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  • · Fachbeitrag · Restschuldbefreiung

    So können Sie den Schuldner ködern

    Schließt der Schuldner mit allen Insolvenzgläubigern, die Forderungen zur Tabelle angemeldet haben, in der Wohlverhaltensperiode einen Vergleich und sind die Ansprüche dieser Gläubiger danach durch Teilzahlung und Teilerlass erloschen, ist auf seinen Antrag die Wohlverhaltensphase vorzeitig zu beenden und die Restschuldbefreiung auszusprechen, sofern er belegt, dass die Verfahrenskosten und die sonstigen Masseverbindlichkeiten getilgt sind (BGH 29.9.11, IX ZB 219/10, Abruf-Nr. 113613).

    Entscheidungsgründe/Praxishinweis

    Einem Schuldner kann die Restschuldbefreiung bereits im Schlusstermin erteilt werden, wenn kein Insolvenzgläubiger Forderungen zur Tabelle angemeldet hat. Er muss aber belegen, dass die Verfahrenskosten und sonstigen Masseverbindlichkeiten getilgt sind. Weist der Schuldner dies später nach, ist ihm entsprechend § 299 InsO auf seinen Antrag die Restschuldbefreiung schon vor Ablauf der Wohlverhaltensperiode zu erteilen (BGH NJW-RR 05, 1363).

     

    Die Fälle vorzeitiger Restschuldbefreiung erweitert der BGH nun: Begleicht der Schuldner einen Teil der Forderungen, während die Gläubiger auf den darcüber hinausgehenden Teil ihrer Ansprüche verzichten, sind mit dem Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) und der Teilzahlung (§ 362 Abs. 1 BGB) die Forderungen der Gläubiger insgesamt erloschen; Ansprüche der Gläubiger gibt es mithin nicht mehr. Deswegen kann nach dem BGH nicht anders entschieden werden, als wenn der Schuldner die Gläubiger vollständig befriedigt hätte. Es fehle nach dem Erlöschen der Forderungen an Gläubigern, an die die Treuhänderin während der Wohlverhaltensperiode die von ihr vereinnahmten Bezüge abführen könnte. Eine Versagung der Restschuldbefreiung nach §§ 296 f. InsO komme mangels antragsbefugter Gläubiger nicht mehr in Betracht. Die Durchführung der Wohlverhaltensperiode wäre daher sinnlos.

     

    Für Gläubiger, die ihre Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet haben, ergibt sich aus dieser Option eine neue Chance, eine teilweise Befriedigung ihrer Forderung zu erlangen. Denn viele Gläubiger melden ihre Forderungen schon gar nicht mehr zum Insolvenzverfahren an. Die Zahl der tatsächlich am Insolvenzverfahren beteiligten Gläubiger ist also häufig kleiner als die der tatsächlichen Gläubiger. Durch Einsicht in die Insolvenzakte nach § 4 InsO, § 299 ZPO, kann der Gläubiger in Erfahrung bringen, welche weiteren Gläubiger am Verfahren beteiligt sind und wie hoch ihre Forderungen sind. Bei einer überschaubaren Anzahl kann er versuchen, sich so mit dem Schuldner zu einigen, dass alle Gläubiger quotal befriedigt werden und auf den weiteren Teil der Forderungen verzichten. Als rechnerische Verteilungsmasse stehen dabei auch die Beträge zur Verfügung, die der Schuldner durch die verkürzte Wohlverhaltensphase spart, da er geringere Beträge an den Treuhänder zahlen muss.

     

    Für den Schuldner wird dieser Weg zur Erlangung der Restschuldbefreiung umso attraktiver sein, umso früher er eingeschlagen wird. Der Gläubiger, der seine Forderung im Insolvenzverfahren anmeldet, sollte jede Möglichkeit nutzen, auch tatsächlich noch eine Befriedigung zu erlangen.

    Quelle: Ausgabe 11 / 2011 | Seite 197 | ID 30103440