Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Verlangen nach Herabsetzen der Miete

    Erforderlichkeit der Beauftragung eines Inkassodienstleisters und Gegenstandswert

    Bild: © Paweł Kacperek - stock.adobe.com

    von VRiOLG Frank-Michael Goebel

    | Mieter wehren sich zunehmend gegen immer höhere Mieten. Oft ist dies aus der bloßen Not geboren, dass das Einkommen nicht mehr genügt, um alle notwendigen Lebenshaltungskosten zu tragen. Der Streit fokussiert sich insbesondere dort, wo Mietenbegrenzungsverordnungen gelten. Das ruft Inkassodienstleister auf den Plan, die gerade bei strukturierten und wiederkehrenden Fallkonstellationen ihre Stärken sehen, auch im C2B Ansprüche der Mieter durchzusetzen. Sie scheuen sich nicht, Musterverfahren zur höchstrichterlichen Klärung von Streitfragen durchzuführen ‒ im Zweifel bis zum EuGH. Bei einer ausreichenden Zahl von Fällen ist das wirtschaftlich darstellbar. In der Regel nehmen die Inkassodienstleister dem Mieter das Kostenrisiko ab, indem sie sich den Anspruch auf Erstattung der Rechtsverfolgungskosten an Erfüllung statt abtreten lassen ‒ gegen eine gesonderte Vergütung für die Übernahme des Liquiditätsrisikos (§ 364 BGB). Das zeigen viele Entscheidungen des VIII. Zivilsenats des BGH, in denen dieses Modell gebilligt wurde. Insoweit wird mit Spannung abzuwarten bleiben, wie der Senat im Verfahren VIII ZR 138/23 auf die gegenteilige Ansicht des OLG Hamburg vom 15.6.23 (3 MK 1/21) in einem Musterfeststellungsverfahren der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) entscheidet. Hier ist die mündliche Verhandlung auf den 19.2.25 terminiert (FMP wird berichten). Der BGH hatte sich nun in einer aktuellen Entscheidung damit auseinanderzusetzen, wie die Nebenentscheidungen bezogen auf die Kostenerstattung und den Gegenstandswert in solchen Verfahren zu bestimmen sind. |

    Sachverhalt

    Die Klägerin, eine in das Rechtsdienstleistungsregister eingetragene GmbH, macht aus abgetretenem Recht Ansprüche der Mieter einer Wohnung der beklagten Vermieterin im Zusammenhang mit einem behaupteten Verstoß gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe nach §§ 556d ff. BGB ‒ in den Rechtsmittelverfahren allein noch den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten ‒ geltend.

     

    Zwischen der Beklagten und den drei Mietern besteht seit dem 1.9.20 ein Mietverhältnis über eine Wohnung, die gemäß der 2. Berliner Mietenbegrenzungsverordnung in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt. Die Parteien vereinbarten eine Staffelmiete, nach der sich die monatliche Nettokaltmiete von anfänglich 932 EUR zum 1.9. eines jeden Jahres, erstmals ab 2021, erhöhen sollte. Die erste Staffel sah vom 1.9.21 bis 30.8.22 eine Erhöhung auf 964,62 EUR vor. Die nach §§ 556d ff. BGB zulässige Höchstmiete betrug sowohl bei Mietbeginn als auch während des Zeitraums der ersten Mietstaffel monatlich 440,22 EUR. Die Mieter beauftragten die Klägerin im Januar 22, ihre Ansprüche aus der sog. Mietpreisbremse durchzusetzen. Hierzu traten sie diese Ansprüche gegen die Beklagte an die Klägerin ab.

     

    Mit Schreiben vom 1.2.22 rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Verstoß gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB) und verlangte unter Fristsetzung Auskunft unter anderem über die Höhe der durch den Vormieter gezahlten Miete, über vorangegangene Mieterhöhungen und über durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen. Zudem begehrte sie die Rückerstattung der über den zulässigen Höchstbetrag hinaus zu viel gezahlten Miete, die Herausgabe der anteiligen Mietkaution und die Abgabe der Erklärung, dass die künftig fällig werdende Miete auf monatlich 439,61 EUR ‒ den ihrer Ansicht nach zulässigen Höchstbetrag ‒ herabgesetzt werde. Eine nachfolgende weitere Mahnung blieb erfolglos.

