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  • Internationale Rechnungslegung
    Vorräte nach IAS 2
    von StB Dr. Hanno Kirsch, CPA, Meldorf
    Nach IAS 2.4 zählen zu den Vorräten Vermögenswerte, die
  • zum Verkauf im normalen Geschäftsgang gehalten werden,
  • die sich in der Herstellung für einen solchen Verkauf befinden oder
  • die als Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe bei der Herstellung oder der Erbringung von Dienstleistungen bestimmt sind, verbraucht zu werden.
    Der Anwendungsbereich des IAS 2 schließt unter anderem unfertige Erzeugnisse im Rahmen von Fertigungsaufträgen ("langfristige Auftragsfertigung") aus, die Gegenstand des Regelungsbereichs des IAS 11 bilden. Für die Anwendung der IAS-Vorschriften empfiehlt sich, im Zweifelsfall zunächst die Voraussetzungen des IAS 11 zu prüfen.
    1. Anschaffungs- und Herstellungskosten
    1.1 Anschaffungskosten
    IAS 2.6 enthält die zentrale Bewertungsvorschrift für Vorräte im Sinne des IAS 2. Danach sind Vorräte mit dem niedrigeren Wert aus Anschaffungs- oder Herstellungskosten und Nettoveräußerungswert zu bewerten.
    Als Anschaffungskosten werden alle Kosten aktiviert, die in direkter Beziehung zu dem Erwerbsvorgang stehen. Nach IAS 2.7 sind alle Kosten einzubeziehen, die angefallen sind, um die Vorräte an ihren derzeitigen Ort und in ihren derzeitigen Zustand zu versetzen. Die Anschaffungskosten umfassen nach IAS 2.8 f. und IAS 2.13 folgende Bestandteile:
    Anschaffungspreis
    + Anschaffungsnebenkosten
    - Anschaffungskostenminderungen
    + sonstige Kosten
    = Anschaffungskosten
    Zu den Anschaffungsnebenkosten gehören nach IAS 2.8 die direkt dem Anschaffungsvorgang zurechenbare Kosten. Hierzu zählen beispielsweise nicht abziehbare Zölle und Steuern, Versicherungen, Transportkosten und Verbringungskosten sowie andere Kosten, die der Beschaffung von Waren, Stoffen oder Diensten direkt zuordenbar sind.
    Die Anschaffungskostenminderungen umfassen Skonti, Rabatte, Boni und sonstige Preisnachlässe. Zu den sonstigen Kosten gehören ausschließlich Kosten, die angefallen sind, um die Vorräte an ihren derzeitigen Ort und in den derzeitigen Zustand zu versetzen. Obwohl sich die sonstigen Kosten nach IAS 2.13 sowohl auf Anschaffungs- und Herstellungskosten beziehen, finden sich in IAS 2.13 nur Beispiele, die den Umfang der Herstellungskosten regeln.
    Der bislang aufgezeigte Umfang der Anschaffungskosten (Mindestumfang) entspricht grundsätzlich dem deutschen HGB. Darüber hinaus können jedoch unter bestimmten Umständen Fremdkapitalkosten und Fremdwährungsdifferenzen in die Anschaffungskosten (siehe 2.2.) einbezogen werden.
    1.2 Herstellungskosten
    Nach IAS besteht ein Ansatzgebot für die produktionsbezogenen Vollkosten. Diese umfassen gemäß IAS 2.10 die Material- und Fertigungseinzelkosten sowie die (variablen und fixen) Material- und Fertigungsgemeinkosten zur Herstellung des Vermögenswerts und seiner Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand. Sozialkosten und Verwaltungskosten sind in die Herstellungskosten nur einzubeziehen, wenn sie dem Produktionsvorgang zugeordnet werden können oder sie dazu dienen, den Vermögenswert in den betriebsbereiten Zustand für seine vorgesehene Verwendung zu versetzen. Ein Aktivierungsverbot besteht für allgemeine Verwaltungskosten und Vertriebskosten.
