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  • 11.08.2008 | Bundesfinanzhof

    Anrechnung der Kapitalertragsteuer

    Hat ein Anleger im Rahmen eines Tafelgeschäfts keine Bescheinigung über die einbehaltene Kapitalertragsteuer erhalten, kann er sich den einbehaltenen Zinsabschlag von 35 v.H. nicht anrechnen lassen (BFH 29.4.08, VIII R 28/07, Abruf-Nr. 082091). Aus diesem Grunde muss der Sparer den Kapitalertrag noch einmal voll mit seiner individuellen Progression versteuern. Damit eine Anrechnung über § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG erfolgen kann, wird zwingend eine Bescheinigung nach amtlichem Muster gem. § 45a EStG benötigt. Das hat die weitere Konsequenz, dass im Falle der Hinterziehung die gesamten Kapitaleinnahmen und nicht nur die nach Abzug des Zinsabschlags verbleibende Differenz strafrechtlich berücksichtigt werden.

     

    Hinweis: Die Steuerbescheinigung wird ab 2009 weiter benötigt, sofern einbehaltene Abgeltungsteuer in der Veranlagung berücksichtigt werden soll. Bei Quellensteuern reicht hingegen ein einfacher Nachweis, etwa aus dem Beleg über die Dividendenzahlung (§ 68b EStDV). 

     

    Noch nicht abgezogene Kapitalertragsteuer lässt sich in bestandskräftigen Einkommensteuerbescheiden nachträglich berücksichtigen. Hier erfolgt zunächst über § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO eine Berichtigung des Steuerbescheides zuungunsten des Anlegers. Das betrifft die aufgrund einer Selbstanzeige oder durch die Steuerfahndung nachzuversteuernden Kapitaleinnahmen. Hierauf wird dann die Kapitalertragsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG angerechnet, soweit der Einbehalt auf die nacherfassten Einkünfte entfällt. Das gelingt ebenfalls nur unter Vorlage einer Steuerbescheinigung und sofern der Zeitraum noch nicht verjährt ist (OFD Hannover 3.6.08, S 0351 - 77 - StO 143). Denn die mit der Einkommensteuerfestsetzung verbundene Anrechnungsverfügung ist ein selbstständiger Verwaltungsakt, der nach den §§ 130 oder 131 AO korrigiert werden kann. Die Anrechnung erfolgt beim bestandskräftigen Bescheid auch, wenn 

     

    • es insgesamt zu einer Erstattung kommt, weil die Anlegerprogression unter dem Satz des Zinsabschlags liegt. § 173 AO bezieht sich nur auf die höheren Einkünfte vor der Anrechnung,
    • die Kapitaleinnahmen hinterzogen waren und deshalb der Zinsabschlag ebenfalls nicht angegeben war,
    • die nachträglich bekannt gewordenen Kapitalerträge unter dem Sparer-Freibetrag und damit ohne Auswirkung bleiben. Dann wird die Kapitalertragsteuer vollständig erstattet,
    • sich die Steuerschuld aus anderen Gründen wie etwa Verlusten aus anderen Einkunftsarten trotz Berücksichtigung der Kapitaleinkünfte nicht verändert oder insgesamt Null bleibt.