15.09.2008 | Gesellschaftsrecht
Aktuelle Entscheidungen des BGH zu den Haftungsrisiken des faktischen Geschäftsführers
Geschäftsführer einer GmbH ist derjenige, der im Handelsregister als solcher eingetragen ist. Diese einfache Regel gilt nicht ausschließlich. Die Rechtsprechung erkennt seit einiger Zeit an, dass es auch einen sogenannten faktischen Geschäftsführer geben kann. Nicht abschließend geklärt ist jedoch, wer als solcher zu bezeichnen ist. Klar ist, dass faktischer Geschäftsführer nur derjenige ist, der die Geschicke der Gesellschaft durch eigenes Handeln im Außenverhältnis maßgeblich beeinflusst. Wann eine solche Beeinflussung im Einzelfall vorliegt, ist allerdings nach wie vor nicht verbindlich zu beantworten. Der BGH hat sich in einer aktuellen Entscheidung vom 11.2.08 (II ZR 291/06, Abruf-Nr. 081582) erneut mit dieser Frage auseinander gesetzt.
1. Rechtsstellung des „normalen“ Geschäftsführers
Der normale, also durch die Gesellschafterversammlung bestellte Geschäftsführer ist das geborene Vertretungsorgan der Gesellschaft (§§ 35, 36 GmbHG). Seine umfassende Vertretungsbefugnis kann mit Wirkung gegenüber Dritten nicht wirksam beschränkt werden (§ 37 Abs. 2 GmbHG). Neben der Vertretungsmacht kommt dem Geschäftsführer auch umfassende Geschäftsführungsbefugnis zu, insbesondere ist er für die Erfüllung der handelsrechtlichen Rechnungslegungspflichten verantwortlich (§§ 41, 42a GmbHG). Bei Eintritt von Insolvenzantragsgründen ist es der Geschäftsführer, der gemäß § 64 Abs. 1 GmbHG und demnächst § 15a InsO verpflichtet ist, Insolvenzantrag zu stellen.
Mit diesen vorstehend nur beispielhaft genannten umfassenden Befugnissen korrespondieren ebenso umfassende Haftungsverpflichtungen. Gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG haften die Geschäftsführer, die in den Angelegenheiten der Gesellschaft nicht die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes angewandt haben, der Gesellschaft auf Schadenersatz. Auch in der Krise der Gesellschaft drohen für die Geschäftsführer einschneidende Haftungen. Nach § 64 Abs. 2 GmbHG sind sie der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Insolvenzreife geleistet wurden und die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar waren.
2. Vorliegen einer faktischen Geschäftsführung
Für einen faktischen Geschäftsführer ist die Situation noch schwieriger zu beherrschen. Anders als für einen bestellten Geschäftsführer stellt sich für ihn zusätzlich die Frage, ob er sich wie ein solcher behandeln lassen muss, er also faktischer Geschäftsführer ist. Mit dem Problem der faktischen Organstellung hat sich der BGH schon sehr frühzeitig auseinandergesetzt. Zu unterscheiden sind dabei zwei Fälle: Zum einen die Situation, in der die betreffende Person zum Geschäftsführer – oder auch Vorstand einer AG – bestellt werden sollte, der Bestellungsakt aber fehlerhaft war und zum anderen die Situation, in der eine Bestellung überhaupt nicht erfolgen sollte und der Betreffende die Gesellschaft faktisch umfassend vertreten hat. In der Praxis häufiger vorkommend und im Folgenden ausschließlich behandelt, sind die letztgenannten Fälle. Ausgehend von der in strafrechtlichen Zusammenhängen schon sehr frühzeitig vertretenen Auffassung (siehe z.B. BGHSt 3, 32, 33) hat der BGH in seiner Entscheidung vom 21.3.88 (BGHZ 104, 44, 46 ff.) geurteilt, dass faktischer Geschäftsführer in diesem letztgenannten Sinne derjenige ist, der ohne eine Organstellung zu bekleiden, tatsächlich wie ein geschäftsführendes Organ tätig wird.
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