     

    Das AG hat der Klage hinsichtlich der auf Auskunftserteilung und Rückzahlung gerichteten Klageanträge weitgehend stattgegeben. Hingegen hat es den in Höhe von 2.183,06 EUR nebst Zinsen geltend gemachten Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten lediglich in Höhe von 1.208,21 EUR nebst Zinsen zugesprochen. Hierbei hat es für den Gegenstandswert im Hinblick auf die Dauer der einzelnen Mietstaffel lediglich den zwölffachen Wert des mit 524,40 EUR errechneten monatlichen Überschreitungsbetrags sowie für die anteilige Mietkaution den dreifachen Wert des Überschreitungsbetrags herangezogen. Hiergegen wandte sich nun der anwaltlich vertretene Inkassodienstleister erfolglos mit seiner Berufung, sodass auf die zugelassene Revision nun der BGH zu entscheiden hatte.

    Entscheidungsgründe

    Nach dem BGH haben AG und LG rechtsfehlerhaft einen über 1.208,21 EUR hinausgehenden Anspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht auf Ersatz weiterer Rechtsverfolgungskosten gemäß § 280 Abs. 1, § 249 Abs. 1, § 398 BGB, § 13e Abs. 1 RDG in der seit dem 1.10.21 geltenden Fassung (BGBl. 2021 I S. 3415) nebst Zinsen (§ 291 BGB) verneint.

     

    • Leitsatz BGH v. 27.11.24, VIII ZR 278/23
    • 1. Der Gläubiger hat einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Form von Inkassokosten bis zur Höhe der einem Rechtsanwalt nach dem RVG zustehenden Vergütung.
    • 2. Der Anspruch kann von dem Inkassodienstleister im eigenen Namen geltend gemacht werden, wenn er von dem Gläubiger an ihn abgetreten wurde und wandelt sich dann von einem Freistellungs- in einen Zahlungsanspruch.
    • 3. Für das Verlangen auf Herabsetzung der Miete auf den höchstzulässigen Betrag ist der 42-fache Überschreitungsbetrag als Gegenstandswert anzusetzen
     

    Anspruch auf Rechtsverfolgungskosten

    Den Mietern steht gemäß § 280 Abs. 1 BGB dem Grunde nach ein Anspruch gegen die beklagte Vermieterin auf Freistellung von den ihnen entstandenen vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten (§ 249 Abs. 1, § 257 BGB) zu, den die Inkassodienstleisterin nach § 398 BGB aus abgetretenem Recht auch im eigenen Namen geltend machen kann und der sich aufgrund der Abtretung in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat (BGH 23.3.22, VIII ZR 133/20). Denn die Vermieterin hat ihre aus § 556d Abs. 1 BGB folgende Pflicht, von den Mietern nur die höchstzulässige Miete zu verlangen, pflichtwidrig und schuldhaft verletzt und die Inkassodienstleisterin dazu veranlasst, für die Mieter Ansprüche nach § 556g BGB geltend zu machen.

     

    Die Mieter können die ihnen von der Inkassodienstleisterin für die außergerichtliche Tätigkeit berechneten Kosten von den Vermietern bis zur Höhe der Vergütung als Schaden ersetzt verlangen, die einem Anwalt für diese Tätigkeit nach dem RVG zustehen würde. Das folgt aus dem seit dem 1.10.21 geltenden § 13e RDG. Dies war zuvor inhaltsgleich in § 4 Abs. 5 RDGEG a. F. geregelt.

     

    Beachten Sie | Hierbei ist im Verhältnis zur Vermieterin der Gegenstandswert zugrunde zu legen, der der berechtigten Schadenersatzforderung der Mieter entspricht (BGH 27.5.20, VIII ZR 45/19, Abruf-Nr. 216110).