    Hieraus ergibt sich für die Verwaltungskosten die Notwendigkeit, diese im Einzelnen auf ihre Zugehörigkeit zu einem bestimmten Funktionsbereich zu untersuchen. Beispielsweise werden die Verwaltungskosten für das Rechnungswesen in die produktionsbezogenen Verwaltungskosten (z.B. Rechnungsprüfung, Kostenrechnung, Personalabrechnung für die Produktion und häufig Vorrats- und Sachanlagenbuchhaltung), welche in die aktivierungspflichtigen Herstellungskosten einzubeziehen sind, die vertriebsbezogenen Verwaltungskosten (z.B. Kundenkontokorrent, Umsatzsteuer) und die allgemeinen Verwaltungskosten (z.B. Jahresabschlusserstellung, Liquiditätsplanung, Grundsatzabteilung), die nicht in die aktivierungspflichtigen Herstellungskosten einbezogen werden, untergliedert. Entsprechendes gilt für die Sozialkosten (Kosten für freiwillige soziale Leistungen, für soziale Einrichtungen, für die betriebliche Altersversorgung), bei denen zwecks Aktivierung derjenige Teil herauszulösen ist, welcher sich auf die Produktion bezieht.
    Die Einbeziehung von Steuern in die Herstellungskosten ist in IAS 2 nicht explizit geregelt. Vielmehr ist nach Meinung der Kommentierung länderspezifisch zu untersuchen, ob einzelne Steuerarten aktivierungspflichtige Elemente der Herstellungskosten darstellen. Für das gegenwärtige deutsche Steuersystem ergibt sich eine Einbeziehungspflicht der Grundsteuer, soweit sie auf das im Produktionsbereich gebundene Grundvermögen entfällt.
    Lagerkosten sind in die Herstellungskosten einzubeziehen, sofern sie vor Beginn des Produktionsprozesses (Lager für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) oder während der Produktion (Lager für unfertige Erzeugnisse) anfallen. Dagegen gehören Lagerkosten für Fertigerzeugnisse nicht zu den Herstellungskosten, da sie nicht mehr anfallen, um einen Gegenstand des Vorratsvermögens an seinen gegenwärtigen Ort zu verbringen bzw. in seinen gegenwärtigen Zustand zu versetzen (IAS 2.7). Diese Regelung entspricht dem deutschen Handelsrecht.
    Leerkosten der Produktion, die auf eine niedrigere Auslastung der vorhandenen Produktionskapazitäten zurückzuführen sind, dürfen nicht in die Herstellungskosten eingehen. Die Verrechnung der fixen Produktionsgemeinkosten auf Vorräte erfolgt grundsätzlich auf Basis einer Normalbeschäftigung. Diese ist als das Produktionsvolumen definiert, das im Durchschnitt über eine Anzahl von Perioden und Saisons unter normalen Umständen und unter Berücksichtigung von Ausfällen auf Grund planmäßiger Instandhaltungen erwartet werden kann (IAS 2.11 S. 2). Diese Verrechnung der auf Basis der Normalbeschäftigung verrechneten Normalkosten darf jedoch nicht dazu führen, dass bei Überbeschäftigung den Vorräten zu hohe fixe Gemeinkosten je Stück zugeordnet werden. In diesem Fall wirkt eine Begrenzung auf die tatsächlich angefallenen fixen Herstellungskosten entgegen (IAS 2.11 S. 5).
    Beispiel 1
    Für die Produktion des von einem Unternehmen erstellten Fertigerzeugnisses (Einproduktunternehmen) fallen durchschnittlich 5 EUR Einzelmaterialkosten und 1 EUR variable Einzelmaterialgemeinkosten an. Die variablen Fertigungsgemeinkosten betragen durchschnittlich 2 EUR je Stück. In den einzelnen Funktionsbereichen fallen folgende fixe Gemeinkosten (Normalkosten = Istkosten) an:
    Funktionsbereich Fixe Normalkosten =
    Fixe Istkosten
    Fertigung 600.000 EUR
    fertigungsbezogene Verwaltungskosten und fertigungsbezogene Sozialkosten 50.000 EUR
    allgemeine Verwaltungskosten und allgemeine Sozialkosten 150.000 EUR
    Vertrieb 400.000 EUR
    Ein Unternehmen weist eine Normalbeschäftigung von 100.000 Stück je Periode auf. In der Abrechnungsperiode wurden produziert:
    a) 75.000 Stück,
    b)125.000 Stück.
