13.07.2006 · IWW-Abrufnummer 157054
Bundesarbeitsgericht: Urteil vom 29.10.2002 – 1 AZR 603/01
1. Eine Ruhepause liegt nur vor, wenn spätestens zu Beginn der Arbeitsunterbrechung auch deren Dauer feststeht.
2. Be- und Entladezeiten, während derer der Kraftfahrer sein Fahrzeug und das Betriebsgelände zwar verlassen darf, einem Arbeitsaufruf aber umgehend nachzukommen hat, sind keine Ruhepausen. Vergütungsrechtlich sind diese Zeiten Arbeitsbereitschaft iSv. § 2 Bundesmanteltarifvertrag für den Güter- und Möbelfernverkehr.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL 1 AZR 603/01 Verkündet am 29. Oktober 2002 In Sachen hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2002 durch den Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts Prof. Dr. Wißmann, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft und Linsenmaier sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Münzer und Hayen für Recht erkannt: Tenor: 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 23. August 2001 - 6 Sa 567/01 - wird zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Von Rechts wegen! Tatbestand: Die Beklagte betreibt eine Spedition. Der Kläger ist bei ihr seit 1992 als Kraftfahrer beschäftigt. Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche für Be- und Entladezeiten, während derer der Kläger keine Arbeitsleistung erbracht hat. Nach § 5 des Arbeitsvertrags richtet sich die Vergütung des Klägers "nach dem Lohntarifvertrag vom 1.4.91 in der Lohngruppe III". Überstunden werden zusätzlich vergütet. Nach § 10 des Vertrags gelten "in Ergänzung ... der Vertragsvereinbarungen ... insbesondere hinsichtlich der Arbeitszeit, der Leistungen von Überstunden, des Urlaubs, des Urlaubsgeldes, der Fälligkeit und des Erlöschens von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, die Bestimmungen des jeweils gültigen BMT für den Güter- u. Möbelfernverkehr bzw. Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des Speditions-, Lagerei- u. Transportgewerbes NRW ...". Am 1. Februar 2000 schloß die Beklagte mit dem Betriebsrat eine für alle Kraftfahrer geltende Betriebsvereinbarung (BV) mit auszugsweise folgendem Wortlaut: "4. Der Betriebsrat und (die Beklagte) regeln die Pausenzeiten für die von dieser Betriebsvereinbarung erfaßten Fahrer wie folgt: 4.1. Die gesetzlich vorgesehenen Pausenzeiten sind einzuhalten. 4.2. Gegenstand der vorliegenden Betriebsvereinbarung sind die den Fahrern zustehenden Pausen während und im Zusammenhang mit der Be- und Entladung. 4.3. Ist der Fahrer nicht verpflichtet bei dem Be- und Entladevorgang, bei der Produktanalyse oder ähnlichen unproduktiven Zeiten anwesend zu sein, so hat der Fahrer eine Pause einzulegen, sofern der Zeitraum mindestens 15 Minuten beträgt. Die Möglichkeit und Notwendigkeit der Einlegung einer Pause ist insbesondere auch dann gegeben, wenn der Lademeister der angefahrenen Be- oder Entladestelle dem Fahrer mitteilt, er müsse nicht beim Fahrzeug verbleiben, sondern könne sich in die Kantine oder den Aufenthaltsraum begeben oder auch - im Rahmen der Sicherheitsbestimmungen der angefahrenen Stelle - frei in oder außerhalb des Geländes bewegen. Die Möglichkeit und Notwendigkeit der Einlegung einer Pause wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß der Lademeister dem Fahrer einen "Piepser" zum Aufruf mitgibt oder ihm mitteilt, er werde über Lautsprecher auf dem Gelände, in der Kantine, dem Aufenthaltsraum o.ä. aufgerufen. 