     

    Indem das LG unter Einbeziehung des die anteilige Mietkaution betreffenden Rückzahlungsbegehrens nur den fünfzehnfachen monatlichen Überschreitungsbetrag als Gegenstandswert zugrunde gelegt hat, hat es das im Rügeschreiben der Inkassodienstleisterin vom 1.2.22 enthaltene Verlangen nach Rückzahlung überzahlter Miete wertmäßig nicht (gesondert) berücksichtigt und das dort gleichfalls geltend gemachte Begehren auf Herabsetzung der Miete auf den zulässigen Höchstbetrag gestützt auf die ‒ rechtsfehlerhafte ‒ Annahme, eine Beauftragung der Inkassodienstleisterin durch die Mieter sei insoweit allein im Hinblick auf die jeweilige (aktuelle) Mietstaffel erforderlich gewesen, lediglich mit dem Zeitraum dieser einzelnen Mietstaffel (12 Monate) bemessen. Dabei hat das LG aber bei der Bewertung des im Rügeschreiben geltend gemachten Anspruchs auf Rückzahlung der anteiligen Mietkaution rechtsfehlerhaft einen zu hohen Überschreitungsbetrag zugrunde gelegt.

     

    Gegenstandswert ist deutlich höher

    Für das Verlangen der Inkassodienstleisterin auf Herabsetzung der Miete auf den höchstzulässigen Betrag ist nach dem BGH der 42-fache Überschreitungsbetrag (monatlich 524,40 EUR) als Gegenstandswert anzusetzen, mithin ein Betrag von 22.024,80 EUR.

     

    Zwar muss ein Schädiger nicht schlechthin alle durch ein Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsverfolgungskosten des Geschädigten erstatten. Es entspricht jedoch ständiger Rechtsprechung des BGH, dass der Schädiger die Kosten der Rechtsverfolgung ersetzen muss, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren. Maßgeblich ist die Ex-ante-Sicht einer vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Person, wobei keine überzogenen Anforderungen zu stellen sind. Es kommt darauf an, wie sich die voraussichtliche Behandlung des Schadensfalls aus der Sicht des Geschädigten darstellt (BGH NJW-RR 24, 14; NZM 24, 755).

     

    Beauftragung ist erforderlich und zweckmäßig

    Ob die Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der ergriffenen Maßnahme gegeben sind, entzieht sich dabei einer generalisierenden Betrachtung; dies ist vielmehr vom Richter aufgrund einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Der deshalb nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung hält die Beurteilung des LG indes nicht stand. Denn sie übersieht, dass es sich bei der Aufforderung, die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miete auf das höchstzulässige Maß herabzusetzen, um eine im engen Zusammenhang mit der von der Inkassodienstleisterin zulässigerweise erhobenen Rüge und dem von ihr geltend gemachten Anspruch auf Rückerstattung zu viel gezahlter Miete stehende Maßnahme handelt, die letztlich dazu dient, für die Zukunft die Geltendmachung weitergehender Rückzahlungsansprüche der Mieter entbehrlich zu machen (BGH 27.11.19, VIII ZR 285/18; NJW-RR 22, 376; 15.5.24, VIII ZR 52/23).

     

    Ausgehend hiervon durften vorliegend die Mieter bei der gebotenen Betrachtung ex ante im Januar 2022 trotz der hier gegebenen Staffelmietvereinbarung die Beauftragung der Inkassodienstleisterin mit der Aufforderung der Vermieterin zur ‒ zeitlich unbefristeten ‒ Herabsetzung der Miete auf den höchstzulässigen Betrag als erforderlich erachten. Denn angesichts einer bereits zu diesem Zeitpunkt gegebenen Überschreitung der ortsüblichen Vergleichsmiete um mehr als das Doppelte und der im Mietvertrag vorgesehenen weiteren Erhöhung der von den Mietern zu zahlenden Miete bei Wirksamwerden der nächsten Mietstaffeln ‒ somit bereits ab September 22 ‒ war ein Verstoß gegen §§ 556d ff. BGB auch über die gegenwärtig geltende Mietstaffel hinaus absehbar. Insoweit kommt es für die Beurteilung der Erforderlichkeit nicht darauf an, dass die Inkassodienstleisterin ihr in dem vorgerichtlichen Rügeschreiben enthaltenes Herabsetzungsverlangen mit einem konkret bezifferten Betrag, der ihrer Ansicht nach der höchstzulässigen Miete entspricht, verbunden hat.

