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  • · Fachbeitrag · Betreuung

    Einwilligungsvorbehalt bei laufendem Verbraucherinsolvenzverfahren

    | Das Forderungsmanagement beginnt nicht erst, wenn eine Forderung notleidend geworden ist, sondern viel früher. Der Gläubiger muss sich stets schon überlegen, mit wem er Geschäfte macht. Dass es klug sein kann, potenzielle Kunden einer Bonitätskontrolle zu unterziehen und deren Geschäftsfähigkeit zu beleuchten, zeigt ein aktueller Fall des BGH. |

     

    Sachverhalt

    Der Betroffene leidet seit vielen Jahren unter einer schweren Alkoholkrankheit, wegen der er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Für ihn wurde daher eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge, Regelung des Postverkehrs, Vermögensangelegenheiten und Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern eingerichtet. Das AG hat später noch einen Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten angeordnet. Hiergegen wehrt sich der Betroffene.

     

    Das LG hat die Beschwerde zurückgewiesen. Der Einwilligungsvorbehalt sei unbedingt erforderlich, da der Betroffene krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, seinen Willen hinsichtlich der notwendigen Kontrolle über die zur Verfügung stehenden Mittel frei zu bestimmen. Weil er die Übersicht über seine Zahlungsverpflichtungen krankheitsbedingt verloren habe, sei es zu einem Verbraucherinsolvenzverfahren gekommen. Durch eigenständige Vermögensverfügungen gefährde er den Erfolg des Verfahrens. An Absprachen mit dem Betreuer halte er sich krankheitsbedingt ebenfalls nicht.

     

    Entscheidungsgründe

    Der BGH ist dieser Sicht gefolgt und hat den Einwilligungsvorbehalt bestätigt. Seine Sicht lässt sich wie folgt zusammenfassen:

     

    • Leitsatz: BGH 18.7.18, XII ZB 167/18

    Kann der Schuldner sein Einkommen und Vermögen nicht überblicken, kann bei einer konkreten Gefährdung erheblichen Vermögens ein Einwilligungsvorbehalt auch bei laufendem Verbraucherinsolvenzverfahren angeordnet werden (Abruf-Nr. 204186).

     

    Ausgangspunkt ist § 1903 BGB. Soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, ordnet das Betreuungsgericht nach § 1903 Abs. 1 BGB an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt). Ob dies der Fall ist, muss das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht feststellen.

     

    Eine Gefahr für das Vermögen des Betreuten kann sich daraus ergeben, dass er sein Vermögen nicht überblicken und verwalten kann. Allerdings kann ein Einwilligungsvorbehalt nur angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen. Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvorbehalt je nach den Umständen auf ein einzelnes Objekt oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden kann.

     

     

    Das lag im konkreten Fall nahe, weil schon ein Verbraucherinsolvenzverfahren lief. Aus der fehlenden Fähigkeit des Betroffenen, seine eigenen Finanzen zu kontrollieren und daraus, dass er sich nicht an Absprachen mit dem Betreuer hält, erwuchsen nach dem BGH erhebliche Gefahren für die zum Wohle des Betroffenen anzustrebende Restschuldbefreiung. Diese erfordert die Einhaltung der in § 295 InsO normierten Obliegenheiten, insbesondere Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen (§ 295 Abs. 1 Nr. 4 InsO). Um dies nicht durch krankheitsbedingt unbedachte Verfügungen des Betroffenen zu gefährden, bedurfte es des Einwilligungsvorbehalts, der im Fall des BGH auch nicht auf ein einzelnes Objekt oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden konnte.

     

    Relevanz für die Praxis

    Für den Gläubiger hat der Einwilligungsvorbehalt erhebliche Folgen: Jede Vertragserklärung des Betreuten ist schwebend unwirksam und hängt von der Genehmigung des Betreuers nach § 108 Abs. 1 BGB ab. Fordert der Gläubiger den Betreuer zur Erklärung über die Genehmigung auf, kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, gilt sie als verweigert. Vertragliche Ansprüche bestehen bei verweigerter Erklärung nicht. Es kommen allenfalls Bereicherungsansprüche nach §§ 812 ff. BGB in Betracht, wobei der Einwand der Entreicherung nahe liegt. Auch wenn solche Ansprüche bestehen, lassen sie sich regelmäßig nicht realisieren.

     

    Da der Einwilligungsvorbehalt bei einem Erwachsenen und damit seine beschränkte Geschäftsfähigkeit ‒ anders als bei einem Minderjährigen ‒ nicht ohne Weiteres zu erkennen ist, kann der Schaden erheblich sein. Der Gläubiger ist deshalb gut beraten, jedenfalls bei wirtschaftlich bedeutenden Geschäften eine Bonitätskontrolle durchzuführen oder das Geschäft abzusichern. Hier stehen die klassischen Auskunfteien, Inkassounternehmen und Payment-Unternehmen regelmäßig als Dienstleister zur Verfügung.

    Quelle: Ausgabe 03 / 2019 | Seite 48 | ID 45726255