4.4. Um den durch die Aufzeichnung verursachten erheblichen Verwaltungsaufwand - insbesondere für die Fahrer und für die Lohnabrechnung - zu reduzieren, treffen der Betriebsrat und (die Beklagte) folgende Vereinbarung: Eine Langzeituntersuchung der anfallenden Pausen hat ergeben, daß die Pausen, die aus den vorgenannten Gründen entstehen - nachfolgend "Kurzpausen" genannt -, im Durchschnitt 5,5 % der geleisteten Stunden betragen. Der Betriebsrat und (die Beklagte) kommen daher überein, daß die Pausen den Fahrern mit einer pauschalen Summe in Höhe von 5,5 % der von ihnen geleisteten Stunden in Abzug gebracht werden. Die Berechnung erfolgt monatlich. ... 4.5. Unberührt von der Regelung bleibt die Einhaltung der sonstigen gesetzlich vorgeschriebenen Pausen. Diese werden, wie bisher, von den Fahrern auf dem Stundenzettel erfaßt. Für die vorgenannten Kurzpausen entfällt die Eintragung auf den Stundenzetteln. ..." Ab Februar 2000 nahm die Beklagte von dem als Arbeitszeit errechneten monatlichen Stundenumfang des Klägers einen Abzug in Höhe von 5,5 % vor. Sie vergütete den Kläger auf der Grundlage der sich daraus ergebenden Arbeitszeitmenge. Für die Zeit von Februar bis einschließlich November 2000 entspricht der Zeitabzug einem Betrag von 2.686,34 DM brutto. Mit seiner Klage hat der Kläger diese Summe geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, Nr. 4.3. und Nr. 4.4. BV seien wegen Verstoßes gegen gesetzliche und tarifliche Bestimmungen unwirksam. Im übrigen handele es sich bei den Be- und Entladezeiten um Zeiten der Arbeitsbereitschaft, die zu vergüten seien. Er habe keinen Einfluß darauf, zu welchem Kunden er geschickt werde und wie lange diese Zeiten dauerten. Zu den von ihm anzufahrenden Zielen gehörten ua. Chemiebetriebe und Kläranlagen. Dort müsse er während der Be- und Entladevorgänge bei seinem Fahrzeug verbleiben und jederzeit erreichbar sein. Auch handele es sich im gesetzlichen Sinne nicht um eine Pause, wenn er verpflichtet sei, auf "Piepser" oder Lautsprecheraufrufe zu achten, um anschließend umgehend die Arbeit wieder aufzunehmen. Der Kläger hat, soweit in die Revisionsinstanz gelangt, beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.686,34 DM (1.373,50 Euro) brutto nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Betriebsvereinbarung vom 1. Februar 2000 stehe nicht im Widerspruch zu gesetzlichen oder tariflichen Vorschriften. Bei Nr. 4.4. der Regelungen handele es sich um eine pauschalierte Pausenregelung, die den Verwaltungsaufwand bei der Lohnabrechnung reduzieren solle. Sie betreffe lediglich solche Zeiten, bei denen es den Fahrern gerade freistehe, ihr Fahrzeug während der Be- und Entladevorgänge zu verlassen. Es handele sich deshalb nicht um Arbeitsbereitschaft, sondern allenfalls um Bereitschaftsdienst, der nicht zu vergüten sei. Im übrigen fielen diese Zeiten regelmäßig in einem Umfang an, der über die pauschal angesetzten 5,5 % der Gesamtstunden noch hinausgehe. Die vorgeschriebenen Lenkzeitunterbrechungen nach Art. 7 VO (EWG) 3820/85 und die Pausen nach dem Arbeitszeitgesetz blieben von ihnen unberührt. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr unter Beschränkung des Zinsanspruchs stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Entscheidungsgründe: Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat einen Vergütungsanspruch des Klägers im Ergebnis zutreffend bejaht. Er ergibt sich aus gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen. Nr. 4.4. BV steht ihm nicht entgegen; diese Regelung ist unwirksam. I. Der Anspruch des Klägers auf Vergütung der unter Nr. 4.3. BV fallenden Zeiten ist entstanden. Er folgt aus § 611 BGB iVm. § 2 des Bundesmanteltarifvertrags für den Güter- und Möbelfernverkehr vom 14. Juli 1988 (BMT-Fern). Dieser Tarifvertrag wurde in § 10 des Arbeitsvertrags umfassend in Bezug genommen. 