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  • Fachbeitrag · Vermögensberatung

    Nebenkosten beim Kauf von Immobilien - Das unterschätzte Problem

    von Prof. Dr. Peter Hoberg, Worms

    | Für den Normalverdiener wird es immer schwieriger, Wohneigentum zu erwerben, ohne sich gnadenlos zu verschulden. In den Ballungsgebieten sind die Preise intensiv gestiegen. Von den Politikern wird diese Entwicklung beklagt, wobei sie gerne davon ablenken, dass sie kräftig mitgeholfen haben, die Gesamtkosten zu erhöhen. Denn neben dem Kaufpreis sind noch andere Gebühren zu entrichten: Jeder einzelne Posten ist im Laufe der Jahre aus dem Ruder gelaufen und trägt zu dem Problem der Verschuldung bei. Im Folgenden werden Möglichkeiten der Reduzierung dieser Kosten gesucht. |

    1. Problematik der Nebenkosten

    Der Immobilienkäufer erfährt eine böse Überraschung, wenn er glaubt, mit der Begleichung des Kaufpreises alles geregelt zu haben. Mit dem Kaufpreis als Berechnungsbasis werden vier Gebühren fällig:

     

    • Grunderwerbsteuer,
    • Maklerprovision plus Mehrwertsteuer,
    • Notar- und
    • Grundbuchgebühren.

     

    1.1 Grunderwerbsteuer

    Die Grunderwerbsteuer wirkt zweifach belastend. Einmal profitiert der Staat von steigenden Immobilienpreisen und zum zweiten haben viele Bundesländer die Steuersätze kräftig angehoben. Sie liegen zwischen 3,5 % in Bayern (was bei den Münchener Immobilienpreisen kein großer Trost ist) und 6,5 % z. B. in Nordrhein-Westfalen. Die Steuer ist schwer zu verstehen, weil sie auf einen Gebäude-preis angewendet wird, der ja schon der Mehrwertsteuer unterlegen hat.

     

    1.2 Maklerprovision

    Bei der Neuordnung der Maklerprovisionen ist man von dem Grundsatz ausgegangen, dass wer bestellt auch zahlen soll, was absolut einsichtig ist. Seitdem können die Maklerprovisionen nicht mehr auf den Mieter verlagert werden, wenn nicht Gesetze umgangen werden.

     

    Leider wurde es versäumt, diesen Grundsatz auch auf Kauf- und Verkaufsgeschäfte zu übertragen. Dies hat zur Folge, dass der Käufer i. d. R. die Provision bezahlen muss, obwohl der Makler für ihn kaum Leistungen erbringt. Auch wenn die Maklergebühren prinzipiell verhandelbar sind, befinden sich die Makler aufgrund des Verkäufermarkts in einer guten Position. Die Provisionen sind unterschiedlich in den einzelnen Bundesländern. Übliche Sätze für den Käufer betragen zwischen 2,97 % (bei hälftiger Aufteilung zwischen Käufer und Verkäufer) bis 7,14. Die Prozentzahlen enthalten bereits die Mehrwertsteuer.

     

    1.3 Grundbuchkosten

    Eine funktionierende Dokumentation aller Grundstückseigentümer ist unerlässlich. Wenn dies nicht gegeben ist, wird die gesamte Volkswirtschaft wesentlich in ihrer Entwicklung behindert. Die chaotischen Verhältnisse in Griechenland zeigen, dass bei unklaren Eigentumsverhältnissen viele Investitionen unterbleiben.

     

    Allerdings ist zu fragen, ob die Gebühren von vielen hundert EUR schon bei kleinen Transaktionen heute noch berechtigt sind, da solche Arbeiten weitgehend automatisiert wurden.

     

    1.4 Notarkosten

    Gleiches gilt für die Notarkosten. Die früher aufwendige Erstellung der Verträge übernimmt heute der Computer mit den entsprechenden Textbausteinen. Ein Wettbewerb mit preissenkenden Wirkungen wäre zu wünschen.

     

    1.5 Gesamtbelastung

    Insgesamt können durch die obigen vier Gebührenarten Belastungen bis zu 16 % vom Kaufpreis auftreten. Diese Gebühren sind besonders ärgerlich, weil sie im Falle eines Verkaufs nicht wieder hereingeholt werden können. Dagegen kann man für den Preis der Immobilie hoffen, dass er auch bei einem Verkauf direkt nach Einzug wieder erzielt werden kann.