    Lösung: In die Herstellungskosten sind vom sachlichen Umfang die Materialstückeinzelkosten (5 EUR), die Materialstückgemeinkosten (1 EUR), die Fertigungsstückeinzel- und variablen Fertigungsstückgemeinkosten (2 EUR), die fixen Fertigungsgemeinkosten sowie die fixen fertigungsbezogenen Verwaltungs- und die fixen fertigungsbezogenen Sozialkosten einzubeziehen.
    a)Im Falle der Unterbeschäftigung errechnen sich durchschnittliche fixe Ist-Fertigungskosten (einschließlich fixe fertigungsbezogene Verwaltungsgemeinkosten und fixe fertigungsbezogene Sozialkosten) in Höhe von 8,67 EUR. Es tritt jedoch eine Deckelung auf die Höhe der normalerweise anfallenden durchschnittlichen fixen Fertigungsgemeinkosten in Höhe von 6,50 EUR ein. Damit betragen die Herstellungskosten je Stück 14,50 EUR.
    b)Im Falle der Überbeschäftigung errechnen sich durchschnittliche fixe Ist-Fertigungskosten (einschließlich fixe fertigungsbezogene Verwaltungsgemeinkosten und fixe fertigungsbezo-gene Sozialkosten) in Höhe von 5,20 EUR. Ein Ansatz der fixen Normalgemeinkosten des Fertigungsbereichs (6,50 EUR) ist jedoch nicht möglich, da es dann zur Aktivierung höherer als der tatsächlich angefallenen Anschaffungs- und Herstellungskosten kommen würde. Dementsprechend betragen die Herstellungskosten in diesem Fall 13,20 EUR.
    Fremdkapitalkosten sind grundsätzlich als Periodenaufwand und nicht als Bestandteil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu erfassen. Eine andere Beurteilung kann sich bei den Fremdkapitalkosten eines qualifizierten Vermögenswertes ergeben. Ein qualifizierter Vermögenswert liegt vor, wenn ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich ist, um diesen in einen gebrauchsfähigen Zustand zu versetzen (IAS 23.4). Für Fremdkapitalkosten, welche direkt dem Erwerb oder der Herstellung eines qualifizierten Vermögenswertes zugeordnet werden können, besteht ein Wahlrecht. Nach der IAS-Benchmark-Bewertungsmethode sind die Fremdkapitalkosten eines qualifizierten Vermögenswertes als Aufwand zu verrechnen, nach der alternativ zulässigen Bewertungsmethode dürfen die direkt einem qualifizierten Vermögenswert zuordenbaren Fremdkapitalkosten aktiviert werden.
    Fremdwährungsdifferenzen dürfen nach IAS 2.9 nur dann in die Herstellungskosten einbezogen werden, falls diese aus einer erheblichen Abwertung oder einem Verfall einer Währung stammen, gegen die bzw. den praktisch kein Sicherungsgeschäft möglich ist (IAS 21.21). Wie bei den Fremdkapitalkosten handelt es sich auch bei diesem Wahlrecht um die alternativ zulässige Methode gemäß IAS.
    2. Bewertungsvereinfachungsverfahren
    Grundsätzlich sind Vorräte gemäß IAS 2.19 einzeln zu bewerten. Bei Vorratsgegenständen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht durch eine Einzelbewertung ermittelt werden, können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mittels Bewertungsvereinfachungsverfahren bewertet werden. Die IAS kennen zwei Benchmark-Bewertungsmethoden, nämlich die Verbrauchsfolgebewertung nach dem First-in-first-out-Verfahren (Fifo) und die Durchschnittsmethode (IAS 2.21). Als alternativ zulässige Bewertungsmethode ist die Verbrauchsfolgebewertung nach dem Last-in-first-out-Verfahren (Lifo) (IAS 2.23) vorgesehen.
    Sämtliche Bewertungsvereinfachungsverfahren sind zur Bestimmung der Anschaffungs- und Herstellungskosten von vergleichbaren Vorratsgegenständen, die (gewöhnlich) in großen Mengen angeschafft oder hergestellt werden, bestimmt. Das Kriterium der Vergleichbarkeit (physische oder wertmäßige Vergleichbarkeit) wird in IAS 2 jedoch nicht näher bestimmt.
    Das Fifo-Verfahren basiert auf der Annahme, dass die zuerst beschafften oder hergestellten Vorräte zuerst verbraucht oder verkauft werden. Dementsprechend setzt sich der Endbestand aus den Anschaffungs- und Herstellungskosten der zuletzt beschafften Vorräte zusammen und stellt damit eine vergleichsweise gegenwartsnahe Bewertung der vorhandenen Vorratsbestände dar.
