Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Freistellung, Suspendierung oder Beurlaubung - So vermeiden Sie teure Fehler

    von RA Martin Brilla, FA für Verwaltungsrecht, Aachen

    | Ab dem Zeitpunkt einer Kündigung oder eines Aufhebungsvertrags stellt der Mitarbeiter für das Unternehmen möglicherweise eher ein Risiko als einen Nutzen dar. Besteht die Gefahr des Datenmissbrauchs durch den gekündigten Mitarbeiter oder ist das Vertrauensverhältnis zerstört, stellt der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter nicht selten von der Arbeit frei. Dabei sollte man als Arbeitgeber die wesentlichen rechtlichen Aspekte der Freistellung kennen, um teure Fehler zu vermeiden. |

    1. Grundsatz

    Eine Freistellung von der Arbeit (auch Suspendierung oder Beurlaubung genannt) führt zu einer Befreiung des Arbeitnehmers von seiner vertraglichen Verpflichtung zur Arbeitsleistung. Auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses insgesamt hat sie keinen Einfluss: Die übrigen Pflichten - auch die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Vergütung - bleiben unberührt.

     

    Sie wird häufig dazu genutzt, um den Zeitraum bis zum Wirksamwerden der ausgesprochenen Kündigung zu überbrücken, sei es, weil der Arbeitgeber möchte, dass der Arbeitnehmer dem Betrieb fernbleibt, sei es, dass er sich von ihm wegen der Kündigung ohnehin keine nennenswerte Arbeitsleistung mehr erwartet.

     

    Eine Freistellung wird meistens mit der Kündigung ausgesprochen, aber sie ist auch zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs oder eines Aufhebungsvertrags) möglich. Da es keine formellen Voraussetzungen gibt, kann schon der Satz „Ich will Sie hier nicht mehr sehen!“ genügen. Für die rechtliche Bewertung einer Freistellung ist es von entscheidender Bedeutung, ob sie durch einseitige Erklärung des Arbeitgebers oder durch vertragliche Vereinbarung erfolgt.

    2. Die einseitige Freistellung

    Da der Arbeitnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf Beschäftigung hat (BAG 27.2.85, GS 1/84, DB 85, 2197), kann der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres auf seinen Anspruch auf Erbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer verzichten. Ohne eine gesonderte Freistellungsregelung (z.B. im Tarif- oder Arbeitsvertrag) bedarf es deshalb auf jeden Fall eines sachlichen Freistellungsgrundes wie z.B.

     

    • das Fehlen von Einsatzmöglichkeiten oder
    • der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung bzw. einer zukünftigen Konkurrenztätigkeit.

     

    Die Zulässigkeit von sog. Freistellungsklauseln in Arbeitsverträgen wird von der Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt. Problematisch ist es vor allem, wenn dem Arbeitgeber ein uneingeschränktes Freistellungsrecht (z.B. für den Fall einer Kündigung) eingeräumt wird, denn dies benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Eine solche Klausel dürfte nur dann akzeptiert werden, wenn sie frei ausgehandelt wurde, was in der Praxis jedoch die Ausnahme ist. Deutlich besser sind die Chancen in einer AGB-Kontrolle, wenn die Freistellung nur für den Fall eines sachlichen Grundes zulässig ist.

     

    Formulierungsbeispiel / Differenzierte Freistellungsklausel

    „Der Arbeitgeber ist insbesondere im Falle einer Kündigung oder nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags berechtigt, den Arbeitnehmer unter Fortzahlung seiner Bezüge von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freizustellen, sofern hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Als sachlicher Grund gilt insbesondere

     

    • das Fehlen jeglicher Einsatzmöglichkeiten,
    • der konkrete Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung oder einer strafbaren Handlung des Arbeitnehmers,
    • der konkrete Verdacht einer zukünftigen Konkurrenztätigkeit.“
     

     

    PRAXISHINWEIS | Da jedoch nicht sicher ist, dass eine solche Klausel im konkreten Fall vom Gericht akzeptiert wird, ist eine einvernehmliche Freistellung vorzugswürdig.

