Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 13.04.2011 | Mietansprüche

    Rückforderung vertraglich nicht geschuldeter Schönheitsreparaturen

    Immer wieder hat der BGH sich in den letzten Jahren mit Klauseln zu Schönheitsreparaturen in Mietverträgen beschäftigen müssen und diese für unwirksam erklärt. Was aber, wenn der Mieter die Schönheitsreparaturen aufgrund einer später für unwirksam erklärten Klausel bereits ausgeführt hat? Kommt nun eine Welle von Ersatzansprüchen auf die Vermieter zu? Das LG Kassel (7.10.10, 1 S 67/10, Abruf-Nr. 111047) hält dies für möglich. Es kommen hierfür verschiedene Anspruchsgrundlagen in Betracht.  

     

    Checkliste: Womit müssen sich Vermieter auseinandersetzen?
    • Pflichtverletzung des Mietvertrags, § 280 BGB: Im Gebrauchmachen von vermeintlichen Rechten aus unwirksamen Mietvertragsklauseln kann eine schuldhafte Pflichtverletzung des Verwenders gesehen werden. Nur ein entschuldbarer Rechtsirrtum schließt eine Haftung aus. Dabei kann sich der Vermieter nicht auf die (vermeintliche) Sachkunde seines Interessenverbands berufen (KG NJW 09, 2689).

     

    Zu problematisieren ist also die Frage nach dem Verschulden des Vermieters. Dabei wird ein Verschulden jedenfalls zu verneinen sein, wenn der BGH zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses sowie der Aufforderung zur Durchführung der Schönheitsreparaturen die Klausel noch nicht für unwirksam erklärt hatte.

     

    • Aufwendungsersatzanspruch aus GoA: In Betracht kommt auch ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 539 BGB i.V.m. den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (Sternel, NZM 07, 545). Da es sich bei § 539 BGB um eine Rechtsgrundverweisung handelt, ist es eine Frage des Einzelfalls, ob der Mieter überhaupt (auch) mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt hat. Ganz ausgeschlossen ist das nicht (BGH NJW 62, 2010; NJW 88, 132; NJW 93, 200).

     

    Sternel hält einen solchen Fremdgeschäftsführungswillen insbesondere zum Ende der Mietzeit für naheliegend, wenn der Mieter selbst von der Schönheitsreparatur keinen Nutzen mehr hat (Sternel, a.a.O.). Dies lässt aber außer Betracht, dass der Mieter auch in diesem eine (vermeintliche) eigene Verbindlichkeit erfüllen will. Der BGH steht dem deshalb grundsätzlich kritisch gegenüber (BGH „Mietrecht kompakt“ 09, 145 = NJW 09, 2590).

     

    • Bereicherungsanspruch: Letztlich kommt ein Bereicherungsanspruch nach § 812 BGB in Betracht, da der Mieter aufgrund der unwirksamen Vertragsklausel ohne rechtlichen Grund geleistet hat (BGH „Mietrecht kompakt“ 09, 145 = NJW 09, 2590). Auch diese Anspruchsgrundlage wirft aber Fragen auf:

     

    • Fraglich ist zunächst, worin die Bereicherung besteht. In Betracht kommen die tatsächlichen Aufwendungen des Mieters (LG Stuttgart WuM 04, 665; LG Freiburg WuM 05, 383; AG Nürtingen WuM 07, 316), die sich damit nicht zwangsläufig deckenden fiktiv ersparten Aufwendungen des Vermieters (Sternel, a.a.O.), die für die Tätigkeit angemessenen Aufwendungen (BGH „Mietrecht kompakt“ 09, 145 = NJW 09, 2590) oder die Ertragssteigerung der Mietsache durch die Schönheitsreparaturen (AG Karlsruhe DWW 05, 374; Börstinghaus, WuM 05, 677; Both WuM 07, 3).

     

    Wird danach ein Anspruch in bestimmter Höhe angenommen, kann der Vermieter dem mit dem Einwand begegnen, dass er in Kenntnis der Unwirksamkeit der Klausel und der eigenen Handlungspflicht eine höhere Miete verlangt und auch erhalten hätte. Dies ist eine Frage des Einzelfalls und der Darlegungs- und Beweislast beim Vermieter.
    Eine solche Verteidigungsstrategie wird deshalb nur in Betracht kommen, wenn die bei Vertragsschluss verlangte Miete unter der zu diesem Zeitpunkt ortsüblichen Miete lag.

     

    • Der Bereicherungseinwand nach § 818 Abs. 3 BGB greift dagegen nicht, weil der Vermieter mit der Befreiung von seiner Verbindlichkeit stets bereichert ist. Auch § 814 BGB wird regelmäßig nicht zur Anwendungen kommen können, da der Mieter im Zeitpunkt der Vornahme der Schönheitsreparatur gerade nicht von seiner Nichtschuld weiß.
     

    Für die Anspruchsdurchsetzung des Mieters bzw. die Anspruchsabwehr durch den Vermieter kann auch die Prüfung der Verjährungsfrist sinnvoll sein:  

     

    • Der Anspruch aus der Geschäftsführung ohne Auftrag verjährt bei einem bestehenden Mietverhältnis grundsätzlich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 195 ff. BGB, mithin nach drei Jahren beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Mieter hiervon Kenntnis hat.

     

    Achtung: Entscheidend wird deshalb darauf abzustellen sein, wann der Mieter von der Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel Kenntnis hatte.