1. Gemäß § 611 BGB hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die vereinbarte Vergütung für die von ihm zu leistenden Dienste. Die vom Kläger geschuldete Tätigkeit ist die eines Kraftfahrers. Für alle damit im Zusammenhang stehenden Arbeitsleistungen kann der Kläger deshalb Vergütung verlangen. Welche Tätigkeiten eines Kraftfahrers als vergütungspflichtige Arbeitsleistungen anzusehen sind, haben die Tarifvertragsparteien in § 2 BMT-Fern geregelt. Danach zählen zur Arbeitszeit neben den reinen Lenkzeiten ua. Be- und Entladetätigkeiten und Arbeitsbereitschaftszeiten. 2. Die streitbefangenen Zeiten sind weder Lenk- noch Be- oder Entladezeiten. Unter letzteren sind nach dem Gesamtzusammenhang der Regelung nur solche Zeiten zu verstehen, in denen der Fahrer selbst be- oder entlädt. Das war hier nicht der Fall. Der Kläger war an den fraglichen Ladevorgängen nicht aktiv beteiligt. 3. Bei den dem Lohnabzug zugrunde liegenden Zeiträumen handelt es sich um Arbeitsbereitschaftszeiten. a) Nach dem Vorbringen der Beklagten hat der Kläger während dieser Zeiten - im monatlichen Gesamtumfang von mindestens 5,5 % der Gesamtarbeitszeit - für die Dauer von jeweils mehr als 15 Minuten nicht in oder bei seinem Fahrzeug anwesend sein müssen. Von der Richtigkeit dieser Behauptung ist auszugehen. Zwar hat das Landesarbeitsgericht entsprechende Feststellungen nicht getroffen. Es hat aber den gesamten Parteivortrag in Bezug genommenen. Danach hat der Kläger das Vorbringen der Beklagten nicht substantiiert bestritten. Er hat nur vorgetragen, bei diversen Be- und Entladevorgängen sei es ihm nicht gestattet gewesen, das Fahrzeug oder dessen nächste Umgebung zu verlassen. Er hat jedoch nicht bestritten, daß es im Verlaufe eines Monats überhaupt Zeiten gab, in denen die in Nr. 4.3. BV vorausgesetzten Umstände vorlagen. Ebensowenig ist er der Behauptung der Beklagten entgegengetreten, daß diese Zeiten sich monatlich auf mindestens 5,5 % der Gesamtarbeitszeit summierten. b) Die betreffenden Zeiten stellen keine Ruhepausen dar, die nicht vergütungspflichtig wären. aa) Der Begriff der Ruhepause ist gesetzlich nicht definiert. In § 4 ArbZG wird er vorausgesetzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitrechts Unterbrechungen der Arbeitszeit von bestimmter Dauer, die der Erholung dienen (BAG 28. September 1972 - 5 AZR 198/72 - AP AZO § 12 Nr. 9 = EzA AZO § 12 Nr. 1). Es muß sich um im voraus festliegende Unterbrechungen der Arbeitszeit handeln, in denen der Arbeitnehmer weder Arbeit zu leisten noch sich dafür bereitzuhalten hat. Er muß frei darüber entscheiden können, wo und wie er diese Zeit verbringen will. Entscheidendes Merkmal der Ruhepause ist, daß der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsverpflichtung und auch von jeder Verpflichtung, sich zur Arbeit bereitzuhalten, freigestellt ist (BAG 23. September 1992 - 4 AZR 562/91 - AP AZO Kr § 3 Nr. 6 = EzA AZO § 12 Nr. 6; 27. Februar 1992 - 6 AZR 478/90 - AP AZO Kr § 3 Nr. 5 = EzA AZO § 12 Nr. 5; 5. Mai 1988 - 6 AZR 658/85 - BAGE 58, 243). Das Schrifttum ist dieser Begriffsbestimmung weitgehend gefolgt (vgl. Zmarzlik/Anzinger ArbZG § 4 Rn. 3; Schliemann ArbZG Stand 1. Juni 2002 § 4 Rn. 6; Schliemann/Meyer Arbeitszeitrecht 2. Aufl. Rn. 290; Neumann/Biebl ArbZG 13. Aufl. § 4 Rn. 2; Buschmann/Ulber ArbZG 3. Aufl. § 4 Rn. 1; Dobberahn Das neue Arbeitszeitrecht in der Praxis 2. Aufl. Rn. 50; mit gewissen Modifikationen auch Tietje Grundfragen des Arbeitszeitrechts Diss. 2001 S 117; Baeck/Deutsch ArbZG § 4 Rn. 8, 9). Zum Begriff der Pause gehört, daß die Dauer der Arbeitsunterbrechung im voraus festliegt. Zu welchem Zeitpunkt sie feststehen muß, ob spätestens zu Beginn der täglichen Arbeitszeit oder erst bei Beginn der