· Fachbeitrag · Kritische Betrachtung
Auslagerung von Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds - Teil 2
von Dr. Peter A. Doetsch, Björn Heilck und Sebastian Uckermann
| Die Auslagerung von bestehenden unmittelbaren Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds werden Unternehmen nur dann vornehmen, wenn dies für sie wirtschaftlich vorteilhaft ist. Entgegen manchen Behauptungen gibt es im Bereich der betrieblichen Altersversorgung keinen Königsweg und wenn doch, wäre es wohl am ehesten die Direktzusage. Das gilt jedenfalls für nach deutschem Handelsrecht bilanzierende Unternehmen. Im ersten Teil der Beitragsserie wurde bereits die Theorie erläutert. Nachfolgend soll eine Fallstudie dieser Theorie einen Praxisbezug geben. |
1. Fallstudie
Mit der nachfolgenden Fallstudie werden die Auswirkungen einer Auslagerung von unmittelbaren Pensionsverpflichtungen im Hinblick auf die Veränderungen von Bilanzkennzahlen verdeutlicht. Als Kennzahlen werden die Liquidität ersten bis dritten Grades und die Eigenkapitalquote untersucht.
1.1 Ausgangssituation
Bei der vorliegenden Fallstudie handelt es sich um eine einzelne Direktzusage an den (Gesellschafter-)Geschäftsführer einer GmbH. Zum 1.1.85 ist er in die Gesellschaft eingetreten und erhielt am 6.12.85 eine unmittelbare Pensionszusage. Diese sieht eine monatliche Altersrente ab Vollendung des 65. Lebensjahres in Höhe von 5.000 EUR vor, aus Vereinfachungsgründen erfolgte dies ohne Anpassungsregelung. Auch sonstige Leistungsbestandteile enthält die Pensionszusage aus Vereinfachungsgründen nicht.
Zum 31.12.12 wies die Bilanz der GmbH eine Bilanzsumme von 4.564.509,51 EUR auf. Das Eigenkapital lag bei 932.800 EUR und der Gewinn bei 590.950 EUR. Die handelsbilanzielle Pensionsrückstellung lag bei 686.000 EUR und die Rückstellung in der Steuerbilanz bei 635.000 EUR. Darüber hinaus ist die Altersversorgung durch eine verpfändete Rückdeckungsversicherung abgesichert, deren Wert sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz bei 415.055,49 EUR valutiert. Mitte des Jahres 2013 wird der Gesellschafter- Geschäftsführer aus der GmbH ausscheiden. Daher wird die verpfändete Rückdeckungsversicherung zum 31.5.13 in Höhe von 425.000 EUR ausgezahlt.
Da die Altersversorgung unabhängig vom weiteren Schicksal der GmbH bestehen soll und durch die Rückdeckungsversicherung Kapital und Liquidität vorhanden ist, soll nun die Möglichkeit einer Auslagerung der Versorgungszusage auf einen Pensionsfonds analysiert werden.
1.2 Auslagerungsanalyse
Da die Anwartschaft vollständig erdient ist (sog. „Past Service“), kann eine vollständige Übertragung durch Einmalbeitrag auf einen Pensionsfonds erfolgen (BMF 26.10.06, IV B 2 - S 2144 - 57/06). Ein modellhafter Pensionsfonds würde im vorliegenden Fall die Versorgungszusage für einen Einmalbeitrag in Höhe von 780.064,59 EUR übernehmen. Als Effektivzins ist dabei ein Zins von 3 % p.a. angesetzt.
In den folgenden Abbildungen 1 bis 6 werden die handelsrechtlichen und steuerlichen Beispielbilanzen aufgeführt (die entsprechenden Berechnungen und Zahlenwerte sind zur besseren Veranschaulichung rein modellhaft dargestellt). Neben der Ausgangsbilanz finden sich dort die Bilanzen nach Auszahlung der Rückdeckungsversicherung, sowie nach Auslagerung auf den Pensionsfonds durch Einmalbeitrag. Zu beachten ist, dass in der Handelsbilanz eine Saldierung der Rückdeckungsversicherung mit der gebildeten Pensionsrückstellung möglich ist. In der Steuerbilanz kommt es dagegen zum Einzelausweis der Positionen.