     

    Der Totalverlust der Nebenkosten führt auch dazu, dass sich eine Immobilieninvestition nur über sehr lange Zeiträume rechnet. Wer z. B. nach fünf Jahren wiederverkaufen muss/will, wird bei einem gleichbleibenden Preis einen Verlust akzeptieren müssen. Auf weitere hohe Wertsteigerungen zu hoffen, wäre sehr risikoreich.

    2. Kalkulation der Belastungen

    Für den Käufer haben die vier Gebührenarten die unangenehme Folge, dass sie die Kredithöhe wesentlich steigern und damit die Laufzeit der Kredite bei gleichen Monatsraten erheblich verlängern. Teilweise müssen die Käufer viele Jahre nur wegen der Kaufnebenkosten ihre Monatsraten weiterzahlen, was im Folgenden gezeigt werden soll.

     

    • Basisbeispiel

    Zunächst wird ausgerechnet, wie lange es dauert, bis in einer idealen Welt (also ohne jede Nebenkosten) der Kredit zurückgezahlt ist. Dazu sei der Einfachheit halber ein Kaufpreis von 100 TEUR unterstellt, der zu 20 % mit Eigenkapital finanziert wird. Der Kredit beträgt dann 80 TEUR. Der nominale Jahreszinssatz sei mit 2 % unterstellt und die Tilgung mit 4 %. Beide Größen werden dann später variiert. Unter diesen Annahmen ergibt sich eine Monatsrate von 400 EUR. Bei einem Kaufpreis von 300 TEUR würden die Daten mit 3 multipliziert. Man hätte also bei weiterhin 20 % Eigenkapitalanteil einen Kredit von 240 TEUR zu bedienen.

     

    Jetzt ist zu fragen, wie viele Monate mit der Rate von 400 EUR gezahlt werden müssen, bis der Kredit zurückgezahlt ist. In diesem Fall sind es 243,5 Monate, also fast 20 Jahre (vgl. zur Berechnungsweise z. B. Varnholt/Lebefromm/Hoberg, S. 534).

     

    Welche Folgen ergeben sich in diesem Fall hinsichtlich der Nebenkosten? Es sei zunächst angenommen, dass die Nebenkosten 10 % vom Kaufpreis betragen. Damit müssen nicht mehr 100 TEUR bezahlt werden, sondern schon 110 TEUR, sodass die Kreditsumme auf 90 TEUR steigt. Dadurch verlängert sich die Rückzahlungsdauer um 38,8 Monate, also um über drei Jahre.

     

    Diese Zeiträume ändern sich nicht bei unterschiedlichen Kaufpreisen, weil stabil 20 % Eigenkapitalanteil vom Kaufpreis angenommen wurde.

     

    • Variationen der Beispielsdaten

    Um für die meisten Anwendungsfälle eine Aussage treffen zu können, werden im nächsten Schritt die nominalen Jahreszinssätze und die Nebenkostenprozentsätze variiert. Die Tabelle zeigt für die Daten des obigen Beispiels natürlich die gleichen Ergebnisse (Fettdruck in der folgenden Tabelle):

     
    • Abb. 1: Zusätzliche Rückzahlungsdauer durch Nebenkosten (in Monaten) bei 4 % Tilgung

    Kaufpreis vor Nebenkosten: 100.000 EUR

    Eigenkapital vom Kaufpreis: 20.000 EUR

    Tilgung: 4,00 % p. a.

    Zinssatz
    nominal
    Monatsrate
    in EUR
    Laufzeit
    Monate
    Nebenkosten in % vom Kaufpreis

    4,0 %

    5,0 %

    6,0 %

    8,0 %

    10,0 %

    12,0 %

    14,0 %

    16,0 %

    1 %

    333,3

    267,9

    15,1

    18,9

    22,7

    30,4

    38,1

    45,9

    53,7

    61,6

    2 %

    400,0

    243,5

    15,2

    19,1

    23,0

    30,8

    38,8

    46,8

    55,0

    63,3

    3 %

    466,7

    224,1

    15,3

    19,2

    23,2

    31,2

    39,4

    47,8

    56,4

    65,1

    4 %

    533,3

    208,3

    15,4

    19,4

    23,4

    31,7

    40,1

    48,8

    57,8

    67,1

    5 %

    600,0

    195,0

    15,5

    19,6

    23,7

    32,1

    40,9

    49,9

    59,4

    69,2

    6 %

    666,7

    183,7

    15,6

    19,7

    23,9

    32,6

    41,6

    51,1

    61,0

    71,5

    7 %

    733,3

    173,9

    15,7

    19,9

    24,2

    33,1

    42,4

    52,4

    62,9

    74,1

    8 %

    800,0

    165,3

    15,9

    20,1

    24,5

    33,6

    43,3

    53,7

    64,8

    76,9

     

     

    Für Werte, die zwischen den aufgeführten Prozentsätzen liegen, kann interpoliert werden. Wenn z. B. 13 % Nebenkosten bezahlt werden müssen, liegt die Anzahl der zusätzlich zu zahlenden Monate zwischen 46,8 und 55,0, also bei 50,9 Monaten. Das sind über 4 Jahre!