jeweiligen Pause, ist umstritten (vgl. Schliemann aaO § 4 Rn. 19 mwN). Unverzichtbar ist, daß jedenfalls bei ihrem Beginn auch die Dauer der Pause bekannt sein muß. Eine Arbeitsunterbrechnung, bei deren Beginn der Arbeitnehmer nicht weiß, wie lange sie dauern wird, ist keine Pause. Der Arbeitnehmer muß sich dann durchgehend zur Arbeit bereithalten. Eine diesen Anforderungen genügende Unterbrechung der Arbeit zählt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG nicht zur Arbeitszeit im Sinne dieses Gesetzes. bb) Die arbeitszeitrechtliche Ruhepause ist auch schuldrechtlich nicht Teil der vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Etwas anderes gilt nur, wenn es vertraglich vereinbart oder tariflich festgelegt ist. Das ist hier nicht der Fall. Der BMT-Fern enthält keine Bestimmung, derzufolge auch Pausenzeiten zu vergüten wären. Nach § 8 BMT-Fern sind vielmehr Pausen die Zeiten, in denen der Arbeitnehmer von jeder Arbeitsleistung nach § 2 befreit ist. In § 2 wiederum ist aufgeführt, was zur Arbeitszeit zählt. Nur diese Zeit ist tariflich zu vergüten. cc) Die "unproduktiven Zeiten" nach Nr. 4.3. BV erfüllen die Voraussetzungen einer Ruhepause nicht. Die Dauer der Zeiträume nach Nr. 4.3. BV ist bei ihrem Beginn nicht bestimmt. Dies gilt zumindest für einen Teil der betreffenden Zeiten. In Nr. 4.3. BV sind ausdrücklich auch solche Fälle vorgesehen, in denen der Fahrer durch einen mitgegebenen "Piepser" oder über Lautsprecher zur Arbeitsaufnahme aufgerufen wird. Es gibt dann keinen Zeitraum, während dessen der Fahrer einem solchen Aufruf nicht umgehend nachkommen müßte. Ob es daneben jedenfalls für den Kläger auch Unterbrechungen gab, deren Umfang oder doch Mindestumfang zu Beginn bereits genau feststand, haben die Parteien nicht vorgetragen und hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Dies geht zu Lasten der Beklagten. Ihr obliegt es darzulegen, daß in die Zeiten, während derer der Kläger in ihrem Dienst unterwegs war, auch solche Zeiten fielen, die - zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen - als weitere Ruhepausen anzusehen waren. Dazu hätte sie die Zeiten nach Nr. 4.3. BV ggf. entsprechend aufschlüsseln müssen. Dem ist sie nicht nachgekommen. Deshalb ist davon auszugehen, daß bei keiner der Arbeitsunterbrechungen nach Nr. 4.3. BV ihre Dauer zu Beginn bereits feststand. Sie sind damit keine Pausenzeiten. Dazu steht das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19. August 1987 (- 4 AZR 128/87 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Fernverkehr Nr. 3) nicht im Widerspruch. In dieser Entscheidung wurden die Zeiten zwischen dem tatsächlichen Eintreffen eines Fernfahrers an der Be- oder Entladestelle und dem vorgegebenen Zeitpunkt des Beginns der Be- und Entladearbeiten als Ruhepausen angesehen, die nach § 2 BMT-Fern nicht zu vergüten waren. Der Fahrer war während dieser Zeiten von sämtlichen Arbeitsleistungen freigestellt und nicht verpflichtet, sich in irgendeiner Form bereitzuhalten oder auch nur erreichbar zu sein. Im Unterschied zum vorliegenden Fall stand dort die Dauer der Zeit bis zum Beginn des Be- und Entladevorgangs und damit die Dauer der Arbeitsunterbrechung jeweils fest, weil der Zeitpunkt für die Aufnahme der Ladetätigkeiten genau vorgegeben war. dd) Die Zeiten nach Nr. 4.3. BV sind auch nicht etwa deshalb als Ruhepausen zu bewerten, weil die Betriebsparteien dies so vorgesehen haben. Soweit in Nr. 4.2., 4.3. und 4.4. BV eine konstitutive Widmung von Zeiten der Arbeitsunterbrechung zu Pausenzeiten zu erblicken ist, ist die Regelung wegen Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen unwirksam. Der rechtliche Charakter von (Arbeits)Zeiten steht nicht zur Disposition der Betriebsparteien. Zwar hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitzubestimmen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen. Die Betriebsparteien können deshalb die Lage und die Dauer von Pausen innerhalb der Arbeitszeit mit normativer Wirkung für die Betriebsangehörigen festlegen (vgl. Fitting BetrVG 21. Aufl. § 87 Rn. 117; Wiese GK-BetrVG 6. Aufl. § 87 Rn. 345). Der rechtliche Begriff der Pause selbst ist den Betriebsparteien jedoch in § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG vorgegeben. Er hat denselben Inhalt wie der Begriff der Ruhepause in § 4 ArbZG und in seiner allgemeinen Bedeutung. Für eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG gilt nichts anderes. c) Während der fraglichen Zeiträume leistete der Kläger Arbeitsbereitschaft iSv. § 2 BMT-Fern. aa) Arbeitszeitrechtlich ist Arbeitsbereitschaft iSv. § 7 Abs. 1 Nr. 1 a ArbZG die "wache Achtsamkeit im Zustand der Entspannung" (grundlegend Kaskel Das Schlichtungswesen (Zeitschr.) 1926, 75; ähnlich Schliemann aaO § 2 Rn. 15; BAG 28. Januar 1981 - 4 AZR 892/78 - AP MTL II § 18 Nr. 1 = EzA AZO § 7 Nr. 1; 5. Mai 1988 - 6 AZR 658/85 - aaO; kritisch und mwN auch zu modifizierten Begriffsbestimmungen Tietje aaO S 78 ff.). Teilweise wird demgegenüber vertreten, es genüge die Anwesenheit im Zustand der Entspannung (RAG 20. Dezember 1939 - RAG.104/39 - ARS 38, 23; BAG 14. April 1966 - 2 AZR 503/63 - BAGE 18, 223). In jedem Fall stellt Arbeitsbereitschaft eine der (Voll)Arbeit gegenüber mindere Leistung dar, die sich auf die Bereitschaft zur Verrichtung der Arbeit beschränkt (BAG 30. Januar 1985 - 7 AZR 446/82 - AP BAT § 35 Nr. 2 mwN). Arbeitszeitrechtlich ist die Arbeitsbereitschaft abzugrenzen von Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist Bereitschaftsdienst die Zeitspanne, während derer sich der Arbeitnehmer, ohne daß von ihm wache Achtsamkeit gefordert wird, für Zwecke des Betriebs an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten hat, damit er erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit sofort oder zeitnah aufnehmen kann (BAG 10. Juni 1959 - 4 AZR 567/56 - BAGE 8, 25; 13. November 1986 - 6 AZR 567/83 - AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 27 = EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 20; BVerwG 19. Januar 1988 - 1 C 11/85 - NZA 1988, 881; Schliemann aaO § 2 Rn. 19). Während der Rufbereitschaft kann sich der Arbeitnehmer demgegenüber an einem selbst gewählten Ort aufhalten (BAG 3. Dezember 1986 - 4 AZR 7/86 - AP MTB II § 30 Nr. 1; Schliemann aaO § 2 Rn. 24). bb) Im arbeitszeitrechtlichen Sinn hat der Kläger während der Zeiten nach Nr. 4.3. BV entweder Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst geleistet. Von ihm wurde während dieser Zeiten wache Aufmerksamkeit nicht verlangt und er konnte sich auch nach Belieben innerhalb oder außerhalb des Betriebsgeländes aufhalten, mußte jedoch so in der Nähe des Fahrzeugs bleiben, daß er zeitlich direkt nach seinem Aufruf zur Arbeitsaufnahme in der Lage war. Faktisch war er dadurch in seinem Aufenthaltsort auf das Betriebsgelände oder den unmittelbar angrenzenden Bereich beschränkt. Das schließt die Annahme von bloßer Rufbereitschaft aus. cc) Schuldrechtlich, dh. im Hinblick auf Vergütungsansprüche zählen die Zeiten nach Nr. 4.3. BV, auch wenn sie arbeitszeitrechtlich als Bereitschaftsdienst anzusehen sein sollten, zur Arbeitsbereitschaft nach § 2 BMT-Fern. Schon in der Entscheidung vom 19. August 1987 (- 4 AZR 128/87 - aaO) hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, mit Arbeitsbereitschaft im Sinne dieser Tarifbestimmung könnten uU nicht