Aktiva | Passiva | ||
Sachanlagen | 3.000.000,00 | Eigenkapital | 1.523.750,00 |
Finanzanlagen | 100.000,00 | Pensionsrückstellung | 270.944,51 |
kurzfr. Forderungen | 500.000,00 | Rückstellungen | 2.000.000,00 |
sonstige Forderungen | 479.529,51 | Verbindlichkeiten | 769.815,00 |
Bank | 384.980,00 | ||
Wertpapiere | 100.000,00 | ||
Rückdeckungsvers. | |||
Summe | 4.564.509,51 | 4.564.509,51 |
Abb. 1: Handelsbilanz der Beispielgesellschaft (Rückdeckungsversicherung saldiert)
Aktiva | Passiva | ||
Sachanlagen | 3.000.000,00 | Eigenkapital | 1.533.694,51 |
Finanzanlagen | 100.000,00 | Pensionsrückstellung | 686.000,00 |
kurzfr. Forderungen | 500.000,00 | Rückstellungen | 2.000.000,00 |
sonstige Forderungen | 479.529,51 | Verbindlichkeiten | 769.815,00 |
Bank | 809.980,00 | ||
Wertpapiere | 100.000,00 | ||
Summe | 4.989.509,51 | 4.989.509,51 |
Abb. 2: Handelsbilanz nach Auszahlung der Rückdeckungsversicherung
Aktiva | Passiva | ||
Sachanlagen | 3.000.000,00 | Eigenkapital | 1.439.629,92 |
Finanzanlagen | 100.000,00 | Rückstellungen | 2.000.000,00 |
kurzfr. Forderungen | 500.000,00 | Verbindlichkeiten | 769.815,00 |
sonstige Forderungen | 479.529,51 | ||
Bank | 109.915,41 | ||
Wertpapiere | 20.000,00 | ||
Summe | 4.209.444,92 | 4.209.444,92 |
Abb. 3: Handelsbilanz nach Auslagerung durch Einmalbeitrag
Aktiva | Passiva | ||
Sachanlagen | 3.000.000,00 | Eigenkapital | 1.574.750,00 |
Finanzanlagen | 100.000,00 | Pensionsrückstellung | 635.000,00 |
kurzfr. Forderungen | 500.000,00 | Rückstellungen | 2.000.000,00 |
sonstige Forderungen | 479.529,51 | Verbindlichkeiten | 769.815,00 |
Bank | 384.980,00 | ||
Wertpapiere | 100.000,00 | ||
Rückdeckungsvers. | 415.055,49 | ||
Summe | 4.979.565,00 | 4.979.565,00 |
Abb. 4: Steuerbilanz
Aktiva | Passiva | ||
Sachanlagen | 3.000.000,00 | Eigenkapital | 1.584.694,51 |
Finanzanlagen | 100.000,00 | Pensionsrückstellung | 635.000,00 |
kurzfr. Forderungen | 500.000,00 | Rückstellungen | 2.000.000,00 |
sonstige Forderungen | 479.529,51 | Verbindlichkeiten | 769.815,00 |
Bank | 809.980,00 | ||
Wertpapiere | 100.000,00 | ||
Summe | 4.989.509,51 | 4.989.509,51 |
Abb. 5: Steuerbilanz nach Auszahlung der Rückdeckungsversicherung
Aktiva | Passiva | ||
Sachanlagen | 3.000.000,00 | Eigenkapital | 1.439.629,92 |
Finanzanlagen | 100.000,00 | Rückstellungen | 2.000.000,00 |
kurzfr. Forderungen | 500.000,00 | Verbindlichkeiten | 769.815,00 |
sonstige Forderungen | 479.529,51 | ||
Bank | 109.915,41 | ||
Wertpapiere | 20.000,00 | ||
Summe | 4.209.444,92 | 4.209.444,92 |
Abb. 6: Steuerbilanz nach Auslagerung durch Einmalbeitrag
Der Auszahlungsbetrag der Rückdeckungsversicherung ließe sich ebenfalls durch eine Verpfändung von Vermögensgegenständen wie einem Festgeldkonten darstellen, jedoch wurde dieser zur Übersichtlichkeit in das Konto Bank gebucht.