     

    Berechnung des Gegenstandswerts

    Der von der Inkassodienstleisterin mit dieser Aufforderung verfolgte Anspruch ist deshalb gemäß § 48 Abs. 1 GKG, § 9 ZPO mit dem 42-fachen des von ihr berechtigterweise verlangten Überschreitungsbetrags in Höhe von monatlich 524,40 EUR als dem höchsten für die Berechnung maßgeblichen Einzelwert innerhalb des gemäß § 9 Abs. 1 ZPO zu betrachtenden Zeitraums von dreieinhalb Jahren (BGH WuM 22, 600; 10.10.23, VIII ZR 45/22) zu bemessen (BGH 15.5.24, VIII ZR 52/23).

     

    Beachten Sie | Zudem sind bei der Bemessung des Gegenstandswerts der vorgerichtlichen Tätigkeit der Inkassodienstleisterin gemäß § 48 Abs. 1 GKG, § 3 ZPO die im Rügeschreiben gleichfalls geltend gemachten Ansprüche der Mieter, auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete zu berücksichtigen, die die Inkassodienstleisterin vorliegend mit dem zweifachen Überschreitungsbetrag (2 x 524,40 EUR = 1.048,80 EUR) angesetzt hat.

     

    Den von der Inkassodienstleisterin im Rügeschreiben ferner geltend gemachten Anspruch auf Teilrückzahlung der Mietkaution hat das AG bei der vom LG gebilligten Ermittlung des Gegenstandswerts zwar berücksichtigt. Es hat diesen aber (versehentlich) mit einem zu hohen Betrag bewertet, weil sich der angesetzte Überschreitungsbetrag von monatlich 524,40 EUR auf die Differenz zwischen der höchstzulässigen Miete von monatlich 440,22 EUR zu der aufgrund der ersten Mietstaffel ab September 21 geschuldeten Miete in Höhe von monatlich 964,62 EUR bezieht, nicht aber auf die Differenz zur Ausgangsmiete in Höhe von 932 EUR, die jedoch für die bei Beginn des Mietverhältnisses bereits vereinbarte und gezahlte Mietkaution maßgeblich ist (vgl. § 551 Abs. 1 BGB; BGH NJW 05, 2773 unter II 2 a; NZM 24, 755; Schmidt-Futterer/Flatow, Mietrecht, 16. Aufl., § 551 BGB Rn. 34). Demzufolge ist der Überschreitungsbetrag im Hinblick auf die Mietkaution nur mit monatlich 491,78 EUR (932 EUR [Ausgangsmiete] ‒ 440,22 EUR [höchstzulässige Miete]) statt mit 524,40 EUR zu bemessen. Der auf diesen Anspruch entfallende Gegenstandswert beläuft sich deshalb auf 1.475,34 EUR (3 x 491,78 EUR) und nicht auf 1.573,20 EUR.

     

    Demgemäß ist für die vorgerichtliche Tätigkeit der Klägerin ein Gegenstandswert in Höhe von insgesamt 24.548,94 EUR (42 x 524,40 EUR + 2 x 524,40 EUR + 3 x 491,78 EUR) anzusetzen und nicht lediglich ein Gegenstandswert in Höhe von 7.866 EUR.

     

