· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
25 typische Umsatzsteuer-Fehler beim Handel über die Grenze - und wie Sie sie vermeiden
von Diplom-Finanzwirt Rüdiger Weimann, Dozent, Lehrbeauftragter und freier Gutachter in Umsatzsteuerfragen, Dortmund
| Die Umsatzsteuer gehört in jedem Autohaus und Kfz-Servicebetrieb zum Tagesgeschäft. Umso erstaunlicher ist, dass dort die meisten Fehler passieren. ASR hat die Rechtsprechung, Leseranfragen und Fragen von Seminarteilnehmern der letzten fünf Jahre analysiert. Herausgekommen sind 25 Fehler beim Handel über die Grenze, die regelmäßig auftauchen und die Liquidität von Autohäusern unnötig belasten. Erfahren Sie, welche Fehler es sind, wie sich diese auf Ihr Geschäft auswirken und wie Sie diese vermeiden. Über die „Fundstellen“ können Sie tiefer in das Thema einsteigen. |
Beachten Sie | Die Zitate unter „Fundstellen“ führen Sie zu Beiträgen in ASR und dem Praxishandbuch Umsatzsteuer im Kfz-Gewerbe, 11. Auflage 2015 (abgekürzt: Praxishandbuch).
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Der Fehler | So machen Sie es richtig | Fundstellen |
1. Abholfälle: Sie rechnen die Lieferung als innergemeinschaftliche steuerfrei ab, wenn der Kunde Ihnen die Abnehmerversicherung unterschrieben und die Gelangensbestätigung übersandt hat. | Seit neuestem müssen Sie außerdem ausschließen, dass die Verfügungsmacht am Fahrzeug schon in Deutschland auf einen Kunden des Kunden übergegangen ist. Sonst ist Ihre Lieferung möglicherweise die nicht steuerfreie „bewegte“ Lieferung. Dazu sollten Sie eine entsprechende Klausel bereits in den Kaufvertrag aufnehmen. | |
2. Abnehmerversicherung: Seit es die Gelangensbestätigung gibt, holen Sie in Abholfällen vom Kunden keine Abnehmerversicherung mehr ein. | Um der Finanzverwaltung und den Gerichten Ihren guten Glauben nachzuweisen, sollten Sie immer auch auf einer Abnehmerversicherung bestehen. | |
3. Bezahlung durch den „richtigen Kunden“ sicherstellen: Holt der EU-Kunde das Fahrzeug ab, lassen Sie sich bei unbarer Zahlweise vor der Übergabe von der Buchhaltung den Geldeingang bestätigen. | Der Geldeingang muss vom richtigen (Kunden-)Konto erfolgen, damit eine vorherige Weiterveräußerung des Fahrzeugs - und damit ein steuerpflichtiger Umsatz für Sie - ausgeschlossen werden kann. | |
4. Betriebsprüfung, Belehrung zum Karussellgeschäft: Nachdem der Betriebsprüfer mit Ihnen das neue „Merkblatt zur Umsatzsteuer / Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Missbrauchsverbots“ besprochen und Sie entsprechend belehrt hat, nehmen Sie das Merkblatt nicht an und verweigern die Unterschrift. | Die Verweigerung der Unterschrift hilft Ihnen nicht weiter. Unterschreiben Sie nicht, wird der Beamte das Gespräch protokollieren und Ihnen das Dokument nachweisbar übersenden, etwa per Einschreiben mit Rückschein. Gehen Sie wie folgt vor: Prüfen Sie Ihre EU-Geschäfte anhand des Merkblatts nochmal. Sollten diese unauffällig sein, informieren Sie die Finanzverwaltung. Fordern Sie sie zudem für den Fall, dass der Behörde konkrete andere Erkenntnisse vorliegen, auf, Ihnen diese zeitnah schriftlich mitzuteilen, damit Sie Schaden von Ihrem Unternehmen abwenden können. | |
Der Fehler | So machen Sie es richtig | Fundstellen |
5. Buchungszeitpunkt: Sie buchen innergemeinschaftliche Lieferungen zunächst immer als Inlandsgeschäft. Erst, wenn Ihnen alle Belege und insbesondere die Gelangensbestätigung vorliegen, buchen Sie um auf innergemeinschaftliche Lieferung. | Sie buchen die Steuerbefreiung sofort und - sollte sich diese im Nachhinein als falsch erweisen - von steuerfrei auf steuerpflichtig um. | |
6. Einschalten eines Exportdienstleisters: Sie machen Geschäfte ins Ausland unter Einschaltung eines professionellen Weiterverkäufers. | Der Fall „Baumer“ zeigt die Risiken: Schnell nimmt die Finanzverwaltung eine bloße Vermittlung an. Folge: Sie haben in Ihren „Kaufverträgen“ mit dem Exportdienstleister die Umsatzsteuer zu Unrecht ausgewiesen und schulden sie nochmal. Stimmen Sie Ihre Vorgehensweise in solchen Fällen unbedingt vorher mit Ihrem Steuerberater ab! | |
7. Fahrzeugakte von überragender Bedeutung für den Vertrauensschutz: Im „Drang der Geschäfte“ schleichen sich Nachlässigkeiten bei der Aktenführung ein. Sie nehmen das hin, weil der Umsatz „stimmt“. | Das kann teuer werden! Eine penible Aktenführung ist entscheidend für den Vertrauensschutz, wie EuGH und BFH immer wieder feststellen. | ASR 3/2015, 8 und 12 |