     

    2.1 Die Interessenabwägung des Gerichts

    Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Freistellung spielt im Rahmen der vom Gericht vorzunehmenden Interessenabwägung auch die Dauer der Freistellung eine Rolle. Je länger diese ist, umso problematischer ist dies bei der Interessenabwägung.

     

    Ferner ist von Bedeutung, ob es sich um eine unwiderrufliche oder eine widerrufliche Freistellung handelt. Bei einer widerruflichen Freistellung behält sich der Arbeitgeber die Inanspruchnahme der Arbeitsleistung zu einem späteren Zeitpunkt vor. Das ist empfehlenswert, wenn noch nicht absehbar ist, ob die Freistellung dauerhaft sein soll/darf, weil z.B.

     

    • die Arbeitsleistung des Mitarbeiters möglicherweise noch benötigt wird (z.B. für Abwicklungsarbeiten, Auskünfte oder die Einarbeitung des Nachfolgers),
    • der der Kündigung zugrunde liegende Sachverhalt noch nicht vollständig aufgeklärt ist oder
    • der Betriebsrat noch nicht angehört wurde.

     

    Nach einer unwiderruflichen Freistellung kann der Arbeitgeber die Arbeitsleistung hingegen endgültig nicht mehr einfordern. Dies schließt allerdings eine (zumindest schlüssige) Vereinbarung nicht aus, wonach der Arbeitnehmer auf Bitten des Arbeitgebers die Arbeit wieder aufnimmt.

    Ist die Erklärung nicht eindeutig, muss im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob die Freistellung widerruflich oder unwiderruflich ist (BAG 19.3.02, 9 AZR 16/01, DB 02, 1508). Ohne weitere Zusätze handelt es sich zumeist um eine widerrufliche Freistellung (BAG 14.3.06, 9 AZR 11/05, NZA 06, 1008).

     

    Bei einer Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben, in dem auch der Kündigungstermin angegeben ist, wird damit zugleich der Freistellungszeitraum zeitlich konkret festgelegt; hier handelt es sich regelmäßig um eine unwiderrufliche Freistellung. Für den Arbeitnehmer ist nämlich ohne Weiteres erkennbar, dass er nicht mehr damit rechnen muss, während der restlichen Dauer seines Arbeitsverhältnisses eine Arbeitsleistung erbringen zu müssen.

     

    2.2 Die Folgen einer einseitigen Freistellung

    Eine einseitige Freistellung von der Arbeit ist „regelmäßig nicht anders zu beurteilen, als wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeit nach Hause schickt, weil er ihn nicht mehr beschäftigen will“ (BAG 6.9.06, 5 AZR 703/05, DB 06, 2583). Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug, sodass er dem Arbeitnehmer vom ersten Freistellungstag an das Entgelt weiter zahlen muss, ohne dass dieser verpflichtet ist, seine Arbeitsleistung anzubieten. Der Arbeitnehmer ist dabei so zu stellen, als wenn er die Arbeit tatsächlich erbracht hätte. Somit sind sowohl fixe als auch variable Gehaltsbestandteile umfasst. Bei einem leistungsabhängigen Gehalt ist eine Durchschnittsberechnung auf der Grundlage des leistungsbezogenen Verdienstes der letzten drei Arbeitsmonate vor der Freistellung vorzunehmen.

     

    Andererseits muss sich der Arbeitnehmer während der Freistellungszeit anderweitiges Einkommen grundsätzlich anrechnen lassen (§ 615 S. 2 BGB).

     

    Mit einer Freistellung kann man Ansprüche des Arbeitnehmers auf Urlaub sowie auf Freizeitgewährung zum Ausgleich von Überstunden ausgleichen. Allerdings muss man dies dem Arbeitnehmer ausdrücklich mitteilen, denn eine stillschweigende Anrechnung von Urlaub oder Überstunden erfolgt nicht. Außerdem kann der Urlaubsanspruch nur dann erfüllt werden, wenn der Arbeitnehmer während des Freistellungszeitraums nicht damit rechnen muss, zur Arbeitsleistung aufgefordert zu werden (BAG 14.3.06, 9 AZR 11/05, NZA 06, 1008). Mithin genügt eine Freistellung unter Vorbehalt insofern nicht.

