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  • · Fachbeitrag · Marktanalyse

    Neue Studie: Hier wartet viel Arbeit auf Sie

    | Die Studie 2014 zu den Europäischen Zahlungsgewohnheiten der EOS-Gruppe, einem der von Hamburg aus agierenden großen Finanzdienstleister mit einem Schwerpunkt im Forderungsmanagement, durchgeführt durch das Marktforschungsinstitut TNS Infratest, zeigt interessante Ergebnisse. Hierauf müssen sich Gläubiger und Rechtsdienstleister einstellen, wollen sie auf die Gründe für Zahlungsverzögerungen und zeitweisen Forderungsausfall sachgerecht reagieren. |

    1. Mit der Zahlungsverzögerung fängt es an ...

    Zahlungsverzögerungen sind besonders auffällig bei Geschäftskunden: Mehr als jede vierte Rechnung wird nicht fristgerecht beglichen. Zudem lassen sich europäische Geschäftskunden viel Zeit beim Bezahlen. Im Schnitt zahlen sie bei Zahlungsverzug erst gut einen Monat nachdem die ursprüngliche Zahlungsfrist abgelaufen ist.

     

    MERKE | Hierauf muss der Gläubiger reagieren, indem er frühzeitig dafür sorgt, dass die Verzugsvoraussetzungen gegeben sind, er also insbesondere die Zahlung anmahnt. Nach der Änderung von § 288 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist die Forderung inzwischen mit 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Der Liquiditätsvorteil für den Schuldner schwindet so und kann zu einer früheren Zahlung führen. Dies gilt umso mehr, als § 288 Abs. 5 BGB jetzt erlaubt, dem gewerblichen Schuldner eine Aufwandspauschale von 40 EUR in Rechnung zu stellen. Selbstverständlich kann der Rechtsdienstleister anbieten, diese Leistung des Gläubigers gegen Überlassung der Pauschale zu übernehmen.

     

    Bei einem durchschnittlich gewährten Zahlungsziel von 42 Tagen bedeutet das eine Wartezeit von rund zehn Wochen. Spanische B2B-Kunden lassen sich im Europavergleich am meisten Zeit und begleichen Rechnungen bei verspäteter Zahlung erst 53 Tage nach Verstreichen der Frist. Insgesamt zahlen nur 75 Prozent der Kunden pünktlich. Da beruhigt es wenig, dass Deutschland mit 83 Prozent und Frankreich mit 80 Prozent noch die beste Zahlungsmoral zeigen. Immerhin zahlen trotz vertraglicher Verpflichtung ein Fünftel bis ein Viertel aller Vertragspartner nicht pünktlich. Ein breites Feld für die Spezialisten der Forderungsbeitreibung.

     

    MERKE | Dies muss bei der Beratung von Gläubigern eingebracht werden. Bei einer Forderung von 2.000 EUR und einer möglichen Rückführung von Kreditmitteln, die mit 5 Prozent zu verzinsen ist, bedeutet dies einen Verlust von 11,67 EUR (42 Tage) bzw. 14,72 EUR (53 Tage). Bei vielen Kunden summiert sich dies schnell auf erhebliche Summen von ein paar tausend EUR. Das muss der Mandant auch bei seiner Preisgestaltung bedenken.

     

    2. ... und endet im Zahlungsausfall

    Die Studie zeigt sechs Hauptgründe auf, die in mehr als 20 Prozent der Fälle den Zahlungsausfall begründen.

     

