15.12.2008 | Ratenzahlungsvereinbarung
So optimieren Sie verjährungsverlängernde Vereinbarungen
Muss der Gläubiger beim Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung auch die Verjährung im Auge haben? Jede Zahlung stellt doch ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar, sodass die Verjährung neu zu laufen beginnt. Was aber, wenn der Schuldner die Ratenzahlungsvereinbarung nicht mehr erfüllt oder erfüllen kann?
Regelmäßige Verjährungsfrist beachten
Wird die Ratenzahlungsvereinbarung im vorgerichtlichen Forderungsinkasso getroffen, muss der Gläubiger beachten, dass er sich noch im Bereich des materiellen Rechts bewegt. Das heißt: Die Forderung wird in den meisten Fällen der Regelverjährung des § 195 BGB unterliegen und verjährt damit nach 3 Jahren. Die Verjährung beginnt dabei nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem die Forderung entstanden ist, d.h. fällig war (sogenannte Silvesterregelung).
Beispiel |
Schuldner S. hat Baustoffe gekauft und erhält am 15.5.05 die Rechnung mit der Aufforderung den Betrag von 1.200 EUR zu zahlen. Trotz mehrfacher Mahnungen zahlt S. nicht. Hier ist die Forderung am 15.5.05 entstanden, sodass die Verjährung nach § 199 BGB mit Ablauf des 31.12.05 beginnt und unter Berücksichtigung der Regelverjährung mit Ablauf des 31.12.08 verjährt. |
Achtung: Auch titulierte Ansprüche müssen überwacht werden
Nicht anders verhält es sich, wenn der Gläubiger die Forderung bereits tituliert hat und nachfolgend eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen wurde, die der Schuldner nun nicht mehr erfüllt. Zwar steht sich der Gläubiger hier insoweit besser, als dass er die Hauptforderung regelmäßig nicht mehr verlieren kann, weil diese nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 BGB erst nach 30 Jahren verjährt. Dies verhält sich aber anders, wenn die künftig regelmäßig wiederkehrenden Leistungen innerhalb des Vollstreckungstitels bzw. der Ratenzahlungsvereinbarung betrachtet werden. Regelmäßig wiederkehrende Leistungen verjähren nämlich nach § 197 Abs. 2 BGB auch nach drei Jahren, wenn diese tituliert sind. Dies betrifft insbesondere die Zinsen aber auch sonstige regelmäßig wiederkehrende Leistungen wie titulierter laufender Unterhalt oder titulierte künftige Mietforderungen.
Gefahr: Schuldner zahlt nicht mehr
Wird die vorgerichtliche oder zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung vom Schuldner nicht mehr erfüllt, muss der Gläubiger fürchten, dass er bei einem vorgerichtlichen Ratenzahlungsvergleich seinen materiellen Anspruch nebst den künftig regelmäßig wiederkehrenden Leistungen oder bei einer bereits titulierten Forderung jedenfalls die künftig regelmäßig wiederkehrenden Leistungen wegen des Eintritts der Verjährung verliert, wenn er keine Handlungen vornimmt, um die Verjährung zu hemmen oder aber neu beginnen zu lassen.
Hemmung und der Neubeginn der Verjährung
Um die Verjährung zu hemmen, stehen dem Gläubiger §§ 203 bis 208 BGB zur Verfügung (Neubeginn der Verjährung: § 212 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB).
- Für den vorgerichtlichen Forderungseinzug kommen hier vor allem die Rechtsverfolgungsmaßnahmen nach § 204 BGB in Betracht. So führen Erhebung der Leistungsklage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und Zustellung des Mahnbescheids im gerichtlichen Mahnverfahren nach (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) die Hemmung der Verjährung herbei. Durch die Titulierung tritt die dreißigjährige Verjährung nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BGB ein.
- Des Schutzes der Verjährung bedarf es nicht, wenn der Schuldner durch eigene Handlungen ohne Zweifel erkennen lässt, dass er den Anspruch als bestehend ansieht, während der Gläubiger schutzbedürftig ist, wenn er im Hinblick hierauf die Rechtsverfolgung unterlässt. Deshalb beginnt die Verjährung neu, wenn der Schuldner den Anspruch durch Abschlagszahlung, Sicherheitsleistung, Zinszahlung oder in anderer Weise anerkennt. Der Gläubiger wird so durch § 212 BGB davor geschützt, dass er im Vertrauen auf ein den Anspruch bestätigendes Verhalten des Schuldners darauf verzichtet, den Anspruch einzuklagen und später in diesem Vertrauen enttäuscht wird, wenn der Schuldner sich auf die Einrede der Verjährung beruft. Der Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung stellt also ein Anerkenntnis „in anderer Weise“ dar, jede gezahlte Rate ein Anerkenntnis durch „Abschlagszahlung“. Insoweit beginnt mit jeder Zahlung die Verjährung neu. Stellt der Schuldner seine Ratenzahlungen ein, beginnt in diesem Zeitpunkt die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB neu zu laufen. Auch dann muss also die Hemmung der Verjährung erreicht werden, wenn der Anspruch nicht verloren gehen soll.
