14.10.2008 | Durchgriffshaftung
Durchgriffshaftung auf das Vermögen von GmbH-Gesellschaftern
von RA Dr. Jochen Blöse, MBA, Mediator CfM, Köln
Häufig wird bei der Entscheidung über die Wahl der Rechtsform bei der Gründung einer Gesellschaft als Argument für die GmbH ins Feld geführt, dass deren Gesellschafter keiner Haftung unterliegen. Dies ist zwar grundsätzlich zutreffend, da nach § 13 Abs. 2 GmbHG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern gegenüber nur das Gesellschaftsvermögen haftet, jedoch gilt dieser Grundsatz nicht ohne Ausnahme. Die Rechtsprechung hat verschiedene Fälle der Durchgriffshaftung entwickelt. Liegt ein solcher Fall vor, so kann der Gesellschaftsgläubiger seinen Anspruch unmittelbar gegenüber einem Gesellschafter geltend machen. In einer neueren Entscheidung hat das Kammergericht Berlin geurteilt, dass dies auch solche Personen betreffen kann, die gar nicht selbst unmittelbare Gesellschafter sind (KG Berlin 4.12.07, 7 U 77/07, Abruf-Nr. 082944).
1. Grundlegendes zur Durchgriffshaftung
Die Fälle, in denen eine Durchgriffshaftung auf das Vermögen der Gesellschafter in Betracht kommt, lassen sich nicht auf eine einheitliche dogmatische Grundlage stellen. Als verbindendes Element kann jedoch betrachtet werden, dass in den von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen die betreffenden Gesellschafter die durch die Gesellschaft vermittelte Haftungsbeschränkung missbraucht haben (s. dazu Scholz-H. P. Westermann, GmbHG, 10. Aufl., Einl., Rz. 13). Allerdings betrachtet die Rechtsprechung nicht jedes Verhalten, das zulasten der Gläubiger die Haftungsbegrenzung durch die GmbH ausnutzt, als ausreichende Grundlage für einen Durchgriff auf das Gesellschaftervermögen. Die Durchgriffshaftung hat vielmehr Ausnahmecharakter und die Rechtsprechung setzt die Schwelle, ab der diese Haftungsfigur eingreift, sehr hoch an; als grobe Leitlinie kann insoweit genannt werden, dass eine Durchgriffshaftung dann in Betracht zu ziehen ist, wenn auch der Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung i.S. von § 826 BGB erfüllt ist (s. dazu Roth/Altmeppen-Altmeppen, GmbHG, 5. Aufl., § 13, Rz. 109).
2. Fallgruppen der Durchgriffshaftung
Als typische Fallgruppen der Durchgriffshaftung kommen insbesondere die Vermögensvermischung, die Sphärenvermischung und der objektive Rechtsform- oder Institutsmissbrauch in Betracht; der intensiv diskutierte Fall der sogenannten materiellen Unterkapitalisierung hat sich hingegen in der Rechtsprechung noch nicht als Durchgriffshaftungstatbestand durchgesetzt (Roth/Altmeppen-Altmeppen, a.a.O., Rz. 116 f.).
Von einer Vermögensvermischung ist dann auszugehen, wenn sich nicht ermitteln lässt, welcher Vermögensgegenstand zum Gesellschafts- und welcher zum Privatvermögen gehört. Eine solche Situation wird regelmäßig nur dann gegeben sein, wenn das Gesellschaftsvermögen in den Buchhaltungsunterlagen der Gesellschaft unzureichend ausgewiesen ist, die Buchführung aus anderen Gründen undurchsichtig ist oder aus außerhalb des buchhalterischen Bereichs liegenden Gründen die Vermögensabgrenzung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern verschleiert ist (BGH 13.4.94 , II ZR 16/93, BGHZ 125, 366, 368).
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