    Bei der Durchschnittsmethode werden die Anschaffungs- und Herstellungskosten von vergleichbaren Vermögenswerten dadurch bestimmt, dass ein gewogener Durchschnitt aus den Anschaffungs- und Herstellungskosten der zu Beginn der Periode vorhandenen Vorräte und den zu Anschaffungs- und Herstellungskosten bewerteten Zugängen während der Periode gebildet wird (IAS 2.22 S. 2).
    Das Lifo-Verfahren geht von der Annahme aus, dass die zuletzt beschafften oder hergestellten Vorräte zuerst verbraucht oder verkauft werden (IAS 2.24). Dementsprechend erhält man in der GuV ein sehr zeitnahes Bild des Umsatzerfolgs eines Unternehmens. Damit besteht der Endbestand aus den Anschaffungs- und Herstellungskosten des Anfangsbestands und den zuerst in der laufenden Periode beschafften Vorräten. Bei der Lifo-Methode schreiben die IAS keine spezifische Form vor, so dass die gängigen Verfahren (z.B. periodisches Verfahren, permanentes Verfahren, Verfahren mit Layer) angewendet werden können. Unabhängig von der Anwendung eines bestimmten Bewertungsvereinfachungsverfahrens sind die jeweils ermittelten Anschaffungs- und Herstellungskosten am Bilanzstichtag dem Niederstwerttest (vgl. Abschnitt 3.) zu unterziehen.
    Beispiel 2
    Gegeben sei folgende Entwicklung der Vorräte eines bestimmten Bestands:
      Menge Kosten pro Stück (EUR) Lagerbestand
    Anfangsbestand 1. Januar 01 100 100 100
    Verbrauch/Verkauf Januar 01 90   10
    Zugang März 01 150 110 160
    Verbrauch/Verkauf April 01 60   100
    Zugang Juni 01 170 115 270
    Verbrauch/Verkauf August 01 110   160
    Zugang September 01 100 118 260
    Verbrauch/Verkauf November 01 120   140
    Endbestand 31. Dezember 01     140
    Der Nettoveräußerungswert je Einheit des Vorratsgegenstandes beträgt am Bilanzstichtag 120 EUR.
    Lösung
    Nach IAS 2 ergeben sich folgende alternativen Wertansätze:
    (1) Fifo-Methode
      Menge Kosten pro Stück (EUR) Lagerbestands-
    wert (EUR)
    Anfangsbestand 1. Januar 01 100 100 10.000
    Verbrauch/Verkauf Januar 01 90 90 á 100 EUR 1.000
    Zugang März 01 150 110 17.500
    Verbrauch/Verkauf April 01 60 10 á 100 EUR
    50 á 110 EUR
    11.000
    Zugang Juni 01 170 115 30.550
    Verbrauch/Verkauf August 01 110 100 á 110 EUR
    10 á 115 EUR
    18.400
    Zugang September 01 100 118 30.200
    Verbrauch/Verkauf November 01
    (= Endbestand 31. Dezember 01)
    120 120 á 115 EUR 16.400
    Der Endbestand bei der Fifo-Methode besteht aus 100 Stück á 118 EUR und 40 Stück á 115 EUR.
    (2) Durchschnittsmethode
    Der gewogene Durchschnitt ermittelt sich wie folgt:
    durchschnittlich gewogene Anschaffungs- oder Herstellungskosten =
    (100 * 100 EUR + 150 * 110 EUR + 170 * 115 EUR + 100 * 118 EUR)/(100+150+170+100) = 111,25 EUR
    Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten belaufen sich nach dieser Methode auf 15.575 EUR.
    (3) Lifo-Methode
    a. permanente Lifo-Methode
      Menge Kosten pro Stück (EUR) Lagerbestands-
    wert (EUR)
    Anfangsbestand 1. Januar 01 100 100 10.000
    Verbrauch/Verkauf Januar 01 90 90 á 100 EUR 1.000
    Zugang März 01 150 110 17.500
    Verbrauch/Verkauf April 01 60 60 á 110 EUR 10.900
    Zugang Juni 01 170 115 30.450
    Verbrauch/Verkauf August 01 110 110 á 115 EUR 17.800
    Zugang September 01 100 118 29.600
    Verbrauch/Verkauf November 01
    (= Endbestand 31. Dezember 01)
    120 100 á 118 EUR
    20 á 115 EUR
    15.500
    Der Endbestand besteht aus 10 Einheiten á 100 EUR, 90 Einheiten á 110 EUR und 40 Einheiten á 115 EUR.
    b. Perioden-Lifo-Methode
    Beim Perioden-Lifo setzt sich der Endbestand von 140 Einheiten aus dem Anfangsbestand mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von 100 EUR und den 40 Einheiten aus dem Zugang März 01 mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von 110 EUR zusammen. Damit betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach dieser Methode 14.400 EUR.