     

    Formulierungsbeispiel / Anrechnung von Urlaub und Zeitguthaben

    „Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellen wir Sie unter Fortzahlung der Bezüge und unter Anrechnung noch offener Urlaubsansprüche sowie noch nicht abgegoltener Zeitguthaben unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei.“

     

    Wichtig | Liegen nicht beide Voraussetzungen - ausdrückliche Urlaubsgewährung und unwiderrufliche Freistellung - vor, kann der Arbeitnehmer trotz Freistellung eine Abgeltung des offenen Urlaubs verlangen (BAG 9.6.98, 9 AZR 43/97, DB 99, 52).

     

    Ein Anspruch auf Freizeitausgleich kann allerdings auch durch eine widerrufliche Freistellung erfüllt werden (BAG 19.5.09, 9 AZR 433/08, DB 09, 2103).

     

    Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen hat, sofern der Berücksichtigung nicht dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen. Jedoch macht der Arbeitnehmer zumeist keine anderen Urlaubswünsche geltend, sodass die Festlegung des Urlaubs auf die Zeit der Kündigungsfrist ordnungsgemäß ist (vgl. BAG 14.8.07, 9 AZR 934/06, DB 08, 415) und in der Praxis in der Regel keine Probleme bereitet.

     

    Ausnahmsweise kann jedoch eine zeitliche Festlegung des Urlaubszeitraums notwendig sein, wenn der Arbeitnehmer daran - insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen - ein berechtigtes Interesse hat. Beispielsweise hat er ein wirtschaftliches Interesse daran, sein Verhalten während des Freistellungszeitraums daran zu orientieren, ob ein etwaiger Zwischenverdienst der Anrechnung unterliegt oder nicht. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber entweder den anrechnungsfreien Urlaubszeitraum konkret benennen, die Reihenfolge der Zeiträume zweifelsfrei festlegen oder dem Arbeitnehmer auf andere Weise mitteilen, ob und innerhalb welcher Zeiträume die Anrechnungsvorschrift des § 615 S. 2 BGB nicht zur Anwendung kommt (BAG 16.7.13, 9 AZR 50/12).

     

    Wichtig | Kann der Arbeitnehmer den Urlaub im festgelegten Zeitraum nicht nehmen (z.B. wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit), kann auch keine Erfüllung des Urlaubsanspruchs eintreten (BAG 17.5.11, 9 AZR 189/10, DB 11, 2152).

     

    Wurde die Freistellung zunächst ohne Urlaubsanrechnung erklärt, kann dies - mit Wirkung ab dem Zeitpunkt des Zugangs beim Arbeitnehmer - nachgeholt werden.

     

    Formulierungsbeispiel / Nachholung der Urlaubsanrechnung

    t„Wir hatten Sie mit Schreiben vom … bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt. Hiermit teilen wir Ihnen mit, dass diese Freistellung nunmehr unwiderruflich ist und ab dem Tag nach Zugang dieses Schreibens unter Anrechnung auf Ihren restlichen Urlaubsanspruch sowie eventuell noch nicht abgegoltenes Zeitguthaben erfolgt.“

     

    Ein arbeitsvertraglich vereinbarter Vergütungsanspruch für geleistete Überstunden, der bereits entstanden ist, kann nicht durch eine einseitige Freistellung erfüllt werden.

     

    Auch eine vorsorgliche Urlaubsgewährung, also eine Erteilung von Urlaub für den Fall, dass eine vom Arbeitgeber erklärte Kündigung unwirksam ist und nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, ist möglich (BAG 14.8.07, 9 AZR 934/06, DB 08, 415).

