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  • · Fachbeitrag · Gesetzentwurf

    Lebensversicherung wird stabilisiert - Gesetzentwurf mit negativen Folgen

    von Andreas Bürse-Hanning, Mühlheim a.d. Ruhr

    | Die Leistungen an Lebensversicherte durch ihre Versicherungen sollen auch in der Niedrigzinsphase auf den Kapitalmärkten stabil und fair bleiben. Diesem Ziel dient der Gesetzentwurf zur Absicherung stabiler und fairer Leistungen für Lebensversicherte (BT-Drs. 18/1772), den der Finanzausschuss des Bundestages in seiner Sitzung am 2.7.14 gebilligt hat. Damit sollen unter anderem die Beteiligung der Versicherten an den Risikoüberschüssen der Unternehmen von 75 % auf 90 % erhöht werden. Zugleich wird die Verzinsung für Neuverträge (Höchstrechnungszins) auf 1,25 % gesenkt. |

    1. Gesetzesbegründung

    Die Regierung begründet ihr Vorhaben mit einem Hinweis auf ein Stressszenario der Deutschen Bundesbank, wonach in einem bis 2023 anhaltenden Niedrigzinsumfeld mehr als ein Drittel der deutschen Lebensversicherer die regulatorischen heutigen Eigenmittelanforderungen nicht mehr erfüllen würden. Gemessen an den voraussichtlich ab 2016 geltenden Solvabilitätsvorschriften könnten noch mehr Unternehmen die Eigenmittelanforderungen nicht mehr erfüllen. Wörtlich heißt es in dem Entwurf: „Das bestehende lang anhaltende Niedrigzinsumfeld bedroht mittel- bis langfristig die Fähigkeit der privaten Lebensversicherungsunternehmen, die den Versicherten zugesagten Zinsgarantien zu erbringen.“...

    2. Folgen für den Versicherungsnehmer

    Der Gesetzentwurf bringt empfindliche Einbußen für Kunden mit einer Kapitallebensversicherung oder einer privaten Rentenversicherung. Ihr Recht auf Beteiligung an den Bewertungsreserven soll drastisch eingeschränkt werden. Das bedeutet, dass Versicherte, deren Verträge auslaufen, künftig weniger ausgezahlt bekommen als noch derzeit.

    3. Wem gehören die stillen Reserven?

    Nachfolgend sei die Situation etwas detaillierter dargestellt. Wer eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, der überweist an sein Versicherungsunternehmen Versicherungsbeiträge. Das Unternehmen investiert mit dem Geld in Anleihen, Aktien oder Immobilien, und an den Zinserträgen und Kursgewinnen wird der Kunde beteiligt.

     

    Aber was bedeutet eigentlich Kursgewinn? Wie viel eine Anleihe, eine Aktie oder eine Immobilie wirklich wert ist, lässt sich - streng genommen - erst sagen, wenn sie verkauft wird. Vorher existieren die Gewinne nur auf dem Papier, weshalb hier von Bewertungsreserven gesprochen wird. Das Verfassungsgericht hat im Jahr 2005 entschieden, dass Kunden, deren Vertrag ausläuft, an den Reserven aus Aktien- und Immobiliengeschäften zur Hälfte beteiligt werden müssen.

     

    Bei der Umsetzung des Urteils traf die Politik eine folgenschwere Entscheidung. Sie legte fest, dass auch Reserven aus Geschäften mit Staatsanleihen ausgeschüttet werden müssen.

    4. Verzinsung der Staatsanleihe

    Doch bei Staatsanleihen gibt es anders als bei Aktien und Immobilien keine dauerhaften Kursgewinne. Eine Staatsanleihe ist eine Art Leihvertrag für Geld: Das Versicherungsunternehmen überweist dem Staat eine bestimmte Summe. Dafür erhält die Versicherung jedes Jahr Zinsen und am Ende der Laufzeit das Geld ohne Kursgewinn zurück. In der Zwischenzeit ließen sich die Anleihen an der Börse mit Kursgewinnen oder Kursverlusten verkaufen und kaufen.

     

    Derzeit sind vor fünf oder zehn Jahren ausgegebene Anleihen an der Börse sehr begehrt. Sie bringen höhere Zinsen ein als Anleihen, die die Staaten heute ausgeben. Deshalb sind die Bewertungsreserven der Versicherer stark gestiegen. Die Kursgewinne werden sich aber wieder auflösen, wenn die Anleihen bei Fälligkeit zum Nominalbetrag zurückgezahlt werden.

     

    Die Versicherer könnten nun einfach ihre alten Anleihen zu den heute hohen Kursen verkaufen. Damit würden sie viel Geld verdienen. Dafür aber müssten sie in den kommenden Jahren auf die Zinsen dieser Anleihen verzichten - und für neue Geldanlagen würden sie weniger Zinsen bekommen.

    5. Ausschüttung heute - Einbußen morgen

    Das Ganze ist ein Nullsummenspiel: Jeder Euro, der heute für ausscheidende Kunden ausgeschüttet wird, fehlt für die Bedienung der Ansprüche der Kunden von morgen - und das ist die große Mehrheit: Etwa 95 % der Versicherten müssten mit Einbußen rechnen, wenn die hohen Reserven ausgeschüttet würden. Deshalb wollte die schwarz-gelbe Koalition die Fehlentscheidung nach dem Gerichtsurteil korrigieren. Die Gewinne sollten länger in den Unternehmen bleiben, damit nicht eine Minderheit auf Kosten der Mehrheit profitiert.

    6. Ausschüttung der Bewertungsreserve

    Am 14. November 2013 veröffentlicht die Bundesbank einen Bericht über die Stabilität der Versicherungsbranche. Das Urteil der Experten: Die Ausschüttung der Bewertungsreserven sei „ökonomisch nicht adäquat“. Eine Reform, wie sie eigentlich geplant und dann gescheitert war, sei dringend geboten.

     

    Weiterführende Hinweise

    • http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/020/1802027.pdf
    Quelle: Ausgabe 07 / 2014 | Seite 167 | ID 42723875