    Der Nettoveräußerungswert ist mit 140 * 120 EUR (16.800 EUR) stets höher als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten und gelangt dementsprechend in keinem der Bewer-tungsvarianten zum Ansatz.
    3. Niederstwerttest
    Hinsichtlich des Niederstwerttests folgen die IAS von der theoretischen Grundausrichtung einer absatzmarktorientierten Betrachtungsweise. Dementsprechend sind nach IAS 2.6 die Anschaffungs- und Herstellungskosten mit dem Nettoveräußerungswert zu vergleichen. Der Nettoveräußerungswert ist der geschätzte Verkaufspreis zum Bewertungsstichtag im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs abzüglich der geschätzten Kosten der Fertigstellung und der geschätzten notwendigen Absatzkosten (IAS 2.4).
    Eine Ausnahme von der absatzmarktorientierten Betrachtungsweise kann sich allenfalls für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe ergeben. Grundsätzlich gilt jedoch auch für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe die absatzmarktorientierte Bewertung, d.h. vom voraussichtlichen Veräußerungserlös sind die voraussichtlichen Kosten des Verkaufs sowie der Veredelung vom Roh-, Hilfs- und Betriebsstoff bis zur Fertigstellung des Endproduktes abzuziehen (retrograde Bewertung). Diese retrograde Bewertung ist in vielen Fällen jedoch unzweckmäßig, beispielsweise wenn in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie ein Grundprodukt zu völlig unterschiedlichen Endprodukten mit unterschiedlichen Deckungsbeitrags- oder Gewinnmargen verarbeitet werden kann. Die Wiederbeschaffungskosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe dürfen zur Bewertung derselben ausnahmsweise dann verwendet werden, wenn ein Preisrückgang für diese Stoffe darauf hindeutet, dass auch die Herstellungskosten der Fertigerzeugnisse über dem Nettoveräußerungspreis liegen werden (IAS 2.29), mit anderen Worten dass der Preisrückgang auf den Beschaffungsmärkten des Unternehmens (Wiederbeschaffungskosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe) vo-raussichtlich auch einen Preisrückgang auf den Absatzmärkten des Unternehmens nach sich zieht. Diese Bedingung zur Verwendung der Wiederbeschaffungskosten als Maßstab der Abwertung ist jedoch auf ihre ökonomische Rationalität in einzelnen Branchen zu untersuchen. Beispielsweise wird diese Voraussetzung in weiten Bereichen der chemischen Industrie oder des Maschinenbaus erfüllt sein, nicht jedoch in der Verlagsbranche. Ein angenommener Preisrückgang für das Druckpapier wird kaum dazu führen, dass die Verlagserzeugnisse im Preis sinken werden.
    Bestehen für Vorratsgegenstände Festpreisvereinbarungen, so ist der vereinbarte Festpreis für die entsprechende unter die Festpreisvereinbarung fallende Menge Grundlage für den Nettoveräußerungswert. Für darüber hinausgehende Mengen wird der allgemeine Verkaufspreis dem Niederstwerttest zu Grunde gelegt (IAS 2.28).
    Beispiel 3
    Ein Unternehmen hat von einem unfertigen Erzeugnis 250 Stück zum Bilanzstichtag auf Lager. Die durchschnittlichen Herstellungskosten betrugen 10 EUR je Stück. An Veredelungs-kosten fallen durchschnittlich noch Herstellungskosten von 8 EUR je Stück sowie für die am allgemeinen Markt abgesetzten Erzeugnisse noch anteilige Vertriebskosten von 2,80 EUR je Stück an. Das Unternehmen hat eine Festpreisvereinbarung, nach der in der nächsten Periode 200 Stück zu einem Preis von 17,50 EUR geliefert werden müssen. Der allgemeine Verkaufspreis für das Fertigerzeugnis beträgt am Bilanzstichtag 20 EUR.