     

    Formulierungsbeispiel / Vorsorgliche Urlaubsgewährung

    „[zunächst Ausspruch der außerordentlichen Kündigung] ... Wir gehen davon aus, dass mit Zugang dieses Schreibens das Arbeitsverhältnis beendet ist. Für den Fall, dass unsere außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat, stellen wir Sie ab dem Tag nach Zugang dieses Schreibens vorsorglich unter Anrechnung auf entstandene und noch entstehende Urlaubsansprüche sowie auf eventuelle Ansprüche aus nicht abgegoltenen Zeitguthaben unwiderruflich von Ihrer Arbeitspflicht frei.“

     

    Eine weitere Möglichkeit ist die Gewährung (auch) von Resturlaub während der Freistellungszeit, wobei man die Festlegung der Urlaubstage dem Arbeitnehmer überlässt und im Übrigen die Annahme der Arbeitsleistung verweigert (BAG 6.9.06, 5 AZR 703/05, DB 06, 2583). Auch dann muss sich der Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst anrechnen lassen.

     

    Formulierungsbeispiel / Festlegung des Urlaubs durch den AN

    „Bezug nehmend auf unser Kündigungsschreiben vom … teilen wir Ihnen mit, dass Ihnen noch ein Resturlaub von ... Tagen zusteht. Diesen Resturlaub legen Sie bitte innerhalb der Kündigungsfrist selbst fest. Im Übrigen stellen wir Sie bis zum Ende Ihres Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Arbeit frei. Sollten Sie anderweitigen Verdienst erzielen, müssen Sie sich diesen anrechnen lassen.“

     

    Die zeitliche Lage des Urlaubs kann aber auch konkret festgelegt und der Arbeitnehmer im Anschluss an den Urlaubszeitraum freigestellt werden. Zwecks Klarstellung sollte ein Hinweis auf die Anrechnung anderweitigen Verdienstes aufgenommen werden.

     

    Formulierungsbeispiel / Festlegung des Urlaubs durch den AG

    „Im Zeitraum vom ... bis ... gewähren wir Ihnen Ihren Resturlaub. Daran anschließend stellen wir Sie bis zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses am … unwiderruflich von der Arbeit frei. Eventuellen anderweitigen Verdienst müssen Sie sich anrechnen lassen.“

     

    Wichtig | Die Anrechnung anderweitigen Verdienstes ist nur für die Zeiten möglich, die über den Resturlaubsanspruch des Arbeitnehmers hinausgehen.

     

    Ist nichts anderes vereinbart, muss sich der Arbeitnehmer während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses an das Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB halten (BAG 16.8.90, 2 AZR 113/90, DB 91, 1682); grundsätzlich gilt dies auch für den Freistellungszeitraum. Allerdings ist zu beachten, dass in einer einseitigen Freistellung nach Auffassung des BAG regelmäßig auch ein Verzicht auf das gesetzliche Wettbewerbsverbot liegt (BAG 6.9.06, 5 AZR 703/05, DB 06, 2583).

     

    Dies lässt sich jedoch dadurch verhindern, indem man die Unzulässigkeit einer Wettbewerbstätigkeit in der Freistellungserklärung deutlich zum Ausdruck bringt.

     

    Formulierungsbeispiel / Klarstellung Wettbewerbsverbot

    „Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist dürfen Sie weiterhin keine Konkurrenztätigkeit ausüben.“

     

    Eine Allgemeine Geschäftsbedingung, wonach ein Arbeitnehmer einen auch privat nutzbaren Dienstwagen im Fall der Freistellung an den Arbeitgeber zurückgeben muss, ist wirksam (BAG 21.3.12, 5 AZR 651/10, DB 12, 1274). Eine solche Klausel muss keine Ankündigungs- oder Auslauffrist enthalten.

     

    Formulierungsbeispiel / Rückgabe des Dienstwagens

    „Der Arbeitgeber behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadenersatz zu verlangen“ (nach BAG 21.3.12, 5 AZR 651/10, DB 12, 1274).

