· Fachbeitrag · Forderungsbeitreibung
Wann haftet der Ehegatte des Schuldners für dessen Schulden mit?
| Schuldner haben sich oft „eingerichtet“. Alles was an Einkünften und Vermögen zu verzeichnen ist, geht beim Ehegatten des Schuldners ein oder wird auf ihn übertragen. Der Schuldner und sein Ehegatte wollen Gläubigern so die zur Tilgung der Forderung zur Verfügung stehenden Werte entziehen. Erst Recht soll das für das Einkommen und Vermögen des Ehegatten gelten. Für Gläubiger stellen sich zwei Probleme: Sie müssen einerseits etwaige Vermögensverschiebungen ermitteln (s.u., 1.). Andererseits müssen sie prüfen, ob der Ehegatte für Verbindlichkeiten mithaftet (s.u., 2.). Der folgenden Beitrag gibt eine erste Orientierung. |
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Schuldner S. war zunächst Eigentümer eines Pkw. Vor zwei Jahren hat er ihn unentgeltlich auf seinen Ehegatten E. übertragen. Ebenso lässt S., der selbst über ein P-Konto verfügt, sein unpfändbares Arbeitseinkommen nicht dorthin zahlen, sondern auf das Konto der E. In seiner Vermögensauskunft gibt er weder den Pkw an, noch das Konto der E. Zugleich lässt er von seinem Arbeitseinkommen unmittelbar vom Arbeitgeber A. noch einen Betrag von 40 EUR monatlich auf einen Bausparvertrag zahlen, der auf den Namen der E. lautet. |
1. Vermögensverschiebung: Lohnabrechnung nutzen
Nur sehr konsequente Gläubiger können solche, im Beispiel veranschaulichte Vermögensverschiebungen ermitteln. So können sie nach der Pfändung des Arbeitseinkommens unabhängig vom Inhalt der Drittschuldnerauskunft stets vom Drittschuldner (Nebenrechte) und vom Schuldner (§ 836 Abs. 3 ZPO) die Lohnabrechnung herausverlangen. Aus vielen Lohnabrechnungen ergibt sich, auf welches Konto, jedenfalls auf welche Bank, das Arbeitseinkommen gezahlt wird. Handelt es sich dabei um das Konto des Ehegatten, kann der Herausgabeanspruch des Schuldners gegen den Ehegatten nach § 667 BGB gepfändet werden. Die so erkennbar gewordene Zahlung des Schuldners auf den Bausparvertrag des Ehegatten kann nach § 4 AnfG angefochten werden.
2. Auf Mithaftung achten
Spätere Probleme in der Vollstreckung können Gläubiger häufig vermeiden, wenn spätestens vor der Titulierung der Forderung geprüft wird, ob
- der Schuldner verheiratet ist und dies auch bereits beim forderungsbegründenden Vertragsabschluss war und
- der Ehegatte für die begründete Schuld nach § 1357 BGB mithaftet.
Ob der Schuldner verheiratet ist, kann durch eine erweiterte Melderegisterauskunft nach § 21 Abs. 2 MRRG (künftig wohl § 45 Abs. 2 des Bundesmeldegesetzes - BMG, dessen Entwurf sich derzeit im Vermittlungsverfahren zwischen Bundestag und Bundesrat befindet) oder auch durch eine Einsicht in das Personenstandsregister nach § 62 PStG ermittelt werden.
Nach § 1357 BGB haften bei Geschäften zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie beide Ehegatten, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. Eine abweichende güterrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien - etwa die Vereinbarung der Gütertrennung - ist dabei nur relevant, wenn sie auch im Güterrechtsregister eingetragen ist. Das ist der absolute Ausnahmefall.
Welche Geschäfte § 1357 BGB unterfallen, ist einer breiten Kasuistik unterworfen, die sich kaum auf einen abstrakten Nenner bringen will. Wichtig ist der Bezug zur ehelichen oder familiären Lebensgemeinschaft.
Checkliste / Die 14 wichtigsten Fälle des § 1357 BGB |
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PRAXISHINWEIS | Ungeachtet § 1357 BGB bleibt es dem Gläubiger unbenommen, den Ehegatten in das Schuldverhältnis vertraglich mit einzubeziehen. |
Weiterführende Hinweise
- So werten Sie das Vermögensverzeichnis analytisch und sachgerecht aus, VE 13, 11
- Pfändung eines Oder-Kontos: Das müssen Sie beachten, VE 08, 37