01.02.2005 | Insolvenzrecht
Insolvenztourismus – Verlegung des Unternehmenssitzes zeitnah zur drohenden Insolvenz
Droht dem Unternehmen die Insolvenz, wächst häufig der Wunsch nach einer Verlegung des Unternehmenssitzes und damit einhergehend der Wechsel des Zuständigkeitsbereichs des Insolvenzgerichtes. Gründe für einen Wechsel können dabei ganz unterschiedlicher Natur sein. Der Grund, der am häufigsten angeführt wird, ist der, der negativen Öffentlichkeitswirkung, die einem Insolvenzverfahren nach wie vor anhaftet. Das Umfeld des Unternehmens und insbesondere auch das persönliche Umfeld der Geschäftsleitung und der Gesellschafter sollen von diesem Negativimage ferngehalten werden. Vielfach steht aber auch die Absicht dahinter, einen bestimmten Insolvenzverwalter bestellen zu lassen, der dem Zuständigkeitsbereich eines anderen Gerichts untersteht. Schließlich kann auch der Grund „Spuren zu verwischen“ nicht ausgeschlossen werden, also die Ermittlung von Sachverhalten zu erschweren, aus denen sich Ansprüche gegen Geschäftsleitung oder Gesellschafter herleiten lassen. Welche Möglichkeiten sich dem Unternehmer bieten, ist Inhalt dieses Beitrags.
1. Problematik der insolvenznahen Sitzverlegung
Die Problematik einer insolvenznahen Sitzverlegung wird in der Literatur heftig diskutiert. Kernfrage der Diskussion ist, ob eine Sitzverlegung kurz vor Insolvenzantragstellung als Anhaltspunkt für eine gesteuerte Insolvenz betrachtet werden kann. Gesteuerte Insolvenz soll heißen, dass die Vorbereitung und Durchführung des Insolvenzverfahrens unter Begehung von Straftaten erfolgt (Leibner, NZI 02, 479, 479). Inwieweit durch entsprechende Steuerungsmaßnahmen tatsächlich die Zuständigkeit eines bestimmten Insolvenzgerichts erreicht werden kann, hat in jüngerer Zeit mehrfach die Rechtsprechung beschäftigt.
2. Zuständigkeitsregelung nach der InsO
Nach § 3 Abs. 1 S. 2 InsO ist für ein Insolvenzverfahren das Insolvenz-gericht zuständig, in dessen Bezirk das insolvente Unternehmen den Mittelpunkt seiner selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit hat. Lässt sich ein solcher Ort nicht feststellen, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das Schuldnerunternehmen seinen Sitz hat, so wie er im Gesellschaftsvertrag genannt ist.
2.1 Zuständigkeit bei so genannter Firmenbestattung
In jüngerer Vergangenheit ist es immer wieder zu den Fällen gekommen, in denen kurz vor Insolvenzantragsstellung die Geschäftsanteile an einem Krisenunternehmen auf einen neuen Gesellschafter übertragen wurden, dieser sodann eine auf einer alsbald abgehaltenen Gesellschafterversammlung sich selbst zum Geschäftsführer bestellte und die Firma der Gesellschaft, nicht jedoch ihren Sitz, änderte. Kurze Zeit später wurde in diesen Fällen ein Insolvenzantrag gestellt und beantragt das Insolvenzverfahren bei einem anderen Gericht durchzuführen als demjenigen, an dem das Unternehmen werbend tätig war und seinen Sitz hat. Begründet wurde dies damit, dass sich die Gesellschaft in Abwicklung befinde und alle sie betreffenden Unterlagen an den Wohnort oder den Bürositz des neuen Gesellschafter-Geschäftsführers verbracht worden seien, von wo aus die Abwicklung betrieben werde.
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