Beim Einmalbeitrag an den Pensionsfonds ist auf den ersten Blick zu erkennen, dass dieser die Pensionsrückstellungen der Handels- und Steuerbilanz deutlich übersteigt. Da zuvor schon keine kongruente Rückdeckung durch die Versicherung vorlag, wird sich der Liquiditätsabfluss für das Unternehmen noch verstärken. Der Einmalbeitrag wird nicht vollends aus den Barbeträgen generiert. Es werden vielmehr vorhandene Wertpapiere zur Zahlung genutzt.
Nun sollen die Kennzahlen, Liquidität ersten Grades bis dritten Grades und Eigenkapitalquote, untersucht werden. Die Liquidität ersten Grades zeigt das Verhältnis von liquiden Mitteln zu kurzfristigen Verbindlichkeiten. Bei der Liquidität zweiten Grades werden die Summe von Geldvermögen, Wertpapiere und kurzfristige Forderungen zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten ins Verhältnis gesetzt.
Die Liquidität dritten Grades zeigt dagegen das Verhältnis von Umlaufvermögen zu kurzfristigen Verbindlichkeiten. Bei der Eigenkapitalquote wird das Eigenkapital im Verhältnis zum Gesamtkapital betrachtet. Nachfolgende Tabelle zeigt die Auswirkungen der Auslagerung auf die genannten Kennzahlen der Beispielgesellschaft.
| ||
vor Auslagerung | nach Auslagerung | |
Liquidität 1. Grades | 38,97 % | 8,44 % |
Liquidität 2. Grades | 116,91 % | 75,98 % |
Liquidität 3. Grades | 179,20 % | 138,28 % |
EK-Quote | 34,02 % | 33,49 % |
Abb. 7: Kennzahlenänderung
Festzustellen ist, dass sich die Liquidität der Gesellschaft durch die Auslagerung natürlich deutlich verschlechtert hat. Gleichzeitig ist zwar eine Bilanzverkürzung eingetreten, jedoch ist keine signifikante Verbesserung der Eigenkapitalquote damit einhergegangen.
Die gewünschte Unabhängigkeit zwischen der Altersversorgung des ausgeschiedenen Gesellschafters und weiterem Schicksal der GmbH ist - weitgehend - erreicht, weil das Langlebigkeitsrisiko auf den Pensionsfonds übertragen wird. Jedoch beraubt sich die Gesellschaft der Möglichkeit durch vorzeitiges Versterben des Begünstigten Rentenzahlungen einzusparen und somit unternehmensintern einen „eigenen“ versicherungsmathematischen Gewinn zu generieren.
Es lässt sich festhalten, dass eine Verbesserung der Eigenkapitalquote nicht zwingend mit einer Bilanzverkürzung erreicht werden kann. Darüber hinaus kommt es zu Verschlechterungen der Liquiditätskennzahlen, die in der Endkonsequenz ggf. sogar künftig existenzgefährdende Situationen indizieren können.
2. Fazit
Bis heute sind nur 5,3 % der gesamten Deckungsmittel der betrieblichen Altersversorgung Pensionsfonds gebunden. Der vergleichsweise geringe Erfolg von Pensionsfonds in Deutschland seit 2000 belegt, dass der Sinn einer Übertragung bestehender Pensionsverpflichtungen auf Pensionsfonds sich bisher nur wenigen Unternehmen erschlossen hat, zu Recht wie wir aufzeigen konnten.
