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  • · Nachricht · Forderungsrecht

    Anerkenntnis des Unternehmers durch Mängelbeseitigung

    | Ein Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB liegt nicht vor, wenn ein Unternehmer auf Aufforderung des Bestellers eine Mängelbeseitigung vornimmt, dabei jedoch deutlich zum Ausdruck bringt, dass er nach seiner Auffassung nicht zur Mängelbeseitigung verpflichtet ist (BGH 23.08.2012, VII ZR 155/10, Abruf-Nr. 122953). |

     

    Die Parteien stritten um die vom Kläger verlangte Herausgabe einer Originalbürgschaftsurkunde über eine Gewährleistungsbürgschaft sowie mit der Widerklage erhobene Gewährleistungsansprüche der Beklagten und einen Schadenersatzanspruch des Beklagten zu 2 wegen Kostenschäden aus einem Vorprozess.

     

    Der Kläger nahm im Auftrag der in einer Projektgemeinschaft verbundenen Beklagten 1999 Rohbauarbeiten für ein Doppelhaus in C. vor. Die Beklagten entrichteten die letzte Zahlung an ihn am 3.12.99. In einem Rechtsstreit der Bauherren gegen den Beklagten zu 2 wurde später festgestellt, dass die Abdichtung des Verblendmauerwerks an dem Bauvorhaben mangelhaft ausgeführt und die sogenannte Z-Sperre über den Schlafzimmerfenstern zu erneuern war (LG Stade 15.10.02, 3 O 167/00). Im Februar 2003 nahm der Kläger auf Aufforderung der Beklagten Abdichtungsarbeiten vor.

     

    Die Bauherren machten im Rahmen eines zweiten Rechtsstreits erfolgreich weitere Gewährleistungsansprüche gegen den Beklagten zu 2 geltend. Der Kostenschaden des Beklagten zu 2 ist unter anderem Gegenstand der Widerklage.

     

    Der Kläger hat Herausgabe der Bürgschaftsurkunde verlangt. Er hat die Meinung vertreten, dass gegen ihn gerichtete Gewährleistungsansprüche mit Ablauf des 3.12.04 verjährt seien. Die Klage hatte in erster Instanz Erfolg; die Widerklage der Beklagten hat das LG abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten, die den Widerklageantrag im zweiten Rechtszug erweitert haben, hatte überwiegend Erfolg.

     

    Der Beschwerde war stattzugeben, soweit der Kläger auf die Widerklage zur Zahlung von 9.520 EUR nebst Zinsen und Freistellung von Mängelbeseitigungskosten verurteilt worden ist. Das Berufungsurteil beruhte insoweit auf einer Verletzung des Rechts des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Es war deshalb insoweit aufzuheben. Im Umfang der Aufhebung war die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO).

     

    Das Berufungsgericht hat Gewährleistungsansprüche, die sich im Streitfall nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts richten, als unverjährt angesehen. Die fünfjährige Verjährungsfrist habe zwar am 3.12.99 begonnen. Anspruchsverjährung sei mit Ablauf des 3.12.04 nicht eingetreten, denn die Abdichtungsarbeiten des Klägers im Februar 2003 seien als verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis im Sinne von § 208 BGB a.F. zu werten. Damit hat sich das Berufungsgericht über entscheidungserheblichen Vortrag des Klägers hinweggesetzt.

     

    Da der (vermeintliche) Hemmungstatbestand nach dem 1.1.02 eingetreten ist, ist ‒ der gegenüber § 208 BGB a.F. inhaltlich unveränderte ‒ § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB anwendbar. Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB gelangen grundsätzlich die neuen Verjährungsregeln zur Anwendung. Das Stichtagsprinzip gilt in Übergangsfällen nicht nur für den Verjährungsbeginn, sondern auch für die Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist (BGHZ 189, 104 Rn. 17; Palandt/Ellenberger, BGB, 71. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 7). Etwas anderes ergibt sich nicht aus Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB, da dort lediglich geregelt ist, dass sich die Hemmung der Verjährung für den Zeitraum vor dem 1.1.02 nach dem BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmt. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 3 EGBGB. Diese Bestimmung betrifft lediglich die Fortgeltung von Regelungen, nach denen eine vor dem 1.1.02 eintretende Unterbrechung als erfolgt oder nicht erfolgt gilt (dazu Kniffka/Schulze-Hagen, Bauvertragsrecht, 2012, § 634a BGB Rn. 359).

     

    Die Verjährung ist gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt, wenn der Verpflichtete dem Berechtigten gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt. Nach ständiger Rechtsprechung liegt ein Anerkenntnis im Sinne von § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB vor, wenn sich aus dem tatsächlichen Verhalten des Schuldners gegenüber dem Gläubiger klar und unzweideutig ergibt, dass dem Schuldner das Bestehen der Schuld bewusst ist und angesichts dessen der Gläubiger darauf vertrauen darf, dass sich der Schuldner nicht auf den Ablauf der Verjährung berufen wird. Der Schuldner muss dabei sein Wissen, zu etwas verpflichtet zu sein, klar zum Ausdruck bringen, wobei allerdings auch ein eindeutiges schlüssiges Verhalten genügen kann (BGH NJW 12, 1293 Rn. 10). Das entspricht der Rechtsprechung zu § 208 BGB a.F. (BGH NJW 88, 1259; NZBau 05).

     

    Ob in der Vornahme von nicht nur unwesentlichen Nachbesserungsarbeiten ein Anerkenntnis der Gewährleistungspflicht des Auftragsnehmers liegt, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei, ob der Auftragnehmer aus der Sicht des Auftraggebers nicht nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung eines Streits, sondern in dem Bewusstsein handelt, zur Nachbesserung verpflichtet zu sein (BGHZ 164, 196, 205; NJW 99, 2961).

     

    Das Berufungsgericht hat für die Beurteilung, ob ein Anerkenntnis vorliegt, entscheidungserheblichen Vortrag übergangen. Der Kläger hat, wie die Beschwerde zutreffend rügt, nach seinem, vom Senat zugrunde zu legenden Vortrag, behauptet, dass er dem Beklagten zu 2 im Februar 2003 unmittelbar vor der Veränderung der Z-Sperre erklärt habe, fachgerecht und mangelfrei gearbeitet zu haben. Er habe die Z-Sperre auf Bitte des Beklagten zu 2 verändert, da die Verblendsteine noch nicht wieder angebracht gewesen seien. Das Berufungsgericht hat diesen maßgeblichen Gesichtspunkt nicht in seine Erwägungen einbezogen.

     

    Der Gehörsverstoß war auch entscheidungserheblich.

    Quelle: ID 36242610