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  • · Fachbeitrag · Mahnverfahren

    Mahnantrag der vermeintlichen Auslandsgesellschaft

    • 1.Die Vorverlagerung der Wirkungen der Zustellung auf den Zeitpunkt des Mahnantrags kann bei Einreichung eines Mahnantrags gegenüber einem unzuständigen Gericht nur eintreten, wenn die Abgabe an das zuständige Gericht alsbald erfolgt und das in der Einreichung des Antrags bei dem unzuständigen Gericht liegende Verschulden des Antragstellers als geringfügig anzusehen ist.
    • 2.Daran fehlt es, wenn ein Mahnantrag für eine Limited gestellt wird, die zwar in England ihren satzungsmäßigen Sitz hat, während die Geschäftstätigkeit von einem inländischen Ort aus wahrgenommen ist und die Gesellschaft deshalb als Schein-Auslandsgesellschaft zu qualifizieren ist.
    • 3.Die Gesellschaft kann sich in einem solchen Fall nicht dadurch entlasten, dass das EDV-Programm, das ihre Prozessbevollmächtigte nutzt, die Zuständigkeit eines anderen AG ausweist. Die Prozessbevollmächtigte der Gesellschaft wäre hier zu einer eigenständigen Prüfung verpflichtet gewesen.

    (LG Dessau-Roßlau 8.4.11, 2 O 760/09, Abruf-Nr. 113619)

    Praxishinweis

    Die immer größer werdende Mobilität in Deutschland bringt es mit sich, dass auch in mittleren und kleinen Kanzleien europäische oder sonst ausländische Gesellschaften Mandanten sind. Folge: Die damit aufgeworfenen Rechtsfragen müssen sorgfältig geprüft werden. Hat eine Gesellschaft im Inland keinen Sitz, findet das Mahnverfahren beim zentralen Mahngericht in Berlin-Wedding statt, § 689 Abs. 2 S. 2 ZPO. Der Sitz einer Gesellschaft befindet sich nach § 17 Abs. 1 ZPO dort, wo sich die Verwaltung befindet. Wird die ausländische Gesellschaft also vom Inland aus verwaltet, hat sie im Inland einen Sitz, sodass das zentrale Mahngericht für diesen Ort zuständig ist. Dies bedeutet, dass eine Auslandsgesellschaft prozessual sehr wohl wie eine Inlandsgesellschaft zu behandeln sein kann. Ob die Auslandsgesellschaft auch im Ausland einen Gerichtsstand hat, bleibt für den Aktivprozess unerheblich (BGH NJW-RR 08, 551).

     

    Eine Verwechslung der zuständigen Gerichte kann - wie hier - die Frage nach der Verjährung der Forderung aufwerfen. Sind keine spezielleren Vorschriften einschlägig, verjährt eine Forderung binnen drei Jahren, § 195 BGB. Die Verjährung beginnt unter den Voraussetzungen des § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den maßgeblichen Tatsachen zur Anspruchstellung Kenntnis erlangt hat. Die Zustellung des Mahnantrags ist nach § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB geeignet, die Verjährung zu hemmen, wobei nach § 167 BGB auch der rechtzeitige Antragseingang ausreicht, wenn die Zustellung nach dem Verjährungseintritt, gleichwohl aber noch „demnächst“, d.h. ohne ein dem Antragsteller vorwerfbares Zögern erfolgt.

     

    Ein Mahnbescheidsantrag, der an das zuständige Gericht gerichtet war, aber bei einem unzuständigen Gericht eingeht, das ihn weiterleitet, ist zur Verjährungsunterbrechung geeignet (BGH NJW 90, 1368). Hier lag der Fall aber anders, weil der Mahnantrag schon beim falschen Gericht eingegangen ist.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2011 | Seite 192 | ID 30103170