nur die Arbeitsbereitschaft im Sinne der damaligen AZO, sondern auch Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft gemeint sein. Tarifvertraglich kann festgelegt werden, daß auch im arbeitszeitrechtlichen Sinne nicht als Arbeitszeit geltende Zeiten vom Arbeitgeber - uU in geminderter Höhe - zu vergüten sind. Im seinerzeit entschiedenen Fall kam es darauf nicht an. Daß die Zeiten nach Nr. 4.3. BV im Streitfall als Arbeitsbereitschaftszeiten iSv. § 2 BMT-Fern anzusehen sind, folgt aus ihrer zeitlichen Lage. Kennzeichen des Bereitschaftsdienstes im vergütungsrechtlichen Sinne ist es, daß er außerhalb der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit erbracht wird. Arbeitsunterbrechungen mit Bereitschaftspflichten innerhalb der zu leistenden regelmäßigen Arbeitszeit sind dagegen - jedenfalls vergütungsrechtlich - Arbeitsbereitschaft (BAG 30. Januar 1985 - 7 AZR 446/82 - aaO). In § 15 Abs. 6 a BAT kommt dies beispielhaft zum Ausdruck. Danach ist der Angestellte verpflichtet, "sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Bereitschaftsdienst)". Daß die Parteien des BMT-Fern Bereitschaftsdienst im Rahmen der Arbeitszeit als Arbeitsbereitschaft verstanden haben, ergibt sich auch aus § 5 Abs. 4 der Regelungen. Danach kann die Schichtzeit für die Ein-Fahrer-Besatzung in bestimmtem Umfang verlängert werden, "wenn in die Arbeitszeit regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt". Wenn hier mit Arbeitsbereitschaft lediglich der enge arbeitszeitrechtliche Begriff gemeint wäre, wäre unverständlich, weshalb nicht erst recht der Anfall von Bereitschaftsdienst mit seinen noch geringeren Anforderungen dazu führen könnte, die Schichtzeit zu verlängern. Auch Bereitschaftsdienst im arbeitszeitrechtlichen Sinn stellt deshalb, wenn er in die Arbeitszeit fällt, Arbeitsbereitschaft iSv. § 5 Abs. 4 BMT-Fern dar. Für den gleichen Begriff in § 2 BMT-Fern kann dann nichts anderes gelten. Als Arbeitsbereitschaftszeiten sind die Zeiten nach Nr. 4.3. BV tarifliche Arbeitszeit und vergütungspflichtig. II. Der Vergütungsanspruch des Klägers ist nicht gemäß Nr. 4.4. BV erloschen. Diese Regelung ist wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG und Verletzung individueller Rechtspositionen des Klägers unwirksam. 1. Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Darauf, ob der Arbeitgeber tarifgebunden ist, kommt es nicht an. Die Vergütungspflicht für Zeiten der Arbeitsbereitschaft ist in § 2 BMT-Fern geregelt. Nr. 4.4. BV trifft Bestimmungen über diesen Regelungsbereich. Das ist unzulässig. Zwar gilt die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht im Bereich der zwingenden Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG. Für die dort aufgeführten Angelegenheiten ist das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nur ausgeschlossen, wenn eine tarifliche Regelung tatsächlich besteht und der Arbeitgeber an den betreffenden Tarifvertrag gebunden ist. Unbeschadet einer Tarifbindung der Beklagten wird Nr. 4.4. BV von einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 2, Nr. 10 oder Nr. 11 BetrVG jedoch nicht getragen. Es handelt sich weder um eine Regelung zur Lage und Dauer der Pausenzeiten noch um eine solche zur betrieblichen Lohngestaltung oder zur Festsetzung leistungsbezogener Entgelte. Nr. 4.4. BV ist eine mitbestimmungsfreie Regelung der Lohnhöhe. 2. Unabhängig davon besitzt der Kläger einen individuellen, auf § 611 BGB iVm. § 2 BMT-Fern gegründeten Rechtsanspruch auf Bezahlung der fraglichen Zeiten. In eine solche Rechtsposition können die Betriebsparteien auch durch Betriebsvereinbarung nicht eingreifen (vgl. BAG 11. Juli 2000 -1 AZR 551/99 - BAGE 95, 221).