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  • · Fachbeitrag · Wirtschaftsprüfung

    Die EU-Reform der Abschlussprüfung

    von WP StB Dipl.-Kfm. Tobias Polka und B.A. Pleurat Mulaku, beide Düsseldorf

    | Der Mittelstand und seine Berater haben die Diskussion um die EU-Reform der Abschlussprüfung drei Jahre lang mit Spannung verfolgt. Nun, da die Reform in „trockenen Tüchern“ ist, kann vorsichtig Entwarnung gegeben werden. Die einschneidenden Regelungen, wie beispielsweise die externe Rotation sowie das Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen, bleiben Unternehmen von öffentlichem Interesse, deren Beratern und Prüfern vorbehalten. |

    1. Zum Hintergrund

    Durch die EU-Reform der Abschlussprüfung soll insbesondere die Unabhängigkeit von Abschlussprüfern gestärkt, die Aussagekraft von geprüften Abschlüssen erhöht und die Beaufsichtigung von Abschlussprüfern in der EU verbessert werden. Die Maßnahmen resultieren im Kern aus der Finanzkrise 2008 und sollen das Vertrauen der Märkte hinsichtlich der unabhängigen Urteilsbildung während einer Abschlussprüfung erhöhen.

     

    Grundsätzlich war somit die Erwartung, dass für viele Unternehmen und deren Abschlussprüfer strengere Anforderungen gelten werden. Zum Ergebnis des Prozesses und der vielen Diskussionen sagte Claus C. Securs, Präsident der Wirtschaftsprüferkammer (WPK): „Am Ende des gut dreijährigen Prozesses der Reform der Abschlussprüfung in Europa liegt nun ein Ergebnis mit Augenmaß vor“ (WPK, Mitteilung vom 3.4.14). 

    2. Zeitlicher Anwendungsbereich

    Am 3.4.14 hat das Europäische Parlament die EU-Reform der Abschlussprüfung verabschiedet. Kurz danach (am 14.4.14) hat der Rat der EU den Regulierungsvorschlägen zugestimmt. Am 27.5.14 wurden im EU-Amtsblatt Nr. L 158 die (Änderungs-)Richtlinie 2014/56/EU (S. 196 bis S. 226) sowie die Verordnung (EU) Nr. 537/2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse (S. 77 bis S. 112) veröffentlicht.

     

    MERKE | Beide Rechtsakte treten am 20. Tag nach der Veröffentlichung in Kraft. Die Verordnung wird grundsätzlich zwei Jahre nach der Veröffentlichung direkt in allen Mitgliedstaaten der EU gelten. Die Richtlinie muss von den Mitgliedstaaten innerhalb von zwei Jahren in mitgliedstaatliches Recht umgesetzt werden (vgl. WPK, Mitteilung vom 24.4.14).

     

     

    3. Sachlicher Anwendungsbereich

    Wesentliche Änderungen der Richtlinie und der Verordnung sind nachfolgend als Überblick dargestellt:

     

    • Änderungen durch die EU-Reform der Abschlussprüfung
    Fundstelle
    Tatbestand
    Richtlinie
    Verordnung

    Definition des Begriffs „Unternehmen von öffentlichem Interesse“

    Art. 2 Nr. 13 AP-RL

    Beteiligung gewerblicher Investoren an Prüfungsgesellschaften

    Art. 3 Abs. 4 AP-RL

    Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen bei Unternehmen des öffentlichen Interesses

    Art. 5 VO

    Transparenz der Abschlussprüfer und der zuständigen Behörde

    Art. 32 Abs. 6 AP-RL

    Art. 13 VO, Art. 28 VO

    externe Rotation für Abschlussprüfer von Unternehmen des öffentlichen Interesses, Joint Audit

    Art. 17 VO

    Organisation sowie Durchführung von Qualitätssicherungsprüfungen

    Art. 29 AP-RL

    Art. 26 VO

    Einführung der International Standards on Auditing (ISA)

    Art. 26 AP-RL

    Art. 9 VO

    Bekanntmachung von Maßnahmen und Sanktionen gegen Abschlussprüfer und Prüfungsgesellschaften

    Art. 30 Abs. 3, Art. 30c AP-RL

    Aufsichtsstruktur über Abschlussprüfer auf mitgliedstaatlicher Ebene

    Art. 32 AP-RL

    Art. 20 - 24 VO

    Ausweitungen im Bestätigungsvermerk

    Art. 28 AP-RL

    Art. 10 VO

    Erstellung eines zusätzlichen Berichts für den Prüfungsausschuss des geprüften Unternehmens von öffentlichem Interesse

    Art. 11 VO

     

    4. Ausgewählte Neuregelungen für Unternehmen des öffentlichen Interesses

    Die bedeutendsten Änderungen (Nichtprüfungsleistungen, externe und interne Rotation) betreffen ausschließlich Unternehmen von öffentlichem Interesse.

     

    4.1 Begriffsdefinition: Unternehmen von öffentlichem Interesse

    Zu Beginn des Prozesses wollte die EU-Kommission die Definition der Unternehmen von öffentlichem Interesse stark ausweiten. Dies hätte auch für viele Mittelständler und deren Berater massive Änderungen in der Abschlussprüfung und Beratung mit sich gebracht. Betrachtet man nun die finale Fassung, kann für den Mittelstandsberater und -prüfer (vorsichtig) Entwarnung gegeben werden.

