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  • · Fachbeitrag · Mietrecht

    Vermietung von Wohnungsteilen zur Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit

    • 1. Ein einheitliches Mietverhältnis über Wohnräume und Geschäftsräume ist zwingend entweder als Wohnraummietverhältnis oder als Mietverhältnis über andere Räume zu bewerten. Für die rechtliche Einordnung ist entscheidend, welche Nutzungsart nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt. Dabei ist maßgebend auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, wobei der Tatrichter beim Fehlen ausdrücklicher Abreden auf Indizien zurückgreifen kann.
    • 2. Der Umstand, dass die Vermietung nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch zur Ausübung einer gewerblichen/freiberuflichen Tätigkeit vorgenommen wird, durch die der Mieter seinen Lebensunterhalt bestreitet, lässt keine tragfähigen Rückschlüsse auf einen im Bereich der Geschäftsraummiete liegenden Vertragsschwerpunkt zu.
    • 3. Lässt sich bei der gebotenen Einzelfallprüfung ein Überwiegen der gewerblichen Nutzung nicht feststellen, ist im Hinblick auf das Schutzbedürfnis des Mieters von der Geltung der Vorschriften der Wohnraummiete auszugehen.

    (BGH 9.7.14, VIII ZR 376/13, Abruf-Nr. 142468)

     

    Sachverhalt

    Die Beklagten sind Mieter eines mehrstöckigen Hauses der Kläger mit einer Fläche von etwa 270 m2. Das Haus nutzen sie zu Wohnzwecken und ‒ soweit die Räume im Erdgeschoss betroffen sind ‒ zum Betrieb einer Hypnosepraxis. Der Mietvertrag wurde unter Verwendung eines auf ein Wohnraummietverhältnis zugeschnittenen Vertragsformulars mit der Überschrift „Vertrag für die Vermietung eines Hauses“ geschlossen. Dabei wurde bestimmt, dass das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit läuft und die „Nettokaltmiete“ 1.750 EUR beträgt. § 19 Ziffer 3 des Mietvertrags enthält die handschriftliche Vereinbarung, dass den Beklagten die Einrichtung einer Hypnosepraxis in den Räumen im Erdgeschoss gestattet ist. In der maschinenschriftlichen Anlage zum Mietvertrag heißt es außerdem: „Die Mieter nutzen die Räume im Erdgeschoss des Hauses für ihre freiberufliche Tätigkeit im Rahmen einer Hypnosepraxis.“

     

    2009 erklärten die Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses und führten zur Begründung an, das Haus künftig selbst nutzen zu wollen. 2012 erklärten sie erneut die Kündigung des Mietverhältnisses, ohne sich auf Eigenbedarf zu berufen. Die Beklagten sind beiden Kündigungen entgegengetreten, sodass die Kläger Räumungsklage beim LG erhoben und die Kündigung eines Gewerbewohnraummietverhältnisses geltend machten. Das LG hat das anders gesehen und sich für sachlich unzuständig erklärt. Auf die Berufung ist das OLG den Klägern gefolgt und hat der Klage stattgegeben.