13.04.2011 | Sicherungsrechte
Rangfolge zwischen Abtretung und Bezugsrecht
Tritt der Versicherungsnehmer seine Ansprüche aus einer Lebensversicherung zur Sicherung der Schuld eines Dritten an dessen Gläubiger ab, sprechen die Interessen der Beteiligten regelmäßig dafür, dass der vereinbarte Sicherungszweck sich nicht mit dem Tod des Versicherungsnehmers erledigt haben soll. Eine vor der Sicherungsabtretung widerruflich getroffene Bezugsrechtsbestimmung steht dann auch in der Zeit nach Eintritt des Versicherungsfalls - bis auf Weiteres - im Rang hinter den Rechten des Sicherungsnehmers zurück (BGH 27.10.10, IV ZR 22/09, Abruf-Nr. 103968). |
Sachverhalt
Die Klägerin begehrt als widerruflich eingesetzte Bezugsberechtigte einer bei der Beklagten abgeschlossenen Risikolebensversicherung die Zahlung der Todesfallleistung. Der inzwischen verstorbene Versicherungsnehmer (VN) hatte der Bank in deren Formularerklärung den Anspruch auf die Todesfallleistung unter Übergabe des Versicherungsscheins zur Sicherung abgetreten und dabei das Bezugsrecht der Klägerin widerrufen, „insoweit es den Rechten der Sparkasse entgegensteht“. Die Beklagte hat die Versicherungsleistung an die Bank ausgezahlt. Die Klägerin ist in allen Instanzen gescheitert.
Entscheidungsgründe/Praxishinweis
Der anlässlich der Sicherungsabtretung erklärte Widerruf der Bezugsrechtsbestimmung zugunsten der Klägerin war so zu verstehen, dass ihr Recht in dem durch den Sicherungszweck bestimmten Umfang im Rang hinter das Recht der Bank zurückgesetzt wurde. Dieser Vorrang der Bank bestand sowohl bei Eintritt des Versicherungsfalls als auch bei Auszahlung der Versicherungssumme fort, weil zu beiden Zeitpunkten die zu sichernde Forderung die Versicherungssumme überstieg. Die Bank war daher bei der Auszahlung materiell berechtigte Inhaberin des gesamten Anspruchs auf die Todesfallleistung. Daher wurde der Versicherer (VR) von seiner Leistungspflicht frei (§ 362 Abs. 1 BGB). Die Reichweite des Widerrufs einer Bezugsrechtsbestimmung ist ebenso wie der Sicherungszweck einer Sicherungsabtretung für jeden Einzelfall durch Auslegung zu bestimmen. Da es sich hier bei der Widerrufserklärung und bei der Sicherungsabrede um formularmäßige Erklärungen handelt, die im Bundesgebiet allgemein verwendet werden, konnte der Senat die Erklärungen frei auslegen (BGHZ 109, 67).
In der Sicherungsabtretung der Rechte aus einer Lebensversicherung liegt i.d.R. nicht auch der konkludente Widerruf bestehender Bezugsrechtsbestimmungen (st.Rspr. BGH VersR 02, 218; 01, 883; 96, 877; 93, 553). Ein anlässlich der Sicherungsabtretung erklärter Widerruf ist vielmehr so zu verstehen, dass etwaige Bezugsrechte im Rang hinter das vereinbarte Sicherungsrecht zurücktreten sollen. Für den Gläubiger, der sich zur Sicherung seiner Forderung die Rechte aus einer Risiko- oder Kapitallebensversicherung vom Schuldner oder einem Dritten abtreten lässt, liegt die zentrale Botschaft darin, dass auf jeden Fall ein Widerruf der Bezugsberechtigung vom Schuldner und Abtretenden erklärt werden muss. Am besten lässt sich sogar der Gläubiger unmittelbar als Bezugsberechtigter bestimmen. Das ist dem VR offenzulegen. Soweit im Zeitpunkt des Versicherungsfalls dem Sicherungsnehmer gesicherte Forderungen gegen den VN zustehen, ist er - als Inhaber des Anspruchs, nicht nur als Bezugsberechtigter - allein befugt, Zahlung der Todesfallleistung an sich zu verlangen. Der Anspruch auf einen evtl. verbleibenden Überschuss steht dagegen - ohne dass eine weitere Rechtshandlung, z.B. Rückabtretung, erforderlich wäre - dem Bezugsberechtigten zu (sog. „dingliche Lösung“, BGH VersR 93, 553).
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