     

    • Definition nach Art. 2 Nr. 13 der Richtlinie 2014/56/EU

    Unternehmen von öffentlichem Interesse sind:

     

    • a) Unternehmen, die unter das Recht eines Mitgliedstaats fallen und deren übertragbare Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt eines Mitgliedstaats im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Nr. 14 der Richtlinie 2004/39/EG zugelassen sind;
    •  
    • b) Kreditinstitute im Sinne des Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates - mit Ausnahme der in Art. 2 jener Richtlinie genannten Kreditinstitute;
    •  
    • c) Versicherungsunternehmen im Sinne des Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 91/674/EWG oder
    •  
    • d) Unternehmen, die von den Mitgliedstaaten als Unternehmen von öffentlichem Interesse bestimmt werden, beispielsweise Unternehmen, die aufgrund der Art ihrer Tätigkeit, ihrer Größe oder der Zahl ihrer Mitarbeiter von erheblicher öffentlicher Bedeutung sind.
     

    Beachten Sie | Zwar dürfen die Mitgliedstaaten künftig keine Bereichsausnahmen für Kreditinstitute und Versicherungen mehr vorsehen. Vor dem Hintergrund der weltweiten Finanzmarktkrise überrascht dies jedoch nicht. Insgesamt dürften insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen unverhältnismäßige Zusatzbelastungen vermieden werden (vgl. insofern WPK, Mitteilung vom 24.4.14). Ob der deutsche Gesetzgeber von seiner Möglichkeit, weitere Unternehmen als Unternehmen von öffentlichem Interesse zu bestimmen, Gebrauch machen wird, bleibt abzuwarten.

     

    4.2 Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen

    Das Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen bei gleichzeitiger Durchführung von Prüfungsleistungen gilt bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und wurde weitestgehend auf das Konzept der auch bisher existierenden sogenannten „Blacklist“ beschränkt. Insbesondere von der Schaffung von „Nur-Prüfungsunternehmen“ durch ein generelles Verbot der Erbringung von Nichtprüfungsleistungen wurde bereits frühzeitig Abstand genommen.

     

    Nach Art. 5 VO darf der Abschlussprüfer eines Unternehmens von öffentlichem Interesse und jedes Mitglied eines Netzwerks, dem der Abschlussprüfer angehört, weder direkt noch indirekt für das geprüfte Unternehmen, dessen Mutterunternehmen oder die von ihm beherrschten Unternehmen in der Union verbotene Nichtprüfungsleistungen erbringen. Auf der „Blacklist“ sind insbesondere die folgenden Leistungen aufgeführt:

     

    • Steuerberatungsleistungen,
    • Leistungen, mit denen eine Teilnahme an der Führung oder an Entscheidungen des geprüften Unternehmens verbunden ist,
    • Buchhaltung und Erstellung von Abschlüssen,
    • Lohn- und Gehaltsabrechnungen,
    • Bewertungsleistungen,
    • Aufbau der Organisationsstruktur und
    • Kostenkontrolle.

     

    PRAXISHINWEIS | Die Mitgliedstaaten dürfen die „Blacklist“ um weitere Punkte ergänzen. Unter gewissen Voraussetzungen können sie jedoch auch bestimmte Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen zulassen. Auch hier bleibt die weitere Entwicklung vorerst abzuwarten.

     

    4.3 Externe Rotation

    Das Thema der externen Rotation (Laufzeit des Prüfungsmandats) wurde auf EU-Ebene besonders intensiv diskutiert und ist auch in der Öffentlichkeit mit großem Interesse verfolgt worden. Ging es doch aus der Sicht des Mittelstands um nichts weniger, als den altbewährten Berater und seine Existenz „im Unternehmen“.

     

    Art. 17 VO sieht bei Unternehmen von öffentlichem Interesse eine Höchstlaufzeit von 10 Jahren vor. Die Laufzeit von 10 Jahren darf durch die Mitgliedstaaten bei öffentlicher Ausschreibung auf insgesamt 20 Jahre und bei Joint Audits auf insgesamt 24 Jahre verlängert werden.

     

    Beachten Sie | Die Mitgliedstaaten können abweichend vorsehen, dass die Höchstlaufzeit weniger als 10 Jahre beträgt.

     

    4.4 Interne Rotation

    Die interne Rotation, also der Wechsel des Prüfungspartners innerhalb der Prüfungsgesellschaft zum Zwecke der Steigerung der Unabhängigkeit, war bereits vor der Reform der Abschlussprüfung allgemein anerkannt. Nach Art. 17 Abs. 7 VO müssen die für die Durchführung einer Abschlussprüfung verantwortlichen Prüfungspartner ihre Teilnahme an der Abschlussprüfung spätestens sieben Jahre (geringere Dauer durch die Mitgliedstaaten wählbar) nach dem Datum ihrer Bestellung beenden. Sie können frühestens drei Jahre nach dieser Beendigung ihrer Teilnahme wieder an der Abschlussprüfung mitwirken.

     

    Hinweis | Um die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers zu gewährleisten, ist diese Regelung aus Sicht vieler Diskussionsteilnehmer weitaus effizienter als die externe Rotation.

     

    FAZIT | Das die Definition des Begriffs „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ nicht, wie von der EU-Kommission vorgesehen war, umfassend ausgedehnt wurde, ist für den Mittelstand eine große Erleichterung. So sind letztlich die wesentlichen Kernpunkte der EU-Reform für die Abschlussprüfung für den Mittelstand nicht einschlägig.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 251 | ID 42927941