· Fachbeitrag · Einkommensteuer
Verwendungsreihenfolge bei der Nachversteuerung
| Nach einem Urteil des FG Schleswig-Holstein (19.9.19, 1 K 139/18, EFG 20, 209; Rev. BFH III R 49/19, Einspruchsmuster ) ist bei Vorliegen eines Entnahmeüberhangs i. S. d. § 34a Abs. 4 EStG (Übersteigen des positiven Saldos der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahrs über den in diesem Jahr ermittelten Gewinn) zwingend eine Nachversteuerung vorzunehmen, soweit zum Ende des vorangegangenen VZ nach § 34a Abs. 3 EStG ein nachversteuerungspflichtiger Betrag festgestellt worden ist. Das FG sieht im Gesetzeswortlaut keine Anhaltspunkte für ein Wahlrecht des Betriebs oder Mitunternehmers, bei vorhandenen nicht entnommenen Altgewinnen aus vorangegangenen Jahren, für die die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 EStG nicht in Anspruch genommen wurde, eine Verrechnung des Entnahmeüberhangs zunächst mit diesen Gewinnen vorzunehmen und damit eine Nachversteuerung nach § 34a Abs. 1 EStG zu vermeiden. |
Nach Auffassung des FG verstößt die Regelung in § 34a Abs. 4 EStG ‒ auch bei vorhandenen thesaurierten Altgewinnen, für die eine Tarifbegünstigung nicht in Anspruch genommen wurde ‒ weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitende Gebot der Normenklarheit (Bestimmtheitsgebot).
PRAXISTIPP | Die sich aus § 34a EStG ergebende Verwendungsreihenfolge des positiven Saldos aus Entnahmen und Einlagen ist wie folgt aufgebaut (vgl. BMF 11.8.08, IV C 6-S 2290-a/07/10001, BStBl. I 08, 838 Rz. 29):
Die zunächst noch im Gesetzgebungsverfahren in Aussicht gestellte Möglichkeit der Entnahme von Altgewinnen ohne eine Nachversteuerung ist hiernach nicht umgesetzt worden. Der Gestaltungspraxis bleibt wohl nur, über Ausweichstrategien nachzudenken. Teilweise wird hierzu vorgeschlagen, alle Altgewinne vor der erstmaligen Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung und Wiedereinlage der Mittel je nach Bedarf des Unternehmens zu entnehmen (zu dieser Möglichkeit und anderen Überlegungen zur Verschonung der Altgewinne vgl. Thiel/Sterner, DB 07, 1099, 1105). Bedenken hiergegen könnten jedoch insoweit bestehen, als dies dem Gesetzeszweck (Senkung der Fremdkapitalquote bei Personenunternehmen) zuwider liefe (so Anmerkung Tiedchen, EFG 20, 209, 214). In bereits von der Problematik betroffenen Fällen bleiben nur der Einspruch und ggf. die Klage und das Hoffen auf eine günstige Entscheidung des BFH. |