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  • · Fachbeitrag · Vergütungsrecht

    Der Patient behauptet, er habe keine Rechnung erhalten ‒ kann er damit durchkommen?

    von Zohra Dagastir, armedis Rechtsanwälte, Hannover, armedis.de

    | Damit eine Rechnung fällig wird, muss sie der Patient erhalten haben. Erst daran knüpft die Verjährung der Forderung an. Die Tatsache, dass der Patient die Rechnung erhalten hat, muss der Arzt ggf. beweisen. Leider kommt es immer wieder vor, dass sich ein Patient der Zahlung entziehen will, indem er behauptet, keine Rechnung erhalten zu haben. Kommt es darüber zu einem Rechtsstreit, kann es passieren, dass der Zahnarzt die Kosten des Rechtsstreits selbst tragen muss und auch keine Verzugszinsen erhält. Letztlich hat der Zahnarzt aber in der Regel gute Karten, das zu verhindern. |

     

    Argumentationshilfe durch eine grundlegende OLG-Entscheidung

    Gute Argumentationshilfe gibt dem Zahnarzt eine zwar ältere, aber nach wie vor relevante Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 27.05.1999, Az. 7 W 38/99). In dem Fall hatte der Beklagte den Erhalt mehrerer per Post versandter Briefe geleugnet. Im Kern kam das OLG zu folgendem Ergebnis: Die Gefahr des Verlusts einer gewöhnlichen Briefsendung bei der Deutschen Post AG ist als sehr gering einzuschätzen. Dass gleich mehrere per Post an dieselbe Anschrift versandte außergerichtliche Schreiben auf dem Transport verloren gingen, wohingegen der Mahnbescheid förmlich zugestellt werden konnte, sei mehr als unwahrscheinlich. Daher müsse der Empfänger in der Lage sein, eine gewisse Plausibilität für den Nichtzugang der vier außergerichtlichen Schreiben darzulegen ‒ und nicht der Arzt. Ein einfaches Bestreiten des Zugangs genüge nicht. In solchen Fällen kommt es also zu einer Umkehr der Beweislast.

     

    Zusendung scheitert wegen Umzug des Patienten ‒ was gilt?

    Auch für den Fall, dass Patienten umziehen und keine aktuelle Adresse hinterlassen bzw. keinen Nachsendeantrag stellen, ist nach der Rechtsprechung der Empfänger dafür verantwortlich, dass ihm Schreiben zugesandt werden können. Ein „Zugang“ des Schreibens erfordert nicht, dass der Empfänger davon tatsächlich Kenntnis genommen hat oder überhaupt nehmen konnte. Nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge ist damit zu rechnen, dass der Empfänger von streitigen Schreiben alsbald Kenntnis nimmt. Zugang tritt deshalb auch dann ein, wenn der Empfänger wegen Urlaub, Abwesenheit oder aus Krankheitsgründen an der Kenntnisnahme gehindert war. Im Interesse der Rechtssicherheit spielen die individuellen Umstände des Empfängers keine Rolle.

     

    FAZIT | Die Rechnung ist dem Patienten zugegangen, wenn sie ordnungsgemäß an ihn versandt wurde und ein Hinweis der Post, dass die Rechnung nicht zugestellt werden konnte, nicht vorliegt. Somit sind in solchen Fällen auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten und die Zinsen von dem Patienten im Streitfall verursacht worden. Daher hat der Patient die Kosten sowie die Kosten für das Mahnverfahren zu tragen. Insbesondere wenn der Patient den Zugang einer größeren Anzahl von Schreiben bestreitet, muss er dies plausibel darlegen können und es tritt eine Umkehr der Beweislast zu seinen Lasten ein.

     
    Quelle: Ausgabe 05 / 2019 | Seite 3 | ID 45863523