliches Verhalten der Beklagten ausgeschieden werden kann, was vorliegend der Fall ist, reichen Zweifel an der Leistungserbringung dafür aus, dass ein weiterer Nachweis erforderlich ist. Die Frage der Nachweispflicht ist insofern einem Sachverständigenbeweis auch nicht zugänglich. Ferner gehören alle hier strittigen Leistungen zum Fachgebiet der Zahnärzte. Bereits von daher konnte die Kammer von der Einholung eines Sachverständigengutachtens absehen. Soweit Röntgenbilder fehlen, kann der Nachweis ihrer Erbringung nicht durch sachverständige Begutachtung unter Heranziehung der Röntgenbilder erbracht werden. Weitgehend geht es auch nicht um die Beurteilung von Tatsachen. Die Frage, ob mit einem Geschehen die Leistungslegende einer Gebührenziffer erfüllt wird, gehört zum Subsumtionsvorgang unter diese Gebührenziffer und ist damit einem Beweis nicht zugänglich. Rechtsfragen sind vom Gericht zu entscheiden.
Nach allem war die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.