     

    Zurzeit ist die Versuchung sehr hoch, mit niedrigen Tilgungen eine erträgliche Monatsrate zu erzielen, was gefährlich ist, wie die folgende Tabelle zeigt:

     

    • Abb. 2: Zusätzliche Rückzahlungsdauer durch Nebenkosten (in Monaten) bei 2 % Tilgung

    Kaufpreis vor Nebenkosten: 100.000 EUR

    Eigenkapital vom Kaufpreis: 20.000 EUR

    Tilgung: 2,00 % p. a.

    Zinssatz
    nominal
    Monatsrate
    in EUR
    Laufzeit
    Monate
    Nebenkosten in % vom Kaufpreis

    4,0 %

    5,0 %

    6,0 %

    8,0 %

    10,0 %

    12,0 %

    14,0 %

    16,0 %

    1 %

    200,0

    486,8

    30,4

    38,1

    45,9

    61,6

    77,5

    93,6

    109,9

    126,5

    2 %

    266,7

    416,2

    30,8

    38,8

    46,8

    63,3

    80,2

    97,6

    115,5

    134,0

    3 %

    333,3

    367,0

    31,2

    39,4

    47,8

    65,1

    83,2

    102,1

    121,9

    142,8

    4 %

    400,0

    330,1

    31,7

    40,1

    48,8

    67,1

    86,4

    107,2

    129,5

    153,5

    5 %

    466,7

    301,3

    32,1

    40,9

    49,9

    69,2

    90,1

    113,0

    138,4

    166,7

    6 %

    533,3

    278,0

    32,6

    41,6

    51,1

    71,5

    94,2

    119,9

    149,3

    183,7

    7 %

    600,0

    258,6

    33,1

    42,4

    52,4

    74,1

    98,9

    128,0

    163,0

    207,0

    8 %

    666,7

    242,2

    33,6

    43,3

    53,7

    76,9

    104,3

    137,9

    181,2

    242,2

     

    Wie gewünscht fällt die Monatsrate zwar auf 266,7 EUR pro 80 TEUR Kredit, aber die Abzahlung läuft dann über 416,2 Monate selbst ohne Nebenkosten. Wenn letztere wieder mit 10 % angenommen werden, so müssen die Monatsraten über 80 Monate länger bezahlt werden, sodass die Schulden erst nach über 40 Jahre zurückgezahlt sind. Solch geringe Tilgungen sind somit nur im Ausnahmefall akzeptabel.

     

    Aber auch bei normalen Tilgungen treten durch die Verlängerung der Zahlungsdauer nicht selten Probleme auf.

    3. Gegenmaßnahmen

    Die Ausführungen haben gezeigt, dass die Kaufnebenkosten viele Jahre lang das verfügbare Einkommen der Käufer reduzieren. Es stellt sich die Frage, ob diese Nebenkosten reduziert werden können.

     

    An Grundbuch- und Notarkosten kommt man kurzfristig kaum vorbei.

     

    Der größte Spielraum besteht bei den Maklergebühren. Wenn die Verkäufer nur die Teile der Dienstleistung von Maklern kaufen (z. B. Anfertigung der Unterlagen, Organisation und Durchführung von Besichtigungen), die sie brauchen und dann mit „ohne Maklergebühren für den Käufer“ werben, könnte es deutlich günstiger für beide Seiten werden.

     

    Die Grunderwerbsteuer kann nur selten reduziert werden. Dies kann z. B. dann gelingen, wenn neu gebaut wird. Durch richtige Vertragsgestaltung (erst Grundstückskauf, dann Hausbau ohne Objektzusammenhang) kann erreicht werden, dass nur auf das Grundstück die Steuern zu zahlen sind.

     

    Literaturtipp zur Ermittlung der Kreditrückzahlungsdauer

    • Varnholt, N., Lebefromm, U., Hoberg, P.: Controlling - Betriebswirtschaftliche Grundlagen und Anwendung mit SAP® ERP®, München 2012
    Quelle: Ausgabe 03 / 2017 | Seite 74 | ID 44457814