8. Gelangensbestätigung, elektronische: Sie drucken die Bestätigung aus und löschen den Datensatz. | Sie speichern auch den Datensatz. Seit neuestem (GoBD 2014) reicht es, wenn Sie bei einer E-Mail mit anhängender Rechnungs-PDF nur die PDF-Datei archivieren und die Transport-E-Mail löschen. | |
9. Junge Gebrauchte: Sie verkaufen „junge Gebrauchte“ differenzbesteuert an EU-Privatkunden. | Neufahrzeuge (jünger als 6 Monate und 1 Tag oder Fahrleistung noch unter 6.001 km) müssen Sie immer regelbesteuert in andere EU-Länder weiterverkaufen - und zwar netto steuerfrei innergemeinschaftlich. Sie dürfen also die Differenzbesteuerung nicht anwenden und müssen eine innergemeinschaftliche Lieferung an Privatkunden zusätzlich nach der „Fahrzeuglieferungs-Meldepflichtverordnung“ gesondert erklären. | Praxishandbuch Seiten 193 f. |
10. Rechnungszeitpunkt: Mit der Abrechnung einer innergemeinschaftlichen Lieferung warten Sie, bis Ihnen alle Belege - insbesondere die Gelangensbestätigung - vorliegen. | Sie müssen die Rechnung zeitnah - bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats - ausstellen. | ASR 8/2013, 1, Praxishandbuch Seiten 194 f. |
11. Registrierungsfalle 1: Leasing-, Miet- und Vorführwagen: Sie verkaufen Fahrzeuge, die als Leasing-, Miet- oder Vorführwagen bereits beim Kunden im EU-Ausland sind. | Damit tätigen Sie im Zweifel einen Umsatz im EU-Ausland und werden dort registrierungspflichtig. Das können Sie über eine Rückholvereinbarung vermeiden, in deren Folge Sie dann wie gewohnt steuerfrei innergemeinschaftlich liefern können. | |
12. Registrierungsfalle 2: Verkäufe über befreundete Autohäuser: Sie verkaufen Fahrzeuge, die auf dem Hof befreundeter Händler im EU-Ausland ausgestellt waren. | Auch damit tätigen Sie im Zweifel im EU-Ausland einen Umsatz und werden dort steuerpflichtig. Wenn Sie das vermeiden, verhalten Sie sich wie bei den Vorführ- und Leasingfahrzeugen (oben Nr. 11) | |
13. Registrierungsfalle 3: Sie verkaufen hochpreisige gebrauchte Fahrzeuge an Private in einem bestimmten EU-Mitgliedstaat und befördern die Fahrzeuge selbst dorthin. | Dabei besteht die Gefahr, dass Sie die Lieferschwelle dieses EU-Mitgliedstaates überschreiten. Das löst neben der Registrierungspflicht weitere finanzielle Unannehmlichkeiten aus. Bestehen Sie darauf, dass Ihre Kunden die Fahrzeuge selbst abholen oder selbst eine Spedition beauftragen. | |
Der Fehler | So machen Sie es richtig | Fundstellen |
14. Reparaturabwicklung über Service-Dienstleister: Sie rechnen Reparaturen an EU-ausländische Kunden auch dann ohne Umsatzsteuer ab, wenn ein Service-Dienstleister wie zum Beispiel die DKV Mobility Service Group dazwischengeschaltet ist. | Falsch - in diesem Fall ist der (deutsche) Dienstleister Ihr Kunde und Sie müssen brutto abrechnen! | ASR 4/2015, 6ASR 2/2013, 9 |
15. USt-IdNr. zeitnah prüfen! Bei Vertragsschluss fragen Sie die ausländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Kunden qualifiziert ab und fordern das amtliche Bestätigungsschreiben an. Bis zur Auslieferung des Fahrzeugs vergeht in der Regel noch einige Zeit; auf eine erneute Abfrage verzichten Sie. | Sie benötigen eine zusätzliche qualifizierte Bestätigung der USt-IdNr. für den Tag der Lieferung! Sollte die USt-IdNr. dann nicht mehr gültig sein, ist keine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung möglich und Sie müssen brutto fakturieren! | |
16. Vorsteuerprobleme des EU-Kunden dürfen Sie nicht beeindrucken! Wenn der Kunde Ihnen im Einzelfall nachweist, dass sein Finanzamt oder das BZSt von der Steuerbefreiung oder Nicht-Steuerbarkeit Ihres Umsatzes ausgehen und ihm daher den Vorsteuerabzug verweigern, sind Sie auch zu einer Nettorechnung bereit. | Die Entscheidung im Besteuerungsverfahren Ihres Kunden ist für Sie ohne Bedeutung. Behalten Sie im Zweifel unbedingt die Bruttoabrechnung bei! | |
17. Warenweg entscheidend: Sie machen die Einordnung eines Exportgeschäfts primär von der Nationalität des Kunden abhängig. | Zunächst müssen Sie auf den Warenweg abstellen. Führt dieser aus Deutschland in einen anderen EU-Mitgliedstaat, kommt ausschließlich die Steuerbefreiung für eine innergemeinschaftliche Lieferung in Betracht - auch bei einem Kunden aus einem Drittland außerhalb der EU. |
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