- Ist der Anspruch bereits tituliert, kann die drohende Verjährung nach § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB noch dadurch verhindert werden, dass eine gerichtliche Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt oder zumindest beantragt wird. Mit der Durchführung oder Beantragung der Vollstreckungsmaßnahme beginnt die Verjährung dann neu zu laufen.
Praxishinweis: Die Anforderung einer anderweitig abgegebenen eidesstattlichen Versicherung reicht nicht aus. Streitig ist, ob allein die Durchführung des Offenbarungsverfahrens nach §§ 807, 899 ZPO bereits eine Vollstreckungshandlung i.S.d. § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist. Dagegen wird eingewandt, dass das Offenbarungsverfahren lediglich der Vorbereitung der Zwangsvollstreckung dient, weil es auf die Informationsbeschaffung und nicht auf die Befriedigung der Vollstreckungsforderung angelegt ist. Gläubiger sollten daher zumindest einen kombinierten Vollstreckungsantrag stellen (Goebel, Anwaltformulare Zwangsvollstreckungsrecht, 3. Aufl., § 4).
Achtung: Nach § 212 Abs. 3 BGB beginnt die Verjährung nicht neu, wenn der Antrag zurückgenommen wird. Nach § 63 der GVGA gilt ein Vollstreckungsantrag auch als zurückgenommen, wenn der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger eine Unpfändbarkeitsbescheinigung übersendet und auf die eigentliche Vollstreckung verzichtet. Der Schuldner erhält dann keine Kenntnis von der Vollstreckungshandlung. Mit dem Vollstreckungsauftrag muss also die Weisung verbunden werden, auf eine Unpfändbarkeitsbescheinigung zu verzichten und in jedem Fall die Vollstreckung vor Ort zu versuchen.
Kein Gutes Geld schlechtem Geld hinterherwerfen
Maßnahmen zur Verjährungshemmung oder zum Verjährungsneubeginn treffen zu müssen, ist vor allem nachteilig, wenn der Gläubiger weiß, dass beim Schuldner kein Vermögen vorhanden ist und er so die Titulierung mit weiteren Investitionen (Gerichtsgebühren, Kosten des Bevollmächtigten) erkaufen muss. Der Gläubiger hat zwar dann gegen den Schuldner einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch (§§ 91, 788 ZPO, § 4 Abs. 4 RDGEG) und ggf. einen Anspruch auf Ersatz seines Verzugsschadens (§§ 280, 286 BGB). Er trägt aber das volle Risiko für die Realisierung dieses Anspruchs.
Verjährungshemmende oder verjährungsverlängernde Vereinbarung
Der Gläubiger kann die Notwendigkeit, verjährungshemmende oder verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen, verhindern, indem er im Rahmen des Ratenzahlungsvergleichs oder jeder sonstigen Vereinbarung mit dem Schuldner eine Vereinbarung über die Verlängerung der Verjährung i.S.d. § 202 BGB trifft. Nach § 202 Abs. 2 BGB kann die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden, was im Umkehrschluss bedeutet, dass eine rechtsgeschäftliche Verlängerung der Verjährungsfrist längstens bis 30 Jahre möglich ist. Möglich ist sowohl die Verlängerung der Verjährungsfrist als auch die Erweiterung der gesetzlichen Hemmungstatbestände (Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 202 Rn. 8).
Musterformulierung: Verjährungshemmende Vereinbarung |
Die Parteien vereinbaren, dass die Verjährung der in dieser Vereinbarung anerkannten Ansprüche einschließlich der künftigen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen, vor allem der Zinsen, von der Unterzeichnung dieser Vereinbarung bis zum vollständigen Ausgleich aller Forderungen aus dieser Vereinbarung in Erweiterung von § 203 S. 1 BGB gehemmt ist. Dies gilt auch, wenn der Schuldner entgegen seiner Verpflichtungen keine Leistungen erbringt. § 203 S. 2 BGB bleibt hiervon unberührt. Die Verjährung tritt jedoch spätestens 30 Jahre nach dem gesetzlichen Verjährungsbeginn ein. |
Musterformulierung: Verjährungsverlängernde Vereinbarung |
Die Parteien vereinbaren, dass die in dieser Vereinbarung begründeten Forderungen einschließlich aller künftig regelmäßig wiederkehrender Leistungen im Sinne des § 197 Abs. 2 BGB einer dreißigjährigen Verjährung unterliegen, die mit dem gesetzlichen Verjährungsbeginn zu laufen beginnt. Längere gesetzliche Verjährungsfristen bleiben ebenso unberührt wie Vorschriften über den Verjährungsbeginn, die Ablaufhemmung, die Hemmung und den Neubeginn der Verjährung. |
Ein besonderer Vorteil solcher Vereinbarungen besteht darin, dass auch eine bereits abgelaufene Verjährungsfrist auf diese Art und Weise verlängert werden kann (OLG Brandenburg NJW-RR 05, 771). Insoweit kann die Formulierung auch bei Ratenzahlungsvereinbarungen zu Forderungen aus der Langzeitüberwachung eingesetzt werden. Möglich ist eine verjährungsverlängernde Vereinbarung auch in einem Vertrag zugunsten Dritter (BGH NJW-RR 2004, 780; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 202 Rn. 4).