    Lösung zu Beispiel 3:
    Zum Bilanzstichtag sind die unter die Festpreisvereinbarung und die nicht unter die Festpreisvereinbarung fallenden Vorräte zu trennen (IAS 2.28). Für die unter die Festpreis-vereinbarung fallenden Vorräte ergibt sich folgende Betrachtung:
      Festpreis 17,50 EUR
    - voraussichtliche durchschnittliche Veredelungskosten 8,00 EUR
    = Nettoveräußerungspreis 9,50 EUR
    Mit dem Nettoveräußerungspreis von 9,50 EUR sind 200 Stück zu bewerten, woraus sich ein Bilanzansatz von 1.900 EUR ermittelt. Für die übrigen Vorräte ergibt sich folgende Betrachtung:
      allgemeiner Verkaufspreis 20,00 EUR
    - voraussichtliche durchschnittliche Vertriebskosten 2,80 EUR
    - voraussichtliche durchschnittliche Veredelungskosten 8,00 EUR
    = Nettoveräußerungspreis 9,20 EUR
    Mit dem Nettoveräußerungspreis von 9,20 EUR sind 50 Stück zu bewerten, woraus sich ein Bilanzansatz von 460 EUR ermittelt. Der Gesamtwert dieser Vorratsposition beläuft sich daher auf 2.360 EUR.
    Falls an einem auf den Bilanzstichtag der Abwertung folgenden Bilanzstichtag die abgewerteten Vorratsgegenstände noch vorhanden sind, müssen Wertaufholungen auf die Vorräte erfasst werden, sofern die Gründe für die Wertminderung entfallen sind (IAS 2.31).
    4. Anhangangaben
    Die IAS sehen vier Kategorien von Angabepflichten im Zusammenhang mit Vorräten vor, die i.d.R. im Anhang erfüllt werden:
    Anhangangaben
    Angabe über verwendete Bewertungsmethoden und Bewertungsverfahren (IAS 2.34 a)
    Im Einzelnen sind hier zu nennen:
  • Aktivierungsumfang der Anschaffungs- und Herstellungskosten (z.B. Aktivierungswahlrecht für Fremdkapitalzinsen)
  • angewandtes Bewertungsvereinfachungsverfahren
  • Art der Ermittlung der Herstellungskosten (z.B. Standardkosten oder Istkosten oder retrograde Kostenermittlung)
  • vorgenommene Wertberichtigungen sind zwar nicht explizit anzugeben; ihre Berechnung bildet jedoch die Voraussetzung zur Erfüllung der Angabepflicht des IAS 2.34 c und IAS 2.37 a (siehe unten).
    Wertmäßige Angaben. Hierzu zählen:
  • Gesamtbuchwert der Vorräte in einer unternehmensspezifischen Untergliederung (IAS 2.34 b). Obwohl eine Untergliederung des bilanziellen Postens "Vorräte" in Handelswaren, Roh- Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse, unfertige Leistungen und Fertigerzeugnisse verbreitet ist, wird eine solche Untergliederung nicht zwingend vorgeschrieben (IAS 2.35).
  • Buchwert der zum Nettoveräußerungswert angesetzten Vorräte (IAS 2.34 c)
  • Wertaufholungen unter Angabe der Gründe für die Wertaufholungen (IAS 2.34 d und 2.34 e)
  • Buchwert der als Sicherheit für Verbindlichkeiten verpfändeten Vorräte (IAS 2.34 f)
    Besondere Angaben zum Lifo-Verfahren bei Anwendung des Lifo-Verfahrens:
    Angabe der Differenz zwischen dem Wertansatz der Vorräte in der Bilanz und
  • dem niedrigeren Betrag, der sich bei Anwendung einer der beiden Benchmark-Bewertungsmethoden (Fifo-Methode oder Durchschnittsmethode) und dem Nettoveräußerungspreis ergibt oder
  • dem niedrigeren Betrag aus Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten und dem Nettoveräußerungswert (IAS 2.36)
    Sonstige Angaben
  • Anschaffungs- und Herstellungskosten der Vorräte, die als Periodenaufwand erfasst wurden (IAS 2.37 a). Im Wesentlichen zählen hierzu anomale Beträge für Materialabfälle, Kosten der Unterbeschäftigung im Fertigungsbereich (IAS 2.14 a) sowie Wertberichtigungen auf Grund des Niederstwerttests.
  • Bestandsveränderungen im Vorratsvermögen (IAS 2.39)
    Quelle: Betriebswirtschaftliche Mandantenbetreuung - Ausgabe 05/2003, Seite 144
    Quelle: Ausgabe 05 / 2003 | Seite 144 | ID 109441