     

    Eine einseitige Freistellung hat unabhängig davon, ob sie widerruflich oder unwiderruflich erfolgt, keinerlei Auswirkungen auf das sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis.

    3. Die Freistellungsvereinbarung

    Für die Freistellung aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung gelten teilweise andere Regeln.

     

    3.1 Zustandekommen

    Wie jeder Vertrag bedarf eine Freistellungsvereinbarung eines Angebots und einer Annahme. Dazu muss kein schriftlicher Vertrag aufgesetzt und unterzeichnet werden; es genügt, wenn der Arbeitnehmer sich äußert und das Angebot ausdrücklich annimmt. Auch darin, dass er weisungsgemäß den Arbeitsplatz verlässt und nicht wieder erscheint, kann eine Annahme gesehen werden.

     

    3.2 Rechtmäßigkeit

    Im Hinblick auf die Vertragsfreiheit können die Arbeitsvertragsparteien eine Freistellung von der Arbeit grundsätzlich frei regeln. Uneingeschränkt gilt dies jedoch nur für Individualvereinbarungen, also eine frei ausgehandelte Regelung oder einen gerichtlichen Vergleich.

     

    3.3 Inhaltskontrolle der Freistellungsklausel

    Hat jedoch der Arbeitgeber die Freistellungsvereinbarung vorformuliert oder ist eine Freistellungsklausel Bestandteil eines von ihm gestellten Vertrags, findet eine Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB statt. Vertragsbedingungen, die den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, sind unwirksam. Um dies zu vermeiden, ist besonders auf Klarheit und Verständlichkeit der Regelung zu achten. Problematisch sind auch Abweichungen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen.

     

    PRAXISHINWEIS | Will man „auf Nummer sicher“ gehen, sollte man auch im Fall der einvernehmlichen Freistellung die oben aufgezeigten Grundsätze für die einseitige Freistellung beachten.

     

    3.4 Rechtsfolgen einer vereinbarten Freistellung

    Die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger hatten in der Vergangenheit die Auffassung vertreten, dass das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis im Fall einer einvernehmlichen unwiderruflichen Freistellung mit dem letzten Arbeitstag vor der Freistellung endet, sofern Grundlage nicht ein arbeitsgerichtlicher Vergleich oder eine Insolvenz des Arbeitgebers ist.

     

    Nach der Entscheidung des BSG, wonach das Beschäftigungsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinn (§ 7 Abs. 1 SGB IV) auch bei einer einvernehmlichen unwiderruflichen Freistellung bis zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbesteht (BSG 24.9.08, B 12 KR 27/07 R, DB 09, 2328), hatten sich die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger dieser Auffassung angeschlossen und sich darauf geeinigt, dass spätestens für Zeiträume ab 1.7.09 entsprechend zu verfahren ist (Besprechung vom 30./31.3.09).

     

    Bei einer einvernehmlichen Freistellung befindet sich der Arbeitgeber nicht im Annahmeverzug, sodass eine Anrechnung anderweitig erzielten Verdienstes nach § 615 BGB nicht in Betracht kommt. Dies lässt sich allerdings dadurch erreichen, indem man in die Freistellungsvereinbarung eine entsprechende Regelung aufnimmt.

     

    Auch ein Ausgleich von Ansprüchen auf Urlaub und/oder Freizeitausgleich muss ausdrücklich geregelt werden. Dabei muss es sich zudem um eine unwiderrufliche Freistellung handeln.

     

    Das Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB gilt auch im Fall einer vertraglichen Freistellung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, denn der Arbeitgeber hat auch dann ein erkennbares Interesse an dessen Einhaltung, wenn der Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt ist. Allerdings ist eine andere Auslegung einer Freistellungsvereinbarung denkbar, wenn die Anrechnung anderweitigen Verdienstes ausdrücklich vereinbart ist (BAG 17.10.12, 10 AZR 809/11, DB 13, 294).

     

    PRAXISHINWEIS | Eine Klarstellung empfiehlt sich dennoch, zumal sie eine gewisse Warnwirkung hat.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 97 | ID 42572829