01.01.2006 | Unternehmenskrise
Spezielle Formen des Eigenkapitalersatzes
In der Rechtsprechung ist die Tendenz spürbar, den Anwendungsbereich des Eigenkapitalersatzrechts über den bisher üblichen Rahmen hinaus deutlich auszudehnen. So kommt als Eigenkapital ersetzende Gesellschafterhandlung bereits jede Maßnahme in Betracht, die wirtschaftlich einen Kreditierungseffekt besitzt – wie: Sicherheiten und Nutzungsüberlassungen. Welche Leistungen im Einzelnen darunter fallen, erläutert der folgende Beitrag.
1. Nichtabziehen von Fremdkapital
Das Nichtabziehen von Fremdkapital steht einer Darlehensgewährung gemäß § 32a Abs. 3 S. 1 GmbHG gleich, wenn dieser Vorgang nach Eintritt der Voraussetzungen des Absatzes 1 eigenkapitalersetzenden Charakter begründet, d.h. ein neutraler Dritter unter den gegebenen Umständen sein Kapital abgezogen hätte (Baumbach/Hueck, GmbHG, § 32a, Rn. 34). Dabei sind folgende Einzelfälle zu unterscheiden:
1.1 Prolongation
Die Verlängerung der Laufzeit eines befristeten oder gekündigten Darlehens entspricht einer erneuten Gewährung. Vereinbaren Gesellschaft und Gesellschafter, dass ein bestehendes Kündigungsrecht nicht ausgeübt werden soll oder wird eine bereits ausgesprochene Kündigung einvernehmlich zurückgenommen, so kann dies zu einer Qualifizierung eines als Fremdkapital gegebenen Gesellschafterdarlehens als Eigenkapital ersetzend führen. Die vor Eintritt der Krise ausgesprochene Kündigung bleibt aber wirksam und braucht im Krisenfall nicht wiederholt zu werden. Dies gilt auch dann, wenn die Rückzahlung noch nicht erfolgt ist. Ebenfalls einer Darlehensgewährung im eigenkapitalersatzrechtlichen Sinne gleichstehen kann die Änderung der Darlehensbedingungen. Dies trifft beispielsweise bei einer Zinsherabsetzung oder Tilgungsaussetzung zu, wenn diese nicht bereits bei einer früheren Darlehensvergabe vorgesehen war, sondern z.B. im Rahmen von Umschuldungsmaßnahmen vorgenommen wurde.
1.2 Stundung
Auch die Stundung eines fälligen Darlehensrückzahlungsanspruchs oder sonstiger vermögenswerter Forderungen gegen die Gesellschaft kann einem Darlehen entsprechen. Dabei ist die Stundungsdauer grundsätzlich ohne Bedeutung. Allerdings kann die Kapital ersetzende Funktion fehlen, wenn lediglich eine ganz kurze Frist eingeräumt wird. Wiederholte Stundungen sind ggf. in der Zusammenschau zu sehen (BGH, 28.11.94, II ZR 77/93, NJW 95, 457). Auch bei Drittgeschäften des Gesellschafters mit der Gesellschaft können Stundungen Anknüpfungspunkt der Eigenkapitalersatzregeln sein. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Gesellschaft von ihrem Gesellschafter etwas kauft und der Gesellschafter den Kaufpreis stundet. In gleicher Weise eigenkapitalersatzrechtlich relevant kann auch eine Vereinbarung mit dem Inhalt sein, eine Forderung nicht geltend zu machen (pactum de non petendo).
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