01.07.2005 | Spekulationsgeschäfte
Neue Widrigkeiten bei den Börsengeschäften
Im März 2004 hatte das BVerfG die Steuererhebung auf Spekulationsgewinne der Jahre 1997 und 1998 für verfassungswidrig erklärt. Denn die Besteuerung hänge von der Mitwirkungs- und Erklärungsbereitschaft der Anleger ab, führe zu faktischen Ermittlungshemmnissen des Finanzamts und verstoße gegen das Gebot gleicher Steuerbelastung. Nunmehr dreht sich die Frage darum, ob die von Karlsruhe beanstandeten Vollzugsdefizite auch für weitere Jahre gelten, die Akteure an der Börse also grundsätzlich keine Steuern auf ihre Gewinne zahlen müssen (BVerfG 9.3.04, 2 BvL 17/02, Abruf-Nr. 040672). Eine Reihe von Finanzgerichten sowie der BFH haben dies in vorläufigen Beschlüssen bereits bejaht. Die Finanzverwaltung erlässt Steuerbescheide in diesem Punkt seitdem nur noch vorläufig und gewährt auf Antrag Aussetzung der Vollziehung des strittigen Steuerbetrags.
Spekulationsgeschäfte ab 2004
Für die Praxis bestehen zumindest ab 2004 bei inländischen Börsengeschäften keine Bedenken mehr, da Banken jetzt steuerpflichtige Veräußerungsgeschäfte in der Jahresbescheinigung auflisten. Erträge von jenseits der Grenze werden hingegen auch weiterhin nicht erfasst, auch nicht von der neuen EU-Zinsrichtlinie.
Einkünfte aus sonstigen Leistungen
Fast unbeachtet von der aktuellen Diskussion um Verfassungswidrigkeiten blieb bislang die Erfassung von Optionsprämien. Diese erhält der Stillhalter über die Terminbörse dafür, dass er seinem Gegenspieler einen Bezugswert später zu einem festgelegten Preis verkaufen muss. Die Prämien werden als Einkünfte aus sonstigen Leistungen nach § 22 Nr. 3 EStG und nicht als Spekulationsgeschäft nach § 23 EStG erfasst. Sie waren nicht Gegenstand des Beschlusses vom BVerfG, so dass auch die Finanzverwaltung diese sonstigen Einnahmen demnach auch nicht mit unter den Katalog der Vorläufigkeitsvermerke gefasst hat. Dieser umfasst nur die Gewinne aus privaten Wertpapier- und den übrigen Terminmarktgeschäften nach § 23 EStG. Nach dem Beschluss des FG Münster vom 5.4.05 (8 K 4710/01 E) ist aber auch die Besteuerung von erhaltenen Optionsprämien aus Stillhalterrechten im Jahr 1996 verfassungswidrig, da in dieser Beziehung vergleichbare Erhebungsdefizite vorgelegen haben. Die Richter legten deshalb dem BVerfG die Frage vor, ob die entsprechenden Vorschriften des EStG verfassungswidrig und nichtig seien. Das bedeutet für die betroffenen Akteure:
- Bescheide sind in Hinsicht auf § 22 EStG offen zu halten.
- Mangels Vorläufigkeitsvermerk ist in jedem Jahr ein Einspruch mit Verweis auf das beim BVerfG unter 2 BvL 8/05 anhängige Verfahren nötig.
- Betroffen sind alle Zeiträume, also auch die von der Spekulationsbesteuerung ausgenommenen Jahre 1997/98,
- Einnahmen aus Optionsprämien werden nicht durch die neue Jahresbescheinigung erfasst, so dass hier durchaus auch noch für 2004 ein Erhebungsdefizit erkennbar ist.(RK)
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