    Noch zu klären: Der richtige Gebührensatz

    Ausgehend von diesem Gebührenstreitwert können die Mieter von der Vermieterin gemäß § 13e Abs. 1 RDG Ersatz der ihnen für die vorgerichtliche Tätigkeit der Klägerin berechneten Kosten bis zur Höhe der Vergütung verlangen, die einem Rechtsanwalt für die entsprechende Tätigkeit nach dem RVG zustehen würde. Indessen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob unter den im Streitfall gegebenen Umständen die insoweit in Betracht kommende anwaltliche Geschäftsgebühr gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 RVG i. V. m. Nr. 2300 VV RVG, wie von der Inkassodienstleisterin geltend gemacht, mit dem 1,3-fachen Satz ‒ wegen mehrerer (insgesamt drei) Auftraggeber allerdings nach Nr. 1008 VV RVG um 0,6 erhöht ‒ anzusetzen ist und sich damit die von der Vermieterin zu erstattenden Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung auf den seitens der Inkassodienstleisterin insgesamt verlangten Betrag in Höhe von 1.999,91 EUR brutto belaufen (1,9-fache Geschäftsgebühr in Höhe von 1.660,60 EUR + Auslagenpauschale in Höhe von 20 EUR + Umsatzsteuer von 319,31 EUR).

     

    Laut BGH ist zu prüfen, ob hier nicht Nr. 2300 Abs. 2 VVG anzuwenden ist und daher als Mittelgebühr nicht von einer 1,3, sondern von einer 0,9-Geschäftsgebühr auszugehen ist. Es kommt für die Höhe der Geschäftsgebühr entscheidend darauf an, ob die Inkassodienstleistung als Gegenstand der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit eine unbestrittene oder eine bestrittene Forderung betrifft. Bei der Geltendmachung einer unbestrittenen Forderung ist der Rechtsanwalt im Regelfall auf den 0,9-fachen Gebührensatz beschränkt (BT-Drucksache 19/20348, S. 62 f.; 19/24735, S. 14) und kann eine höhere Geschäftsgebühr ‒ bis maximal zum 1,3-fachen Satz ‒ nur verlangen, wenn die Inkassodienstleistung besonders umfangreich oder besonders schwierig war; in einfachen Fällen steht ihm nur der 0,5-fache Satz zu (vgl. Absatz 2 der Anmerkung zur Nr. 2300 VV RVG). Im Fall der außergerichtlichen Geltendmachung einer vom Schuldner bereits bestrittenen Forderung gilt hingegen ohne Einschränkung der bisherige Gebührensatzrahmen der Nr. 2300 VV RVG von 0,5 bis 2,5 und die allgemeine Schwellengebühr von 1,3 (BT-Drucksache 19/20348, S. 23, 62).

    Relevanz für die Praxis

    Aus Gründen der prozessualen Fairness und zur Gewährung rechtlichen Gehörs hat es der BGH für angezeigt gehalten, den Parteien Gelegenheit zu geben, zur Anwendung von Nr. 2300 Abs. 1 oder Abs. 2 VV RVG in der Tatsacheninstanz ergänzend vorzutragen. Hier stellt sich die Frage deshalb, weil im Tatbestand der Vorinstanzen nicht festgehalten wurde, ob die Vermieterin überhaupt nicht reagiert hat (mithin zunächst unbestritten) oder ob sie dem Anspruch entgegengetreten ist (dann bestritten). Allein das Schweigen auf eine Inkassomahnung begründet noch kein Bestreiten. Erst im Prozess bewirkt § 138 ZPO, dass ein Schweigen zum Geständnis wird, d. h., dem Schweigen ein Erklärungswert zukommt. Wichtig ist damit: Der BGH bestätigt den Grundsatz, dass die Frage, ob eine Forderung bestritten oder unbestritten ist, sich allein nach dem Verhalten innerhalb der Angelegenheit (hier vorgerichtlich) bestimmt und aus einem späteren Verhalten kein kostenrechtlich relevanter Rückschluss gezogen werden darf.

     

    Unerheblich bleibt, dass die Vermieterin den Hauptanspruch im Hauptsacheverfahren bestritten hat, da die Inkassodienstleisterin sich hier nicht selbst vertreten durfte (§ 79 Abs. 1 S. 2 ZPO) und daher ein notwendiger Bearbeiterwechsel stattgefunden hat. Bei ihr sind insoweit schon keine weiteren Gebühren und Auslagen entstanden. Wurde die Forderung erstmals im Erkenntnisverfahren bestritten, führt dies allein dazu, dass nach § 13f S. 3 RDG die außergerichtliche Geschäftsgebühr der Inkassodienstleisterin nicht auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG des Rechtsanwalts anzurechnen ist.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2025 | Seite 28 | ID 50281509