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  • · Fachbeitrag · Aufrechnung

    BGH ändert Rechtsprechung zur Aufrechnungsbefugnis

    | Für Handlungsbedarf bei den AGB von Gläubigern sorgt jetzt der BGH. Die Formulierung „Der Schuldner darf Forderungen gegen den Gläubiger nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind“ findet man fast durchgängig in AGB von Forderungsgläubigern. Sie sind Bestandteil jedes Formularbuchs. Bislang wurde diese vorformulierte Vertragsbedingung als zulässig erachtet. Für den Gläubiger wichtig: Der BGH hat seine Rechtsprechung hierzu nun geändert. |

     

    Sachverhalt

    Ein Verbraucherschutzverband hatte sich im Rahmen einer Klage nach dem UKlaG gegen die o. g. AGB gewandt. Er verlangte vom Gläubiger, diese Klausel künftig gegenüber Verbrauchern nicht mehr zu verwenden. Das LG hatte der Klage stattgegeben, das OLG hatte sie hingegen abgewiesen.

     

    In ständiger Rechtsprechung hat der BGH in der Vergangenheit die hier angegriffene Einschränkungen der Aufrechnungsbefugnis des Kunden nicht beanstandet. Die Klausel halte insbesondere einer Inhaltskontrolle an § 309 Nr. 3 BGB stand (BGH NJW 86, 1757; NJW 02, 2779; 11.5.04, XI ZR 22/03). Dem hatte sich auch das ganz überwiegende Schrifttum angeschlossen (Bunte in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 5. Aufl., § 9 Rn. 3; Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 37. Aufl., Nr. 4 AGB-Banken Rn. 1). Nach § 309 Nr. 3 BGB ist eine AGB nämlich nur unwirksam, wenn sie dem Vertragspartner des Verwenders die Befugnis nimmt, mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung aufzurechnen. Die hier in Rede stehende Klausel lässt aber eben gerade die Aufrechnung mit den in § 309 Nr. 3 BGB genannten Forderungen zu.

     

    Nach jetziger Auffassung des BGH muss sich aber eine Klausel, selbst wenn sie der Inhaltskontrolle nach § 309 BGB standhält, gleichwohl auch an der Generalklausel des § 307 BGB messen lassen (20.3.18, XI ZR 309/16, Abruf-Nr. 200264; so bereits auch BGHZ 104, 232, 239). Im Rahmen dieser Prüfung sei hier ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB begründet: Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist eine Bestimmung in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nimmt eine solche unangemessene Benachteiligung im Zweifel an, wenn die Geschäftsbedingung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

     

    Der BGH greift dabei § 361 Abs. 2 S. 1 BGB auf. Danach darf von den gesetzlichen Regelungen über die Rechtsfolgen des Widerrufs (§ 355 Abs. 3 S. 1, § 357a BGB), soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden.

     

    Dem Verbraucher steht bei Abschluss eines Verbraucherdarlehens (§ 491 BGB) nach § 495 BGB ein Widerrufsrecht zu. Macht der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, muss die Bank nach § 357 BGB alle empfangenen Leistungen binnen 14 Tagen an den Verbraucher zurückgeben. Mit diesem Rückgewähranspruch kann der Verbraucher gegen die der Bank zustehenden Ansprüche aufrechnen. Die in Rede stehende Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis schränkt dem Verbraucher aber diese Möglichkeit ein. Diese Überlegung nimmt der BGH auf und argumentiert, durch die Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis werde dem Verbraucher das Widerrufsrecht unzulässig erschwert. Der Verbraucher werde so dazu gezwungen, seine Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis aktiv im Klageweg geltend zu machen.

     

    Darüber hinaus beschränke das Aufrechnungsverbot die Verteidigungsmöglichkeiten des Verbrauchers gegen eine seitens des Kreditinstituts erhobene Klage auf die Erhebung einer Widerklage. In diesem Fall könne sich der Verbraucher allein schon im Hinblick auf die erhaltene Darlehensvaluta mit einer erheblichen Forderung des Kreditinstituts konfrontiert sehen, ohne dass ihm die Möglichkeit offenstehe, diese Forderung aktiv im Wege der Aufrechnung zu reduzieren. Die nachteiligen Auswirkungen der angefochtenen Klausel seien geeignet, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten bzw. erschwerten die praktische Durchsetzung seiner Forderung. Die angefochtene Klausel führe daher zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden und sei somit unwirksam.

     

    Relevanz für die Praxis

    Alle Forderungsgläubiger sollten vor dem Hintergrund dieser Entscheidung ihre AGB hinsichtlich der Regelungen zur Aufrechnungsbefugnis überprüfen. Die angegriffene Klausel begründet jedoch nur eine Unwirksamkeit, soweit sie gegenüber einem Verbraucher (§ 13 BGB) verwendet worden ist. Für die Verwendung gegenüber einem Unternehmer (§ 14 BGB) hat sie keine unmittelbaren Auswirkungen. Dies sollte der Verwender gegebenenfalls differenzieren.

     

    Auch muss der Verwender prüfen, für welche Fälle die Argumentation im Hinblick auf seine Ansprüche zutrifft und ob daneben weitere Anwendungsfälle existieren, die nicht ausgenommen werden müssen. Ein Risiko für die weitere Verwendung besteht sicher.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2018 | Seite 136 | ID 45381862