Die Auslagerung von unmittelbaren Versorgungszusagen auf einen Pensionsfonds hat für Unternehmen einen sehr hohen Preis im Vergleich zur internen Durchführung der Versorgung. Dieser Preis besteht in erheblichen Zusatzkosten - trotz gewisser Einsparungen bei den PSV-Beiträgen - in Form eines Einmalbeitrags an den Pensionsfonds, der die handelsrechtlich gebildete Rückstellung (und erst recht die steuerliche Rückstellung) deutlich übersteigt sowie im Entzug der Verfügungsgewalt über die entsprechende Liquidität. Trotz dieser Kosten bleibt ein Restrisiko, soweit der Pensionsfonds später die garantierten Leistungen nicht dauerhaft voll erbringen kann. Bei einer Liquiditätssparenden Übertragung auf einen Pensionsfonds ohne versicherungsförmige Garantie der Leistungen ist der Anfangs geforderte „Einsatz“ des Unternehmens zwar attraktiv niedrig. Dafür ist hier jedoch das Nachschussrisiko sehr hoch. Faktisch liegt nur eine Teilauslagerung vor.
Sofern ein Unternehmen im Einzelfall über die für eine Auslagerung auf einen Pensionsfonds erforderliche Liquidität verfügt, sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht keine stichhaltigen Argumente zu erkennen, die eine solche Auslagerung unter Verlust der Verfügungsgewalt rechtfertigen. Vielmehr könnte das Unternehmen die Liquidität unter Beibehaltung der unmittelbaren Versorgungszusagen zur betriebsinternen Ausfinanzierung der Versorgungsversprechen nutzen und weiterhin von den Vorteilen, die eine unmittelbare Versorgungszusage bietet, profitieren. Wenn für das Unternehmen eine Bilanzverkürzung nicht essenziell ist, wie für die meisten mittelständischen Unternehmen, so könnte es in diesem Zusammenhang die volle Verfügungsbefugnis über das Pensionsvermögen behalten. Sollten in Deutschland wieder schwierigere wirtschaftliche Zeiten eintreten, so dürfte ein temporärer Zugriff auf diese Liquidität zur Sicherung des Überlebens des Unternehmens wesentlich vorteilhafter sein als die Aufnahme von Krediten zu hohen Zinsen.
Eine ernsthafte und i.d.R. kostengünstigere Alternative (Nach h.M. ist eine Ausstattung mit dem handelsrechtlichen Verpflichtungswert nach BilMoG ausreichend, vgl. von Buddenbrock/Manhart, DB 09, 1237 f., Rößler, BB 10, 1405, 1409f.; Schlewing, RdA 10, 364, 369; Schnittker in Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt, Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen, 4. Aufl., Abschnitt J Rz. 596, 624f.; ähnlich Höfer, BetrAVG, Bd. 1, 13. Aufl., § 16 Rz. 5335.2 ff.) zur Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf einen Pensionsfonds ist die Auslagerung auf eine Rentnergesellschaft (vgl. dazu Uckermann, Leitfaden für die steuerlich optimale Auslagerung von unmittelbaren Pensionszusagen - Teil 2, GStB 12, 241 ff.). Sie hat zudem den Vorteil, dass sie nach Auslaufen der fünfjährigen Nachhaftungsfrist zu einer vollständigen Enthaftung des bisherigen Arbeitgebers führt.
Zu den Autoren |
- Dr. Peter A. Doetsch, Rechtsanwalt, Leiter Rechtsberatung, Key-Accounts, HR-Consulting der KENSTON Unternehmensgruppe. Geschäftsführer des BRBZ e.V.
- Björn Heilck, Rechtsanwalt, Berater und wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kenston Pension GmbH und der KENSTON Unternehmensgruppe
- Sebastian Uckermann, gerichtlich zugelassener Rentenberater für die betriebliche Altersversorgung, Geschäftsführer der Kenston Pension GmbH und Leiter der KENSTON Unternehmensgruppe in Köln sowie 1. Vorsitzender des Bundesverbandes der Rechtsberater für betriebliche Altersversorgung und Zeitwertkonten e.V. (BRBZ)