    Checkliste / Die sechs Hauptgründe für Zahlungsausfall

    • 1. Momentaner Liquiditätsengpass (34 Prozent): Dieser Grund zeigt, dass im Forderungsmanagement Ausdauer gefordert ist. Kann der Schuldner nicht zeitnah zu einer Zahlung motiviert werden und bestätigen die weiteren Informationen Zahlungsschwierigkeiten, kann es sinnvoll sein über einen gewissen Zeitraum zuzuwarten und (fruchtlosen) Kapitaleinsatz in Maßnahmen zur Titulierung und Vollstreckung zu sparen, um nach einer gewissen Zeit in der Erholungsphase des Schuldners einen weiteren Beitreibungsversuch zu starten.
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    • 2. Arbeitslosigkeit (22 Prozent): Grundsätzlich hat der Schuldner keine Erwerbsobliegenheit. Dies ändert sich allerdings in der Insolvenz (FMP 13, 97). Hier verlangt § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass sich der Schuldner um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht, wobei der BGH zumindest 8 bis 15 Bewerbungen im Monat verlangt (19.5.11, IX ZB 224/09, Abruf-Nr. 122304). Trägt der Schuldner dem keine Rechnung, kann ihm nach § 296 InsO die Restschuldbefreiung versagt werden. Dem Schuldner bleiben also keine Hintertüren.
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    • 3. Vergesslichkeit (22 Prozent): „Wer nicht hören (lesen) will, muss büßen“, heißt ein altes Sprichwort. Für den Rechtsdienstleister liegt in diesem Zahlungsausfallsgrund der schnelle Aktenabschluss. Der Schuldner ist dann der sogenannte Schockzahler, der zugleich erbost auf die Inkasso- oder Anwaltsrechnung reagiert. Hier ist eine klare erklärende Haltung gefragt. Wer hier nachgiebig agiert, trägt dazu bei, dass in den Internetforen verbreitet wird, man solle die Hauptforderung nicht aber die Rechtsverfolgungskosten zahlen. Letztere würden dann nicht beigetrieben.
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    • 4. Vorsätzliche Nichtzahlung/Betrug (21 Prozent): Kann dieser Grund dokumentiert werden, etwa weil im zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung des Verpflichtungsgeschäftes eine Vermögensauskunft abgegeben und der Schuldner im Schuldnerverzeichnis eingetragen worden ist, kann bei entsprechender Anmeldung in einer Insolvenz nach § 302 InsO ebenfalls die Restschuldbefreiung vermieden werden und zugleich eine mögliche Vollstreckung nach § 850f ZPO privilegiert betrieben werden. Diese Optionen vor Augen und dem Schuldner kommuniziert lässt sich gegebenenfalls schon vorgerichtlich ein Beitreibungserfolg erzielen.
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    • 5. Überschuldung/Insolvenz (21 Prozent): Hat der Schuldner in der Situation der Überschuldung noch eine Verbindlichkeit begründet, gilt das zur vorsätzlichen Nichtzahlung Gesagte. Im Übrigen verlangt die Erkenntnis aus der Studie von immerhin einem Fünftel aller Fälle in denen ein solcher Ausfallgrund vorliegt, dass der Gläubiger konsequente und überschaubare Zahlungsfristen vereinbart, nach deren Verstreichen schnell mahnt und die Forderung nach fruchtlosem Fristablauf schnell einem Rechtsdienstleister zur Beitreibung übergibt. Jedes Zuwarten erhöht die Gefahr wegen der Insolvenz des Vertragspartners auszufallen. Gleichzeitig sollte der Rechtsdienstleister den Mandanten in Dauermandaten die Beratung über die Möglichkeiten der vorgeschäftlichen Bonitätskontrollen wie zur Vereinbarung insolvenzsicherer Sicherheiten bei bedeutenderen Geschäften anbieten.
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    • 6. Wirtschaftliche Situation (20 Prozent): Gerade gewerbliche Schuldner begründen eigene Zahlungsschwierigkeiten damit, dass ihre eigenen Kunden nicht oder jedenfalls nicht rechtzeitig zahlen. Dem kann abgeholfen werden. So kann sich der Gläubiger die Forderungen des Schuldners gegen Dritte abtreten und dann durch seinen Rechtsdienstleister beitreiben lassen. Der Rechtsdienstleister profitiert so doppelt.
     

    3. Fazit

    Die EOS-Studie zeigt deutlich auf, wie spannend es für die Forderungsbeitreibung ist, die Gründe für die Nichtzahlung im konkreten Fall des einzelnen Gläubigers zu analysieren und das entsprechende Instrumentarium für die Schuldneransprache aus dieser Erkenntnis heraus zu entwickeln.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 176 | ID 42925206